Das Ende der Landwirtschaft am See?
Die Trockenheit im Seewinkel hat nicht nur negative Folgen für den Tourismus rund um den Neusiedler See. Auch die Landwirtschaft ist massiv von den ausbleibenden Niederschlägen als Folge des Klimawandels betroffen.
Dabei kämpfen die Landwirte gleich an zwei Fronten: Einerseits mit dem sinkenden Grundwasserspiegel in der Region und andererseits damit, dass ihnen oft die Schuld am sinkenden Pegelstand des Sees gegeben wird, weil sie ihre Felder bewässern.
Dabei haben der Wasserhaushalt des Steppensees und der Grundwasserspiegel im Seewinkel so gut wie nichts miteinander zu tun.
„Auch wenn nichts beregnet wird, hilft das dem Neusiedler See keinen Millimeter“, sagt Werner Falb-Meixner, Vizepräsident der burgenländischen Landwirtschaftskammer. Schließlich sei der See auch schon früher ausgetrocknet, als noch nicht bewässert wurde. Und überhaupt entspreche die gesamte Beregnungsmenge eines Sommers etwa einem Niederschlag von 20 Millimeter. Zum Vergleich: In Rust gingen am Dienstag knapp fünf Millimeter nieder, in Mattersburg 50 in nur 30 Minuten.
Angesichts der zunehmenden Wetterkapriolen wird in der Landwirtschaft im Seewinkel mittel- und langfristig ohnehin kaum ein Stein auf dem anderen bleiben, mutmaßt die Wissenschaft. Denn ausgerechnet im Seewinkel zeigten sich die Auswirkungen der globalen Erwärmung besonders stark, sagte die Forscherin Susanne Hanger-Kopp am Rande der Jahrestagung der „European Geosciences Union“ in Wien: „Dass die Salzlacken austrocknen, ist auch früher schon periodisch passiert, doch laut unseren Modellrechnungen sinkt durch den Klimawandel sukzessive die Wahrscheinlichkeit der Wiederbefüllung.“
Handlungspotenzial
Veränderungen seien unausweichlich: „Landwirtschaft wird im Seewinkel in Zukunft nicht mehr so funktionieren wie sie es heute dort tut“, meint die Forscherin. Auf den ersten Blick würden die notwendigen Verbesserungen trivial erscheinen: Effizienter bewässern, Kulturen anbauen, die weniger Wasser benötigen, die Bodenbearbeitung verändern, um die Austrocknung zu reduzieren. Teilweise werde das schon gemacht, oft gebe es aber auch keine Möglichkeit für größere Umstellungen, ist sich Hanger-Kopp bewusst. „Die Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand.“
Das sieht Falb-Meixner ähnlich und argumentiert damit, dass der einzelne Landwirt durch den Umstieg auf weniger wasserintensive Kulturen mehr Fläche benötige, um ein entsprechendes Einkommen zu erzielen.
Seitens der Wissenschaft wird bereits an Alternativen gearbeitet. „Wir bauen in unserem Forschungsprojekt Szenarien zusammen, wer im Idealfall wie handeln muss, damit die nötigen Anpassungen möglichst gut gelingen“, sagt Hanger-Kopp. Für die Region werde das „schwierig“.
Woher das Wasser kommt
Die Schlussfolgerung ist naheliegend: Durch die Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen sinkt der Wasserstand des Neusiedler Sees. Das ist aber falsch, denn Grund- und Seewasser sind zwei unterschiedliche Systeme, die kaum miteinander verbunden sind. Die Lehmschicht des Steppensees verhindert nämlich den Austausch von See- und Grundwasser.
Anders verhält es sich hingegen mit dem Zicksee und den Salzlacken, die sehr wohl auf ein entsprechendes Niveau des Grundwasserspiegels angewiesen sind. Dieses befindet sich allerdings ebenso wie der Pegelstand des Sees auf einem Rekordtief.
Wenn ein gewisser Grundwasserspiegel in den einzelnen Regionen unterschritten wird, droht der Landwirtschaft ein Bewässerungsverbot. In den vergangenen Jahren wurden diese Grenzwerte immer knapp verfehlt, heuer könnten sie aber erreicht werden. Tatsächlich häufen sich die Berichte von Landwirten, dass die Pumpleitungen nicht mehr bis zum Grundwasser reichen.
Die geplante Wasserzuleitung aus einem ungarischen Arm der Donau soll Abhilfe schaffen. Derzeit stockt das Projekt aber, weil die Finanzierung auf ungarischer Seite wackelt. Und selbst wenn es plangemäß umgesetzt wird, ist das noch keine Garantie für eine langfristige Lösung. Dazu braucht es mehr Niederschlag.
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