Commerzialbank: Kleine Sparer hoffen, große Anleger zittern
Unter den Kunden der Commerzialbank Mattersburg, die sich am Dienstagvormittag in der Filiale im benachbarten Zemendorf bei Experten der Einlagensicherung (ESA) erkundigen, wie sie zu ihrem Geld kommen können, sind auch eine Ungarin und deren Mutter. Es klingt sarkastisch, scheint aber ganz ernst gemeint: Sie habe, sagt die junge Frau, ihr Geld bei der Commerzialbank deponiert, weil sie „großes Vertrauen ins österreichische Bankensystem“ hatte – dann muss sie doch ein bisschen lachen, wenn auch gequält.
Seit Dienstagfrüh hat die ESA – eine von den heimischen Banken dotierte Einrichtung – in Zemendorf eine Servicestelle geöffnet. Kunden der nach mutmaßlichen Bilanzfälschungen durch Bank-Gründer Martin Pucher geschlossenen Regionalbank können zwar über die ESA-Seite im Internet ihre Ansprüche geltend machen, aber manche wollen sich dabei helfen lassen oder sich einfach nur erkundigen, wie es weitergeht.
„Wir sind zumindest diese und kommende Woche hier“, sagt ein ESA-Mitarbeiter zum KURIER. Wenn die Bank-Kunden alle Unterlagen dabei haben, sei das Ausfüllen des Antrags „in fünf bis zehn Minuten erledigt“. Unverzichtbar ist eine Kontonummer bei einer anderen Bank, denn Bargeld gibt‘s hier keines.
Deshalb müssten die beiden jungen Polizisten also nicht vor der Bank stehen, ja nicht einmal aufgebrachte Kunden sind zu beruhigen.
490 Millionen Euro werden ausgezahlt
Durch die Einlagensicherung sind Guthaben auf Konten und Sparbüchern bis zu 100.000 Euro pro Kunde und pro Kreditinstitut abgesichert. In Summe rechnet die ESA mit Auszahlungen von rund 490 Millionen Euro. Dem ORF sagte ESA-Chef Stefan Tacke, dass vermutlich die Einlagen von 95 Prozent aller Commerzialbank-Kunden „in voller Höhe gesichert“ seien. Vielleicht erklärt das die ruhige Stimmung vor und in der Filiale.
Auch Bankkunde Walter R. ist nicht wirklich zornig, obwohl er Geld verlieren dürfte. „Dass in Österreich so etwas passieren kann“, sagt der Mann, der „seit Beginn der Bank“, also seit 25 Jahren, Kunde ist. Pucher selbst habe ihn angesprochen, erinnert sich der Nordburgenländer.
Pucher, gegen den die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ebenso ermittelt wie gegen seine Co-Vorständin, hatte aber noch ganz andere Kunden an Land gezogen. Am Dienstag teilte der zur Stadt Wien gehörende Wohnbaukonzern Gesiba mit, dass er durch den Bilanzskandal bei der Commerzialbank möglicherweise 17,5 Millionen Euro verliert. Seit der Vorwoche ist bekannt, dass die Wohnungsgesellschaft Heimstätte aus dem Umfeld der Vienna Insurance Group (VIG) um 30 Millionen bangt.
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Die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft, Burgenlands größter gemeinnütziger Wohnbauträger, gab hingegen auf KURIER-Anfrage entgegen anderslautender Medienberichte bekannt, kein Geld bei der Commerzialbank veranlagt zu haben. "Wir haben unsere Termineinlagen bei der Bank schon vor einigen Jahren aufgelöst und hatten oder haben seit dieser Zeit keine Geschäftsbeziehungen mehr", sagt OSG-Obmann Alfred Kollar.
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