Burgenlands Mühlen haben noch lange nicht ausgemahlen

Burgenlands Mühlen haben noch lange nicht ausgemahlen
Auch heute gibt es noch Müller mit Leib und Seele, wenn auch nur wenige. Entstanden sind die Getreidemühlen im Seewinkel aus der Not heraus: Der Neusiedler See hatte kein Wasser.

Es war das Jahr 1864, als der Neusiedler See praktisch ausgetrocknet war. Die Wassermühlen an der ebenfalls Niedrigwasser führenden Donau, zuständig für Getreideverarbeitung, konnten wegen des Niedrigwasserstandes nicht in Betrieb genommen werden. Damals wurde in Andau im Bezirk Neusiedl die Seewinkel Mühle errichtet.

„Zu dieser Zeit sind allein im Seewinkel acht Windmühlen entstanden, die zur Vermahlung des Getreides eingesetzt wurden“, schildert Gerald Passenbrunner. Neben Parallelen zur Vergangenheit gibt es auch große Unterschiede: „Damals gab es noch keine intensive Landwirtschaft.“

Sein Urgroßvater hatte bei der Seewinkel Mühle als Angestellter gearbeitet und den Betrieb später übernommen. Seit 2000 führt der heute 53-Jährige die einzige Getreidemühle des Nordburgenlandes in vierter Generation.

Müller mit Leib und Seele

Passenbrunner ist nicht nur mit Leib und Seele Müller, er fungiert auch als Innungsmeister seiner Branche. Auch wenn es viel zu tun gibt, so laufe der Mühlenbetrieb derzeit trotz vieler Herausforderungen rund.

Burgenlands Mühlen haben noch lange nicht ausgemahlen

Zwar schlagen sich die gestiegenen Energiekosten auch auf das Unternehmen nieder. Denn für die Vermahlung laufen große Motoren, die sehr energieintensiv seien. Von den Teuerungen der Rohstoffe und den Auswirkungen der Ukraine-Krise spüre man vorerst im Betrieb aber noch nicht so viel.

Das benötigte Getreide kauft Passenbrunner nach der Ernte und lagert es für ein Jahr ein. Für die bevorstehende Ernte rechnet er allerdings mit steigenden Kosten. „In ein oder eineinhalb Monaten werden wird dann schon mit den hohen Getreidepreisen konfrontiert.“

Österreich
Die Datenbank  der Mühlenfreunde Österreich listet unter muehlenfreunde.at 2.186 Einträge zu Mühlen bundesweit

Zehn Mühlen
für Getreide und Ölsaaten gibt es im Burgenland noch; 
in den 1960er-Jahren waren es noch rund 200

Standorte
Mühlen gibt es in Lockenhaus, Litzelsdorf, Minihof Liebau,  Heiligenkreuz,  Kobersdorf,   Deutschkreutz,  Rechnitz, Windisch Minihof und  Schattendorf

Etwa 100 Landwirte aus der Region beliefern die Seewinkel Mühle mit Weizen, Roggen, Mais und Dinkel. Im Gegenzug liefert Familie Passenbrunner Produkte wie Mehle, Schrote, Körner, Futtermittel, Pflanzendünger und Gartenbedarf an Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte, Bauern und Privatleute. Je nach Nachfrage werden täglich bis zu 50 Tonnen Getreide zu Qualitätsmehl verarbeitet. Für die betriebliche Nachfolge sehe es derzeit gut aus, sagt der dreifache Familienvater: Der älteste Sohn wolle einmal die Mühle übernehmen.

Burgenlands Mühlen haben noch lange nicht ausgemahlen

Die Geschichte der Schedl Mühle in Lockenhaus geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. 1960 hat Julius Schedls Vater die Mühle von Esterházy erworben. Etwa 200 Getreidemühlen gab es damals im Land. „Heute gibt es noch drei Getreidemühlen“, sagt Schedl. Dazu zählt auch die Sagmeister Mühle in Litzelsdorf.

Auch Schedl bezieht den Weizen von Bauern aus der Umgebung. Die Preise der nächsten Ernte werden steigen, befürchtet er. Schon jetzt habe er mit höheren Energiekosten zu kämpfen. 20 Tonnen Getreide mahlt Schedl pro Monat.

Burgenlands Mühlen haben noch lange nicht ausgemahlen

Als der heute 65-Jährige 1983 den Betrieb übernahm, war alles vorhersehbar. „Da hast du am 1. Jänner gewusst, was du am 31. Dezember verdient haben wirst.“ Heute sei Flexibilität gefragt. Auf Sonderwunsch werden auch spezielle Getreidesorten gemahlen.

In der Pandemie, als die Leute gerne selbst Brötchen gebacken haben, hat Schedl eine eigene Backmischung kreiert. Bis Weihnachten sei das Geschäft gut gelaufen, jetzt sei es ruhiger. Doch ein Müller wirft die Flinte nicht ins Korn. Eine von Schedls vier Töchtern, Marie Schedl, wird nach dem BWL-Studium den Betrieb weiterführen. Im Gepäck hat sie innovative Ideen, verraten will sie diese aber noch nicht.

Tag der offenen Mühlentür

Schedl lädt  rund um Pfingsten zum „Tag der offenen Mühlentür“. In seinem Betrieb in Lockenhaus (Hauptstraße 6) sind die Türen am  Freitag (8 bis 17 Uhr) und Samstag (9 bis 12 Uhr) geöffnet.

In Rechnitz öffnet die Taschek-Mühle, die ihren Ursprung im 14. Jahrhundert hat, am Pfingstsonntag (13 bis 19 Uhr) und am Pfingstmonntag (10 bis 19 Uhr) ihre Pforten.

Alle Infos auf muehlenreise.at

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