Bodenversiegelung: "Flächenfresser" als wachsendes Problem
Der starke Anstieg verbauter Flächen – das Thema ist nicht erst seit dem jüngsten Klimabericht vom Sommer ein heißes Eisen. 1,6 Hektar: So viel Fläche wurden im Burgenland 2020 laut Umweltbundesamt pro Tag zusätzlich „in Anspruch genommen“, österreichweit sind es 10,7 Hektar. Parallel dazu standen rund 40.000 Hektar an Immobilienfläche bundesweit leer. Die Umwidmung von Grünland in Gewerbegebiete sorgt deshalb landesweit immer wieder für Zündstoff.
Den Argumenten der ökologisch negativen Auswirkungen wird der Aspekt ökonomischer Vorteile für die Regionen entgegengehalten.
Ein aktuelles Beispiel für die Diskussion ist der interkommunale Businesspark, der im Bezirk Oberpullendorf entstehen soll. 27 der 28 Kommunen des Bezirkes sind bei dem Projekt mit der Landestochter WiBuG im Boot.
Etliche Vorteile versprechen sich die Teilhaber von dem neuen rund 10 Hektar großen Gewerbepark, der an der S31 zwischen Oberpullendorf und Steinberg-Dörfl entstehen soll. Hunderte Arbeitsplätze und „Frequenzbringer“, wie Filialen einer Fast Food-, einer Lebensmittel- und einer Möbelkette werden in Aussicht gestellt. Die wirtschaftlich eher schwache Region, so die Intention, solle damit einen deutlichen Aufschwung erfahren.
Kritik von mehreren Seiten
Kritik kommt aus mehreren Ecken. In einem anonymen Schreiben an den KURIER äußert der „besorgte“ Verfasser etwa Bedenken, dass trotz des Businessparks, in den Ortschaften weitere Firmenansiedlungen geplant seien. Und das obwohl es alleine in der Stadt Oberpullendorf „bereits acht Supermärkte“ gebe.
Auch in Deutschkreutz und Horitschon sollen neue Märkte gebaut werden. Bürgermeister Georg Dillhof (ÖVP) bestätigt, davon gehört zu haben, offiziell sei man an ihn nicht herangetreten. Ob er für Horitschon einen zweiten Supermarkt für notwendig erachtet? „Was notwendig ist, entscheide nicht ich.“
Immer wieder – so auch derzeit bei der Inform – macht der Grüne Landtagsabgeordneten Wolfgang Spitzmüller auf steigenden Flächenverbrauch aufmerksam.
"Brauchen vernünftige Konzepte"
Im Mittelburgenland, gibt er zu bedenken, befinde sich fünf Kilometer vom neuen Businesspark entfernt der Gewerbepark Stoob-Süd und zehn Kilometer weiter das Gewerbegebiet Neutal. „Statt rasch vernünftige Konzepte zur Reduktion der Bodenversiegelung zu erarbeiten und umzusetzen, setzt die Landesregierung weiter auf das großflächige Zuasphaltieren.“
Bei der Bürgerinitiative BLOP! sieht man zum „ökologischen Risiko der Flächenversiegelung“ auch das „ökonomisches Risiko für den Stadtkern“ von Oberpullendorf. Das habe bereits das FMZ Stoob-Süd gezeigt. Biete man Flächen am Stadtrand an, so würden diese genutzt, Betriebe zögen aus der Stadt.
Auf Anfrage bei Rewe und McDonald’s, ob im Burgenland und speziell im Bezirk Oberpullendorf weitere Filialen geplant seien, hieß es von beiden sinngemäß, dass noch nichts Konkretes feststünde.
"Handelseins"
Laut Harald Zagiczek, Geschäftsführer der WiBuG, sei man mit den versprochenen „Frequenzbringern für den Businesspark handelseins“. „Uns sind die Bedenken der Kritiker bewusst. Aber Stillstand können wir uns nicht erlauben.“ Zudem, so Zagiczek, sollen nicht benötigte Baulandflächen in Mitgliedsgemeinden rückgewidmet werden, um Ackerland zu bewahren. Außerdem wolle man bei dem Gewerbegebiet Parkflächen begrünen und Solarenergie erzeugen.
Deutschkreutz ist die einzige Gemeinde im Bezirk, die sich nicht am Businesspark beteiligt. Man sei aber ständig im Gespräch mit Firmen, die sich ansiedeln wollen, so Bürgermeister Manfred Kölly (LBL). 50.000 Fläche im ortseigenen Gewerbepark stünden noch frei, sagt Kölly und übt Kritik am Land: „Deutschkreutz wäre mit dem Bahnhof ohnehin der ökologisch sinnvollere Standort als Steinberg-Dörfl mit der S31.“
Shopping-Tempel wachsen weiter
In Parndorf und Oberwart werden die größten Einkaufszentren des Landes ausgebaut. "Es ist ein Ende in Sicht. Alles andere wäre meiner Meinung nach verrückt“, antwortet Parndorfs Bürgermeister Wolfgang Kovacs (LIPA) auf die Frage des KURIER nach den nächsten Projekten am örtlichen Betriebsgebiet.
Zwei Outlet-, zwei Fachmarkt-, ein Gastro- und ein Entertainment-Center, und obendrein noch zwei Hotels gibt es mittlerweile in der nordburgenländischen-Gemeinde mit 5.000 Einwohnern, die vom wirtschaftlichen Boom langsam genug hat: Neue Gewerbeflächen werden vom Gemeinderat längst nicht mehr gewidmet. Die noch unbebauten Grundstücke am Betriebsgebiet sind aber allesamt verkauft, wodurch Parndorf noch einige Großprojekte ins Haus stehen. So ist laut dem Bürgermeister auf der Fläche zwischen A4 und Erwin-Schrödinger Straße ein Bürokomplex sowie ein „sehr großer“ Interspar geplant. Konkrete Ausbaupläne gibt es zudem im „Frunpark“ an der B50, der um einen Lebensmittel-Großhandel und eine „Burger King“-Filiale erweitert werden soll.
Mit einiger Verspätung wird nun wohl auch das „Outdoor Center“ gebaut. Das Einkaufszentrum richtet sich an die Zielgruppe Sportler, Jäger und Fischer. Geplant sind Verkaufsflächen auf 14.000 Quadratmetern, Schießkanäle im Keller, Kletterwände und eine Fahrrad-Teststrecke. Auf der Homepage oc-parndorf.at wird eine Eröffnung im Jahr 2023 in Aussicht gestellt.
EO-Park in Oberwart
Schon im Frühjahr 2022 soll der EO-Park in Oberwart eröffnet werden. Gegenüber dem Einkaufszentrum Oberwart (EO) sollen 14.000 Quadratmeter Handelsfläche entstehen. Die Rutter Immobilien Gruppe investiert 45 Millionen Euro in das Projekt neben dem erfolgreichen Einkaufszentrum (siehe großes Bild ganz oben, Anm). Auf 5.000 Quadratmeter wird ein neuer Interspar-Markt gebaut. Auch eine neue Intersport-Filiale wird entstehen. 150 neue Jobs soll der EO-Park bringen.
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