Jennersdorfs Stadthistoriker ist der Geschichte auf der Spur

Jennersdorfs Stadthistoriker ist der Geschichte auf der Spur
Der Jennersdorfer Stadthistoriker Franz Tamweber recherchiert seit fast 20 Jahren über seine Heimat.

Begonnen hat alles im Jahr 2003 – wobei, das ist eigentlich nur die halbe Wahrheit. So richtig ging es bereits 1187 los, als Franz Tamwebers Heimatstadt Jennersdorf zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde.

„Geschichte hat mich immer schon interessiert“, erklärt der Jennersdorfer. Das spiegelte sich dann auch in seiner Berufswahl wieder, denn Tamweber wurde Hauptschullehrer für die Fächer Englisch, Physik, Chemie, Religion und natürlich Geschichte.

So richtig entfacht wurde sein Feuer aber bei einem „Pinkerlfest“, wie Tamweber selbst erzählt. Um eine „b’soffene G’schicht“, bei der Wortwahl musste der Politikinteressierte Jennersdorfer selbst kurz lachen, sei die Idee gekommen.

Eigene Geschichte interessierte

Anfangen hat es mit den Nachforschungen bezüglich der eigenen Eltern, von denen erst selbst viel zu wenig wusste. Immer weiter spannte sich dann der Interessensbogen, hin zur eigenen Region im Südburgenland. Auch in seinem Beruf als Lehrer im steirischen Fehring versuchte Tamweber sein Interesse an seine Schülerinnen und Schüler zu vermitteln: „Ich habe immer probiert, die Geschichte der Region im Unterricht unterzubringen.“

Hobby-Touristenführer

Nach 42 Jahren als Hauptschullehrer darf sich Tamweber nun schon seit sechs Jahren Pensionist nennen. Für Recherchen gibt es nun deutlich mehr Freizeit, was sich auch in den Ergebnissen zeigt.

Jennersdorfs Stadthistoriker ist der Geschichte auf der Spur

Nicht nur Touristen, sondern auch die heimische Bevölkerung interessiert sich für seine historischen Spaziergänge

Immer wieder führt der Jennersdorfer ehrenamtlich Jennersdorfer und Touristen durch seine Heimat, erzählt dabei von alten Handwerksbetrieben und Gebäudeänderungen.

„Ich merke mir, was es hier alles gab“, erklärt Tamweber und schwelgt in Erinnerungen: „Mich fasziniert, wie die Leute das Leben gemeistert haben, trotz der wirtschaftlichen und politischen Probleme.“ Vor allem der Zusammenhalt sei früher stärker gewesen, auch weil aufgrund der fehlenden Mobilität nicht viel möglich war.

„Das Bankerlsitzen war früher normal, Kino gehen konnte sich ja auch nicht jeder leisten. Meine Schwiegermutter ist zum Beispiel vom Arbeiten heim und hat sich dann auch schon immer auf das Singen gefreut“, so Tamweber.

Auch das ist eine „alte“ Tradition, die der Jennersdorfer gerne wieder aufleben sehen würde: „Mehr Leute, die singen gehen, würde ich mir wünschen.“

Verein gegründet

Ende 2019 ging Tamweber gemeinsam mit Moritz Gieselmann und Joe Posch sogar noch einen Schritt weiter und gründete den „historischen Verein Pulverturm“.

Neben mehreren Ausstellungen sowie Präsentationen, der Errichtung eines Mahnmals für die ermordeten jüdisch-ungarischen Zwangsarbeiter während es Zweiten Weltkriegs und einem Denkmal anlässlich der 100-Jahr-Feier des Burgenlandes fand der Verein auch eine noch verborgene Fliegerbombe in Jennersdorf.

Jennersdorfs Stadthistoriker ist der Geschichte auf der Spur

Gemeinsam mit Franz Forjan verfasste Franz Tamweber mehrere Bände über Jennersdorf

In seiner kurzen Zeit wuchs der Verein mittlerweile von drei auf rund 50 aktive Mitglieder und noch weitere Unterstützer. Tamweber übt hier die Rolle des Kassiers aus.

„Grund hierfür war das Buch des Autors Manfred Wieninger ,Aasplatz – eine Unschuldsvermutung’. Da sagten wir dann, wir müssen jetzt was tun“, erklärt der Jennersdorfer. Aktuell wird auf Initiative des Vereins ein Mahnmal in Jennersdorf gebaut, das am 26. Juni voraussichtlich fertiggestellt werden soll. Tamweber würde auch noch gerne eines für die Roma und Sinti errichten lassen.

Traum vom Museum

Sein größter Traum wäre aber ein Museum in Jennersdorf, das die Geschichte des Bezirks bis ins slowenische Murska Sobota erzählt. Also weg von Ländergrenzen, hin zur Regionalisierung von früher. Denn am heutigen Leben im südlichsten Bezirksvorort stört ihn vor allem, dass die Innenstadt längst nicht mehr so belebt sei, wie früher: „Da gab es durch die vielen Betriebe und Bauern ein Leben. Heute ist die Innenstadt fast tot. Mir fehlt hier einfach das Kleinstrukturierte. Das Leben war hier früher einfach unkomplizierter. Ich war praktisch in jedem Haus daheim, weil es überall Kinder zum Spielen gab.“

Und Tamweber zeigt lachend seine spitzbübische Seite: „Wir hatten Gott sei Dank kein Handy, also konnte man uns nie ausfindig machen.“

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