Edwin Schmidt: 17.000 Kilometer mit dem Fahrrad durch Amerika
Er kann es nicht lassen. Nach seiner zweijährigen Odyssee, die ihn vom Burgenland nach China, und von dort weiter nach Australien und Neuseeland führte, hat sich Edwin Schmidt gleich in das nächste Abenteuer gestürzt. Die Destination: Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Im Frühjahr 2020 hatte ihn in Neuseeland der Corona-Lockdown überrascht und für einige Monate im Inselstaat festgehalten. Seine Fahrrad-Weltreise wollte er sich vom Virus aber sicher nicht vermiesen lassen – die Frage, wohin es als Nächstes geht, war rasch geklärt: „Der Lockdown in Kalifornien war gerade aufgehoben worden und zudem waren die USA zu jener Zeit eines der wenigen Länder, die von Neuseeland aus per Flugverbindung erreichbar waren“, erzählt Edwin Schmidt. Der Strebersdorfer Extremradler zögert nicht lange und bucht einen Flug für sich und sein Gefährt nach Los Angeles.
Im Juli 2020 kann die unendliche Radtour endlich weitergehen. Der mittlerweile 55-jährige studierte Maschinenbauer bricht auf zu einer Reise, die ihn von der West- bis an die Ostküste der USA und danach weiter nach Zentralamerika führen wird.
Gluthitze im Death Valley
Von Anfang an kämpft Schmidt gegen extreme Witterungsbedingungen. Im kalifornischen „Death Valley“ erwartet den Burgenländer die sprichwörtliche Todeshitze: Zum Zeitpunkt seiner Reise wird in Furnace Creek eine Rekordtemperatur von 54 Grad Celsius gemessen. „Es war das härteste und brutalste Teilstück der Route durch die USA“, gibt Schmidt unumwunden zu.
Von den Strapazen dieser Grenzerfahrung erholt er sich im Spätsommer 2020 für einige Tage in der Glücksspiel-Metropole Las Vegas, bevor die Reise entlang der legendären Route 66 weitergeht.
Unermüdlich radelt der Extremsportler durch die Wüstenlandschaft Arizonas, weiter geht es durch die US-Bundesstaaten New Mexico und Utah. Im dortigen Navajo Reservat erwarten Schmidt Schwierigkeiten infolge der Covid-Schutzmaßnahmen: „Aufgrund der hohen Infektionsrate blieben dort Geschäfte und selbst Tankstellen-Shops tagelang geschlossen und es war schwierig, an Wasser und Lebensmittel zu gelangen“, schildert Schmidt. Doch er meistert auch diese Etappe. In Texas läuft er dann aber zur Höchstform auf, und legt am Tag bis zu 180 Kilometer zurück. Bei diesem Tempo dauert es nicht lange, bis der Extremsportler Louisiana erreicht, wo er Bekanntschaft mit Alligatoren und der Jazz-Metropole New Orleans macht.
Im „Big Easy“ stellt sich für Edwin Schmidt die große Frage: Wie kann es jetzt weitergehen? Er sieht zwei Varianten. Entweder, er fährt entlang der US-Ostküste weiter, um irgendwann einen Flug zurück nach Europa zu nehmen, oder aber: Er geht das Wagnis ein, Zentralamerika mit dem Fahrrad zu erkunden.
Eine Aufstellung von Edwin Schmidts Equipment, das ihn auf seiner Weltreise mit dem Fahrrad begleitet:
Fahrrad
- das Herzstück der Ausrüstung ist ein besonders robustes, spezielles Reisefahrrad aus deutscher Produktion, mit Shimano 27-Gang-Schaltung, hydraulischen Felgenbremsen, zusätzlicher Scheibenbremse hinten, Schwalbe Marathon Reifen, Nabendynamo für Lichtanlage und USB-Stromversorgung für Smartphone und Navigationsgerät
Gepäcksystem
- bestehend aus vier Ortlieb Packtaschen, Lenkertasche und Rucksack
Camping
- MSR 2-Personen-Zelt
- Sea to Summit Isomatte
- Western Mountaineering Daunenschlafsack
- Seideninlet
- Moskitonetz
- leichte Hängematte
- Gaskocher
- Wasserfilter
Elektronik
- Garmin Oregon Navigationsgerät
- Samsung Note Smartphone
- Dell 13" Laptop
- 2x 3TB Festplatten
- Nikon Spiegelreflexkamera
- Fotostativ
- Sony Actioncam
Werkzeug
- diverses Spezialwerkzeug womit die meisten Reparaturen und Tausch von Verschleißteilen selbst durchgeführt werden können
Bekleidung
- Daunenjacke ultralight
- Fleecejacke
- Fleecepulli
- Windbreaker
- Regenponcho
- synthetische Rad-/Sportkleidung
Wer den bisherigen Reiseverlauf von Edwin Schmidt verfolgt hat, wird sich über seine Entscheidung nicht wundern. Er packt das Zelt und die restliche Ausrüstung wieder auf das Rad und startet gen Süden. Mit einem flauen Gefühl im Magen überquert Schmidt Ende Oktober 2020 die mexikanische Grenze. Erst 2018 wurden im Bundesstaat Chiapas ein deutscher und ein polnischer Radfahrer ermordet. Am Tatort legt der Strebersdorfer eine Gedenkminute ein.
Meilenstein in der Karibik erreicht
Er selbst macht durchwegs positive Erfahrungen in Mexiko, wo er ein halbes Jahr verbringt. Danach radelt er weiter nach Guatemala. Die Ankunft an der honduranischen Karibikküste im Mai 2021 markiert einen Meilenstein auf Schmidts Weltreise: Seit 2018 hat er schon 50.000 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Das ist die (vorläufige) Bilanz von Edwin Schmidts einzigartiger Weltreise:
Bereiste Länder:
USA - Mexiko - Guatemala - Honduras
US-Bundesstaaten:
Kalifornien - Nevada - Arizona - Utah - Colorado - New Mexico - Texas - Louisiana
Besuchte Städte:
USA
Los Angeles - San Francisco - Las Vegas - Albuquerque - Fort Worth - Dallas - New Orleans - Galveston - Corpus Christi - Brownsville
MEXIKO
Matamoros - Ciudad Victoria - Tampico - Teotihuacan - Mexico City - Acapulco - Puerto Escondido - Salina Cruz - Coatzacoalco - Campeche - Merida - Tulum - Playa del Carmen - Cancun - Chetumal - Palenque - Comitan de Dominguez
GUATEMALA
Huehuetenango - Quetzaltenango - Lago Atitlan - Antigua - Guatemala City
HONDURAS
Copan Ruinas - San Pedro Sula - La Ceiba
Gefahrene Kilometer:
USA: 8.000km
Mexiko: 7.500km
Zentralamerika: 1.500km
USA bis Zentralamerika: 17.000km
Höchste Geschwindigkeit: 84,7km/h (Abfahrt nach Stovepipe Wells, Death Valley)
Höchste Temperatur: 54°C (Furnace Creek, Death Valley)
Höchster Punkt: 3.800m, Besteigung des Vulkan Santa Maria / Guatemala
Tiefster Punkt: minus 60m (Furnace Creek, Death Valley)
Höchste gefahrene Straßen:
- 3.031m, Tioga Pass / USA
- 3.048m, Pan-American Highway / Guatemala
- 3.706m, Paso de Cortez (Cortez Pass) / Mexiko
Gefahrene Kilometer seit Österreich: 53.000km
Bereiste Länder gesamt: 25
Reisedauer gesamt: 3 Jahre
Als ihn der KURIER kontaktiert, weilt er gerade in San José, der Hauptstadt von Costa Rica. Den Sommer nutzt er zur Reflexion darüber, wohin ihn seine schier unendliche Fahrradtour noch führen soll. Schmidt: „Covid-19 konnte meine Reise zwar nicht zum Erliegen bringen, hat jedoch signifikanten Mehraufwand und Verzögerungen verursacht. Ursprünglich wollte ich um diese Zeit bereits in Südamerika sein.“ Er wolle jedenfalls auf dem amerikanischen Kontinent noch weiterradeln: „Ob es letztlich auch nach Südamerika geht, hängt davon ab, wie sich die Lage entwickelt.“
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