Ärztemangel im Burgenland: Keine Besserung in Sicht
Im Sommer war die Welt in Gattendorf (Bezirk Neusiedl am See) noch in Ordnung. Nach 18-monatiger Suche und 13-maliger Ausschreibung war endlich ein Nachfolger für den pensionierten Hausarzt gefunden.
Ein Arzt hatte sich dazu bereit erklärt, eine zehnjährige Kooperation mit der Gemeinde einzugehen und die Stelle als Allgemeinmediziner für Gattendorf und Potzneusiedl mit Jahresbeginn 2022 anzutreten. Im Gegenzug stellte ihm die Gemeinde eine Verdoppelung der Landesförderung und mietfreie Ordinationsräume in Aussicht.
14. Ausschreibung
Doch die Freude währte nicht lange: Am Montag hat die Ärztekammer die Stelle erneut ausgeschrieben – zum 14. Mal. Der Interessent habe die Bewerbung zurückgezogen, heißt es. Im Gespräch mit dem KURIER zeigt sich der frisch gewählte Bürgermeister Thomas Ranits (ÖVP) offen für Übergangslösungen. „Das Wichtigste ist, dass wir den Gemeindebürgern zeitnah eine ärztliche Versorgung anbieten können“.
Kein Einzelfall
Dass trotz mehrmaliger Ausschreibung kein Allgemeinmediziner gefunden wird, ist kein Einzelfall. Auch im mittelburgenländischen Weppersdorf und in Apetlon (Bezirk Neusiedl am See) versucht die Kammer in wiederholten Anläufen, die offenen Stellen zu besetzen. In Mattersburg und Oberwart wird bis 2022 ein Praktiker gesucht.
143 Stellen für Allgemeinmediziner gibt es im Burgenland. 62 Prozent der Kassenärzte können in den kommenden zehn Jahren in Pension gehen, sagt der Direktor der Ärztekammer Burgenland, Thomas Bauer. Zwar gebe es einige Projekte von Land und Gemeinden, die den Medizinern die Landarztstellen schmackhaft machen sollen (siehe Zusatzbericht). Doch ein Allheilmittel gegen den Ärztemangel ist noch nicht gefunden.
Wettbewerbsnachteil
Laut Burgenlands Ärztekammer-Vizepräsident Michael Schriefl sei auch in Zukunft „keine Besserung in Sicht“. Grund dafür sei vor allem ein „Wettbewerbsnachteil“, den das Burgenland durch die Zahlung vergleichsweise niedriger Honorare durch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) habe.
Von der ÖGK heißt es dazu, dass die Verhandlungen mit dem Burgenland liefen. Mitte Oktober sei der nächste Termin anberaumt.
Um die Versorgung sicherzustellen, plant die Krages in Weppersdorf als Pilotprojekt eine dislozierte Ambulanz. Spitalsärzte sollen vorübergehend dort ordinieren. „Die Verhandlungen mit der ÖGK sind in der Endphase“, sagt ein Sprecher der Krages. Man sei zuversichtlich, dass die dislozierte Ambulanz heuer in Betrieb gehen könne. Auch an anderen Standorten sei das Modell als Übergangslösung vorstellbar. Bei der Kammer ist man weniger begeistert: Die Mediziner würden dann in den Spitälern fehlen.
Trotz aller Probleme gibt es aber auch noch Ortschaften, in denen die Arztsuche auf Anhieb klappt: Zum Beispiel in Gols, wo der 40-jährige Martin Asboth im Jänner 2022 die Kassenstelle von Günther Habetler lückenlos übernehmen wird.
Wie das Land Mediziner anlockt
Das Land hat unter der Ressortverantwortung von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) Maßnahmen gesetzt, um junge Ärztinnen und Ärzte zu motivieren, sich im Burgenland niederzulassen.Ein burgenländisches Modellprojekt geht heuer ins dritte Jahr: Gemeinsam mit der Danube Private University (DPU) in Krems wird seit 2019 jährlich ein Kontingent von kostenlosen Studienplätzen für junge Burgenländer angeboten, die an der DPU Medizin studieren können. Sechs Studenten wurden im Sommer für ein Stipendium ausgewählt, sie beginnen diese Woche ihr Studium.
Insgesamt sind damit bereits 18 angehende MedizinerInnen im Rahmen dieses Modells in Ausbildung. Sie müssen sich im Gegenzug verpflichten, nach Absolvierung ihres Studiums für mindestens fünf Jahre auf einer Kassenvertragsstelle im Burgenland zu praktizieren oder in einer der burgenländischen Krankenanstalten tätig zu sein.
Finanzspritzen
Das Land Burgenland vergibt außerdem Fördergelder an neue Landarztordinationen. Allgemeinmediziner, die ab dem 1. Mail 2018 einen Kassenvertrag für eine Planstelle im Burgenland abgeschlossen haben, können diese Landesförderung beantragen.
Die Finanzspritze für Dorfärzte kann bis zu 60.000 Euro betragen; sie ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass ein gleich hoher Betrag seitens der jeweiligen Gemeinde geleistet wird. Die Ärztin oder der Arzt muss sich außerdem dazu verpflichten, die Ordination für mindestens fünf Jahre zu betreiben – andernfalls ist die Förderung zurückzuzahlen.
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