71 Tote: Chaotischer Start bei Berufungsprozess in Ungarn

71 Tote: Chaotischer Start bei Berufungsprozess in Ungarn
Vier Jahre nach dem Flüchtlingsdrama auf der A4 hat am Donnerstag der Prozess in zweiter Instanz begonnen.

Der Prozessauftakt im südungarischen Szeged hat am Donnerstag unter chaotischen Bedingungen gestartet. Die Angeklagten waren zunächst in Hand- und Fußfesseln vor Richter Erik Mezölaki gebracht worden.

Ähnlich wie auch in erster Instanz, am Gericht in Kecskemét, wo sich der Hauptangeklagte Samsoor L. beschwert hatte, seinen Dolmetscher nicht zu verstehen, klagten auch diesmal die Angeklagten über Verständigungsprobleme mit dem Übersetzer. Für die Verteidiger waren dessen Übersetzungen nicht hörbar. Die Anwälte machten dafür technische Probleme im Gerichtssaal verantwortlich. Schließlich wurde die Verhandlung für 40 Minuten unterbrochen, um die behaupteten Schwierigkeiten zu überprüfen und allenfalls zu beheben.

Die Hauptangeklagten

Jeweils 25 Jahre Zuchthaus wegen Mordes und Schlepperei fassten im Juni des Vorjahres die vier Hauptangeklagten in erster Instanz am Gericht im ungarischen Kecskemét aus, die für das Flüchtlingsdrama mit 71 Toten an der Ostautobahn A4 verantwortlich sein sollen. Wie der KURIER berichtete, hatten nicht nur die Verteidiger der Beschuldigten gegen die Urteile berufen. Auch der Staatsanwalt hatte Berufung eingelegt: Er fordert eine lebenslange Haftstrafe für die vier Hauptangeklagten - einen gebürtigen Afghanen und drei Bulgaren -  ohne Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung. Die Verteidiger ersuchten um Freisprüche bzw. Strafminderung und stellten für die Bulgaren den Antritt auf Strafverbüßung in deren Heimat.In der nächsten Instanz entscheidet nunmehr ein Tafelgericht, vergleichbar mit den Oberlandesgerichten in Österreich. Bei den Hauptangeklagten soll es sich um den Kopf der Schlepperbande, seinen Stellvertreter und den Fahrer jenes Kühl-Lkw handeln, in dem die 71 Flüchtlinge im August 2015 erstickten, sowie um den Lenker eines Begleitautos.

Leichen entdeckt

Die 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder aus Syrien, dem Irak und Afghanistan starben am 26. August 2015 auf ungarischem Gebiet. Ihre Leichen wurden tags darauf in dem in einer Pannenbucht der Ostautobahn (A4) bei Parndorf im Burgenland abgestellten Lastwagen entdeckt.

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