Illustrator, Texter und Fotograf schlüpft in die Rolle seines Katers
Von Heinz Wagner
Vor rund fünf Jahren saß ein Kater, der ausschaute wie ein kleiner Tiger, vor dem Bauernhof, den der vielfach ausgezeichnete Bilderbuch-Künstler Willy Puchner seit elf Jahren im Südburgenland bewohnte. Irgendwer hatte das Tier dort abgesetzt. Scheu, sehr, ja ausgesprochen scheu sei der Kater, den Puchner ob seines Aussehens Tiger nannte, auch heute noch.
Das hinderte weder den „Kodara“, wie ein Dorfbewohner ihn bezeichnete, noch den Autor, Illustrator und Fotografen daran, eine intensive Beziehung einzugehen. Wie viel Eltern ihre Kinder fotografierte Puchner auch den Tiger. Wobei das ja vielleicht sogar noch mehr Katzen-Menschen tun- – Facebook ist seit Jahren voll von Millionen solcher Fotos.
Der Künstler begann jedoch auch bald, sich in die Gefühls-, mögliche Gedankenwelt und die Träume des Tigers – so wie er sie sich vorstellte – zu schlüpfen, einzuleben. Daraus formulierte er Texte und gestaltete Illustrationen. Diese beiden Elemente plus Fotos – auch anderer Katzen – baute er zu seinem neuesten Bilderbuch „Mein Kater Tiger“ (NilPferd im G & G Verlag). Das und die Geschichte dessen Entstehung sowie andere Anekdoten über seinen vierbeinigen Mitbewohner stellte Willy Puchner diese Woche im Wiener Künstlerhaus vor.
Und so können Leserinnen und Leser – vor allem aber auch Seherinnen und Seher in den Kosmos des Tigers eintauchen. Aus dessen Sicht erleben wir die erste Begegnung mit seinem Katzenmenschen, der von ihm immer wieder „Langsamkeit entdecke“ wie der Autor, Illustrator und Fotograf bei der Präsentation berichtet – und im Buch aus des Katers Sicht miterleben lässt. Da kann eine wenige Minuten dauernde Hausumrundung schon mal zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen.
Wobei Zeit fürs Beobachten, malen, zeichnen und schreiben ließ sich Willy Puchner, auch schon bisher gerne – verleitet mit vielen seiner Bücher auch seine Leser_innen/Betrachter_innen dazu – indem sie auf einer einzigen Seite oft ganze Welten entdecken können.
Neben seinem Bauernhof habe er sich einen sechs Meter Hochstand errichtet – „natürlich nicht zum Jagen, sondern zum Beobachten und Arbeiten“, wie er dem Kinder-KURIER anvertraut. Uns erklärt er auch seine Arbeitsteilung zwischen seinen Fotos und seinen gemalten/gezeichneten Bildern. Zum Fotografieren geh ich meistens raus, das ist die Aktivität für draußen. Zeichnen und malen ist für drinnen.“ Wobei drinnen eben auch sein eingerichteter Arbeitsplatz am Hochstand sein kann.
„Und vor mehr als einem Jahr hab ich für mich eine neue Leidenschaft entdeckt, nähen. Ich hab Nähkurse gemacht – da war ich der einzige und erste Mann im Südburgenland. Seither nähe ich Fäden, Knöpfe, aber auch Getreide und anderes auf Bilder.“
Er habe auch Gebrauchs-Nähen erlernt, repariere oder fertige eigene Kleidungsstücke an. Vor allem aber nutze er seine neue Kunst – die ihn an Zierleisten in Schulheften erinnern, die er geliebt habe. Einige dieser Bilder – Drucke der Zeichnungen aus dem neuen Buch – hingen auch an einer der Wände im Künstlerhaus. Für solche Applikationen habe er gut 30 bis 40 Schachteln, in denen er fein säuberlich sammelt und die Kartons beschriftet, welche Schätze sie beherbergen.
An der gegenüberliegenden Wand hingen Fotos aus dem Buch. Trotz einer Vielzahl an Fotos, „fällt mir die Auswahl nicht schwer. Ganz intuitiv finde ich in kurzer Zeit die richtigen Fotos für die Seiten des Buches. In diesem malt sich Puchner auch einen Traum seines Tigers aus: Eine Reise ans Meer zu Schwestern und Brüdern. Solche hatte der Künstler in Kroatien fotografiert – als reales Reisen noch leicht möglich war ;)
Text, Illustrationen, Fotos: Willy Puchner
Mein Kater Tiger
48 Seiten
Ab 5 Jahren
NilPferd/G & G Verlag
16,95 €