Chronik/Wien

Polizeieinsatz am Gürtel: 389 Anzeigen gegen Kultlokal

Verfrühte Sperrstunde im bekannten Afterhour-Lokal Café Concerto: Am Sonntag musste Betreiber Heinz Seidl schon um 9.15 Uhr in der Früh zusperren. Der Grund dafür war eine Razzia der Polizei – und diese endete für den Wirt mit unglaublichen 389 Anzeigen.

Was aber hat sich Seidl zu Schulden kommen lassen? Er verstieß gleich mehrfach gegen die Gewerbeordnung. Die Liste seiner Verfehlungen liest sich kurios: In der Getränkekarte fehlten die Euro-Zeichen. 125 Gläser waren ohne Eichmaße, also ohne die üblichen Zentiliter-Angaben. (Macht 125 einzelne Anzeigen.)

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Auf der Toilette fehlte die Seife; und über dem Feuerlöscher das Zeichen, das den Feuerlöscher als Feuerlöscher ausweist. Und auch das Jugendschutzgesetz war nicht sichtbar aufgehängt. Dass die Polizei auch wegen einer nicht angemeldeten Angestellten tätig wurde, bestreitet der Wirt.

Besonders skurril: Ins Lokal kamen die Beamten überhaupt nur deshalb, weil sie von den Türstehern gerufen wurden.

Streit vor dem Lokal

Doch von Anfang an: Ein Streit zwischen mehreren Personen und den Türstehern des Lokals am Lerchenfelder Gürtel drohte an jenem  Abend zu eskalieren. Mehrere Personen griffen die Türsteher an, weil ihnen der Zutritt verwehrt worden war. Es habe sich dabei um dem Lokal schon bekannte Drogendealer gehandelt. 

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Vor dem Lokal kam es zunächst zu einem größeren Polizeieinsatz, an dem auch die Spezialeinheit WEGA und Polizeihunde beteiligt waren. Zwei Personen, ein 25-jähriger Österreicher und ein 26-jähriger Somalier, wurden festgenommen, weil sie laut Polizei immer wieder auf die Straße liefen.

Trotzdem eskalierte die Situation: Lokalgäste und Passanten hätten sich in die Amtshandlung eingemischt, es kam zu Pöbeleien und körperlichen Übergriffen, auch auf die Polizisten. „Weil ich die Situation nicht in den Griff bekam, wurde mir dann eine polizeiliche Kontrolle angekündigt“, sagt der Lokalbetreiber.

Drogenszene am Gürtel

Der in Australien geborene Wirt versteht das aber nicht. Die Türsteher hätten die Polizei eigentlich um Unterstützung gebeten. „Ich fühle mich schikaniert und bin nicht dafür verantwortlich, was vor dem Lokal passiert“, findet Seidl. „Wie soll ich die Szene am Gürtel unter Kontrolle haben, wenn das nicht einmal die Polizei schafft?“, fragt er.

Immer wieder würden Dealer versuchen, in sein Lokal zu kommen. Die Polizei habe sich schon  beschwert, dass man so oft anrufe. „Seit neben dem Lokal eine Baustelle ist, ist es noch schlimmer geworden“, sagt Seidl, denn dort würden sich die Dealer verstecken.

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Sonntagfrüh musste er das  Lokal schließen und etwa 60 Gäste nach draußen bitten. Zwei Stunden habe die Polizei im Lokal dann nach Fehlern gesucht. „Ich glaube, mein Lokal ist ihnen ein Dorn im Auge“, sagt Seidl, der das Kultlokal im Jahr 2001 gekauft hat.

Auch Gastro-Obmann Peter Dobcak empfindet die Anzeigen-Flut als „sehr außergewöhnlich“. „In meinen Augen ist das reine Boshaftigkeit. Man könnte eine Gesamtstrafe aussprechen – aber man muss nicht jedes Glas einzeln anzeigen. “

Von den 389 Anzeigen weiß Seidl bisher nur aus den Medien.  Früher sei er auch schon kontrolliert worden, die nun angezeigten Delikte hätten damals aber niemanden interessiert. „Ich bin gespannt, was da auf mich zukommt.“