Eier statt Avocados: Das Schottenfeld hat wieder ein Café
Am Freitag um 4 Uhr Früh hat er noch die Regale zusammengeschraubt. Um 7 Uhr Früh hat er noch die Vorhänge aufgehängt und die letzten Ausbesserungsarbeiten übermalt. Und um 8 Uhr Früh saßen schon die ersten Gäste in seinem Kaffeehaus.
Vergangene Woche hat Robin Peller (30, Fotograf) in der Kandlgasse 12 das Café Kandl eröffnet. Aus dem ehemaligen Beisl, das 2018 geschlossen wurde, hat Peller ein "Contemporary Café" gemacht, wie er sagt. Zeitgemäß soll es sein, aber auch ein bisschen wie früher. Denn: "Die Kaffeehauskultur in Wien hat sich ja total verändert."
Nicht nur, weil der Kaffee in manchem Traditionsbetrieb nicht mehr schmeckt und in den vergangenen Jahren unzählige Spezial-Coffeeshops eröffnet haben. "Ein modernes Kaffeehaus, das zeitig in der Früh aufsperrt und auch am Abend lange offen hat, gibt's in Wien nicht", sagt Robin Peller. "Also mach ich das jetzt."
Eier statt Avocados
Um 8 Uhr sperrt das Café Kandl auf. Dann gibts Kaffee (von Süssmund) und Frühstück - mit Fokus auf Eier. Kandls Ei Nr.1 mit Erdäpfel-Puffer, geröstetem Paprika-Aufstrich und frischen Kräutern kostet 8,90 Euro, den würzigen Haferbrei mit Bio-Stunden-Ei, Grammeln und Schnittlauch gibt es um 7,50 Euro.
Auf Avocados verzichtet man. Nicht nur, weil es sie ohnehin überall anders zum Frühstück gibt. "Zuerst sind sie zu hart, dann zu weich, man muss extrem viel wegschmeißen, das wollten wir nicht", sagt Küchenchef Julian Lechner.
Für den 26-Jährigen, der Fine Dining-Erfahrung hat (Mraz & Sohn, Aend), ist es die erste Station als Küchenchef. Lechners Frühstück ist zum Großteil vegetarisch, Schinken und Grammeln gibt es optional. Zu Mittag werden zwei Menüs serviert (eines davon fleischlos; mit Suppe um 9,50 bis 12 Euro).
Am Abend wird das Licht gedimmt, die Vorhänge werden zugezogen - das Café verwandelt sich in eine Bar. Serviert werden dann vor allem Cocktails.
Und mit Cocktails kennt sich Robin Peller aus. Nachdem ihn eine Freundin einst in die Loos Bar - die er nicht kannte - schleppte, hat er sich "total verliebt".
In die Bar.
Und zwar so sehr, dass der damals 20-jährige Peller, der in der Nähe seine Fotos ausstellte, jeden Abend nach der Ausstellung noch einen Sprung in die Loos machte. Die Barkeeper hatten ihn so beeindruckt, dass er unbedingt dort arbeiten wollte. "Und irgendwann hab' ich auch angefangen. Als Glasler in der Loos Bar", erzählt Robin Peller.
Nach seinem Debüt in der Loos war Peller noch drei Jahre im Robertos, dann widmete er sich wieder dem Fotografieren. Mit der Gastronomie hatte er abgeschlossen. "Ich wollte nie wieder Gastro machen", erzählt er. Und dann, als er vor zirka einem Jahr seine Hündin Jolene ausführte, entdeckte er das das leerstehende Café Kandl.
Und hat sich wieder verliebt.
In das Lokal und den Innenhof mit Gartenhaus. Und den Kirschbaum, der dort im Frühling blüht.
Ein Café für das Grätzel
"Wenn du's nicht machst, mach ich's", hatte ein Freund zu ihm gesagt. Peller schnappte sich einen Architekten (Bernhard Kurz von der IFUB Architekten), einen Koch (eben Julian Lechner) und einen Freund, der ihm mit dem Umbau half.
Geworden ist es in Café für das Grätzel. Peller hat versucht, viel Wienerischeris in einfließen zu lassen. Das Schild für sein Kaffeehaus ist vom Modellbauer Harry Schmidt gegenüber an der Ecke, die Salz- und Pfefferstreuer sind von Wauwau in der Westbahnstraße, die Kunstwerke und Fotografien an den Wänden von Katharina Spielmann, die Kaffeemaschine ziert ein Helmut Qualtinger, der Michael Häupl unter den Tisch säuft - ein Ölmalerei von Sebastian Kelemer.
"Man probiert immer von ganz oben die Welt zu verändern", sagt Robin Peller. Dabei kann man bei sich und in der nächsten Umgebung anfangen."
Kandls Ei Nr. 1 mit Erdäpfel-Puffer, geröstetem Paprika-Aufstrich und Kräutern kostet 8,90 Euro.
Zu Mittag stehen zwei Menüs zur Auswahl (eines davon fleischlos), mit Suppe um 9,50 bis 12 Euro.
Abend gibt es Kandls Roastbeef Sandwich (im Kaffeesud gebratenes Roast Beef, Sauerteig-Baguette, Salsa Verde, Aioli, eingelegte rote Zwiebel) um 9,50 Euro oder etwa Gemüsegulasch um 7,50.
Die wunderschön illustrierte Cocktailkarte ist umfangreich: Wiener Blut (Gin, roter Wermut, Verjus, Aronia, Rote Rübe) um 12 Euro. Bierlein (Plantation Pineapple Rum, Ingwerlikör, Limette, Bier) um 12 Euro.
Geöffnet ist Di-So von 8 bis 2 Uhr.
Kommentare