Chronik/Wien

Grüne planen temporäre Radwege anstelle von Fahrspuren in Wien

Erst bekamen die Wiener Fußgänger mehr Platz. In 13 Bezirken ließ die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein temporäre Begegnungszonen einrichten. Nun sind die Radler an der Reihe.

Wie der KURIER erfahren hat, wollen die Grünen auf bestimmten Straßen einzelne Fahrspuren für Radfahrer freigeben. „Es wird in Wien geschützte Radstreifen wie in Berlin geben“, bestätigt der grüne Verkehrssprecher Rüdiger Maresch.

Der nächste Koalitionskrach im Rathaus ist damit wohl programmiert. Aber der Reihe nach.

Im rot-rot-grün regierten Berlin haben im Zuge der Corona-Krise mehrere Bezirke für die Dauer der Corona-Krise sogenannte geschützte Radstreifen (auch unter dem Begriff Protected Bike Lanes bekannt) eingerichtet. Das sind Fahrspuren, die mit physischen Barrieren provisorisch vom Autoverkehr abgetrennt und für Radler reserviert werden. 

Hintergrund der Maßnahme: Das Radfahren soll während der Pandemie so eine ansprechende Alternative zum Pkw oder zu den Öffis werden.

Umsatteln statt drängen

Autofahren ist derzeit attraktiv wie nie. Denn im Pkw kann man sich ohne Kontakt zu anderen fortbewegen. Aktuelle Zahlen aus Wien zeigen das: Der Kfz-Verkehr nimmt aktuell wieder zu – und zwar stärker als die Fahrgastzahlen in den Öffis. (Der KURIER berichtete.)

Dort fährt derzeit die Angst mit: Wegen der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen steigen die Fahrgastzahlen, das Abstandhalten in den Fahrzeugen wird immer schwieriger.

Wer kein eigenes Auto besitzt, dem bleibt nur noch das Umsatteln aufs Fahrrad. Machen das viele Menschen, wird es allerdings auf den Radwegen eng. Geschützte Radstreifen auf den Fahrbahnen sollen dieses Problem lösen – in Berlin wie in Wien.

Suche nach Straßen gestartet

„Wenn Radeln eine gesunde Alternative sein soll, brauchen wir mehr Platz für Radfahrer, damit sie genug Abstand halten können“, sagt Verkehrssprecher Maresch. Mit der MA 46 (Verkehrsorganisation) werden bereits geeignete Straßenzüge ausgelotet.

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Ein Kriterium ist laut Maresch, dass sich die Straßen entlang des Hauptradverkehrsnetzes befinden. Das umfasst zentrale, gut ausgebaute Routen wie den Ring oder den Donaukanal.

Und: „Die Naherholungsgebiete müssen jedenfalls mit dem Fahrrad gut erreichbar sein.“

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Auf der Wagramer Straße (über die viele Radfahrer auf die Donauinsel und die Strandbäder an der Alten Donau fahren) hätten Autofahrer sechs Spuren zur Verfügung. „Warum nicht eine für Radfahrer freigeben?“, sagt Maresch.

Hütchen, Poller oder Leitwände

Um die  Spuren abzutrennen, sind drei Varianten im Gespräch: Warnhütchen (wie man sie von Baustellen kennt), Poller und Betonleitwände. Wann sie aufgestellt werden, ist noch offen.

Fix dürfte dagegen sein, dass das Vorhaben heftige Diskussionen mit der SPÖ nach sich ziehen wird.

Bürgermeister Michael Ludwig reagierte reserviert auf Hebeins Straßenöffnungen für Fußgänger, so manch roter Funktionär kritisierte die Maßnahme. Mit ein Grund: Die Sorge, dass die Grünen mit der temporären Umverteilung des Straßenraums Fakten schaffen.

Mit Blick auf die geschützten Radfahrstreifen richtet Maresch der SPÖ aus: „Auch die sozialdemokratischen Wähler fahren Rad.“