Chronik/Österreich

Coronavirus erreicht Österreich: Hotel in Innsbruck gesperrt

Laut KURIER-Informationen soll die erkrankte Italienerin, die zu den beiden bestätigten Fällen in Innsbruck gehört, Rezeptionistin im Grand Hotel Europa in Innsbruck sein. Aus diesem Grund wird das Hotel vorerst gesperrt.

Die Gefahr, dass Gäste infiziert wurden, soll laut Informationen die dem KURIER vorliegen gering sein, da es nur wenig direkten Kontakt gegeben hat. Ihre Kollegen sollen aber auf jeden Fall vorerst nicht weiterarbeiten dürfen.

Wohnstätte ebenfalls gesperrt

Tirols Landeshauptmann Günther Platter hat in enger Absprache mit Bundeskanzler Sebastian Kurz, Innenminister Karl Nehammer und Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi angeordnet, die Arbeitsstätte sowie die Wohnstätte - ebenfalls in Innsbruck - vorübergehend zu isolieren, um mögliche Kontaktpersonen zu eruieren und alle notwendigen Abklärungen vorzunehmen.

„Die Sicherheit und die Vorsorge sind nun unser oberstes Gebot. Dazu treffen wir alle nötigen Maßnahmen. Die Behörden sind in enger Abstimmung mit den Gesundheitseinrichtungen sowie der Arbeitsstätte der Frau“, sagt Platter.

Innenminister Karl Nehammer ergänzt: „Wir müssen gemeinsam alles tun, um eine Ausbreitung einzudämmen. Die Polizei unterstützt die Gesundheitsbehörden daher mit aller Kraft, um die Quarantäne-Maßnahmen rasch und effizient umzusetzen. Es sind derzeit bis zu 15 Polizeibeamte im Einsatz."

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Das Hotel ist aktuell weiterhin gesperrt. Polizisten stehen am Eingang und informieren Menschen, die in das Hotel wollen, darüber.

Vor dem Hotel in Innsbruck sprach KURIER-Redakteur Christian Willim mit Cyrille Ferrier, einem Gast aus den Niederlanden. Der Arzt war eigentlich auf dem Weg zu einer Konferenz in Venedig. Diese wurde wegen des Coronavirus allerdings abgesagt.

Nun steht er nur mit Reisepass und Geldbörse vor dem abgeriegelten Hotel: "Der Coronavirus verfolgt mich." Er hat, weil die Konferenz abgesagt wurde, gestern im Hotel in Innsbruck eingecheckt. Als er heute zurück auf sein Zimmer wollte, wurde er von der Polizei abgewiesen. Dort habe ihm allerdings niemand gesagt, worum es geht.

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Erst als Ferrier erfahren hatte, dass es sich um eine erkrankte Mitarbeiterin handelte, war ihm klar, dass das problematisch sein kann. Angst habe er vor dem Virus allerdings nicht. Denn für ihn ist es nur eine Gruppe. Der Gast aus den Niederlanden hofft nun, dass er endlich auf sein Zimmer gehen und sein Gepäck holen kann. Wenn das nicht funktioniert, muss er sich ein anderes Hotel suchen.

Zwei erkrankte Italiener in Innsbruck

Wie am Dienstag bestätigt wurde, sind iIn Tirol zwei Personen am Coronavirus erkrankt. Das bestätigte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Dienstagvormittag. Eine zweite Testung verlief positiv.

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Bei den beiden Personen handelt es sich um eine 24-jährige, in Innsbruck wohnhafte, Italienerin aus der Gegend um Bergamo in der vom Coronavirus besonders betroffenen Region Lombardei und einen ebenfalls 24-jährigen Freund der Frau, der nur zu Besuch nach Tirol kam. Die beiden reisten am Freitag mit ihrem Privat-Pkw nach Innsbruck und entwickelten am Samstag erste leichte Grippesymptome, wie Günter Weiss, Infektiologe der Universitätsklinik Innsbruck und behandelnder Arzt der beiden am Dienstag in einer Pressekonferenz sagte.

Leichte Symptome

Am Sonntag stieg das Fieber der Frau auf 38 Grad, zusätzlich setzten leichte Lungenbeschwerden ein. Auch die Temperatur des Mannes stieg am Sonntag auf 37,8 Grad an und er entwickelte Halsschmerzen. Am Montag wandten sich die beiden aufgrund der Kombination aus Symptomen und Italien-Aufenthalt an die Leitstelle, am Dienstag bestätigte sich der Verdacht.

Mittlerweile sind die beiden 24-Jährigen bereits wieder fieberfrei und zeigen wenig Symptome, bleiben jedoch zumindest bis Ende der Woche in der Innsbrucker Klinik in Isolation, erläuterte Weiss. Die beiden seien "sehr kooperativ und in gutem Allgemeinzustand".

Suche nach Kontaktpersonen

Nun gelte es, die Kontaktpersonen der Infizierten ausfindig zu machen, erklärte Franz Katzgraber, Leiter der Sanitätsdirektion Tirol. Das geschehe aktuell durch die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes der Stadt Innsbruck. Diese Kontaktpersonen würden dann mit Informationen und Verhaltensempfehlungen versorgt, "damit niemand in Unsicherheit gelassen wird". Man versuche jedenfalls, "die Infektionskette hier zu beenden", sagte Katzgraber. Das Vorgehen sei die Routine für Infektionserkrankungen.

Die Schwierigkeit sei, dass die Anzeichen für eine Coronavirusinfektion ident mit jenen einer herkömmlichen Grippe sind. So habe es in der vergangenen Woche alleine in Tirol über 3.000 Krankenstände gegeben, wobei die Dunkelziffer wohl dreimal höher liege. Katzgraber betonte gleichzeitig, jeder, der möglicherweise betroffen sei, bekomme entsprechendes Informationsmaterial und Anweisungen. Katzgraber: "Wer das nicht bekommt, ist auch nicht betroffen. Es brauchen sich jetzt nicht reihenweise Gesunde fürchten."

Ein Punkt, den auch Weiss betonte: Es laufe der Gesundheitsversorgung entgegen, wenn jeder Mensch mit Grippesymptomen auf eigene Faust ins Spital fahre, wo sich viele vulnerable Patienten aufhalten würden.

Grundsätzlich gilt: Wer grippeähnliche Symptome aufweist und denkt, es könnte Covid-19 (so der Name der durch das Coronavirus ausgelösten Erkrankung) sein, soll beim Gesundheitstelefon 1450 oder der Coronavirus-Hotline der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES, Tel. 0800/555 621) anrufen und seinen Fall schildern. Keinesfalls sollte man sich im Verdachtsfall auf eigene Faust mit öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch nicht per Taxi, auf den Weg ins Spital oder zum Hausarzt machen.

"Das Erwartbare ist eingetreten"

"Es ist das Erwartbare eingetreten", sagte unterdessen Reinhild Strauß, Leiterin der Abteilung Öffentlicher Gesundheitsdienst im Gesundheitsministerium. Die jetzt anlaufenden Prozedere seien etabliert. "Nun wird versucht, alle Kontaktpersonen ausfindig zu machen. Sie werden auch untersucht und bei Symptomen getestet. Eventuell entscheidet man auch, gleich Tests durchzuführen, ohne dass Symptome vorliegen", erläuterte die Medizinerin im APA-Gespräch. Menschen, bei denen der Verdacht auf eine Ansteckung vorliegt, werden vorsorglich unter Quarantäne gestellt, Kranke auf eine Isolierstation gebracht.

Beim Auftreten von SARS-CoV-2 in Bayern im Jänner lief das alles nach Plan, ganz anders beim aktuellen Ausbruch in Norditalien mit immer mehr Infizierten. "Das liegt daran, dass in Bayern der 'Patient 0' schnell klar war. Kontaktpersonen waren dadurch leicht eruierbar und es wurden umgehend Maßnahmen bis in die Familien von Betroffenen hinein gesetzt. Zum Beispiel durften Kinder nicht den Kindergarten besuchen", sagte die Gesundheitsspezialistin. Das Ganze habe sich um ein "geschlossenes Setting" gehandelt. Anders in Italien, wo der Auslöser, der "Patient 0", nicht bekannt ist. "Es ist immer schwieriger, wenn die Infektionskette schon weiter fortgeschritten ist. Man muss erst den Ursprung finden."

Einsatzstab im Innenministerium

Auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) erklärte im Rahmen einer Pressekonferenz in Salzburg, das Ziel sei es nun, die Kontaktpersonen der Infizierten so schnell wie möglich zu identifizieren. Darüber hinaus würden "in enger Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden" geeignete Maßnahmen getroffen, um die Weiterverbreitung zu verhindern. Dies werde von Fall zu Fall entschieden, im Innenministerium wurde dazu ein permanenter Einsatzstab eingerichtet.

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Ob Grenzen geschlossen oder Großveranstaltungen wie etwa das am Donnerstag anstehende Europa-League-Heimspiel des FC Salzburg gegen Eintracht Frankfurt abgesagt werden, seien zwei Beispiele für diese Fall-zu-Fall-Entscheidung, sagte Nehammer. Die Situation werde laufend beurteilt, dann werde eine Entscheidung getroffen.

Der Fall des in der Nacht auf Montag am Brenner gestoppten Zuges wäre ein "Musterbeispiel" dafür gewesen, wie es laufen soll. Am späteren Nachmittag sagte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP), für eine Absage des Europa-League-Spiels gebe es aktuell "keine Veranlassung".

Keine Panik

Doch zurück nach Tirol: Wie Landeshauptmann Platter ankündigte, werde man in der Innsbrucker Klinik eine eigene Ambulanz für Coronavirus-Verdachtsfälle einrichten. In dieser "Einheit" solle sofort festgestellt werden können, ob eine Erkrankung vorliegen könnte.

Neben der Anlaufstelle in der Klinik wird auf der Homepage des Landes über aktuelle Entwicklungen informiert. Zusätzlich wird eine eigene Hotline für Tirol eingerichtet, an die sich die Bevölkerung mit Fragen wenden kann. Die Bezirkskrankenhäuser stehen zur Abklärung ebenso zur Verfügung wie die niedergelassenen Ärzte, deren Unterstützung man jetzt brauche, wie Platter meinte. In Tirol wurden bisher 14 Personen auf das Coronavirus getestet.

Gleichzeitig versuchte Platter zu beruhigen: "Es gibt keinen Grund zur Panik", sagte er einmal mehr. Das Land bereite sich auf alle Eventualitäten vor. "Der Einsatzstab wird täglich in der Früh tagen", sagte er. Eingebunden sind die Blaulichtorganisationen, die Ärzteschaft oder auch Vertreter der Landessanitätsdirektion. Eine Absage erteilte der Landeshauptmann erneut möglichen Grenzkontrollen am Brenner, da diese "nicht zielführend" seien. Am Nachmittag findet eine außerordentliche Sitzung der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino in Bozen statt, die Platter als amtierender Euregio-Präsident einberufen hatte.

In Tirol musste sich zudem das Landeskrankenhaus Zams mit dem Coronavirus beschäftigen. 19 Mitarbeiter stehen derzeit unter "besonderer Beobachtung", da sie einen Betriebsausflug zum Karneval in Venedig unternommen hatten. Doch keiner der Mitarbeiter zeige bisher Symptome, teilte das Krankenhaus mit. Falls sich dies ändern sollte, müssen die Personen zuhause bleiben und auf die Anordnung weiterer Schritte warten, hieß es.

Das Sozialministerium hat unterdessen eine Liste aller Spitäler veröffentlicht, die für eine Behandlung von Coronavirus-Verdachtsfällen und -Erkrankungen ausgerüstet sind:

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Wie viele Kapazitäten sind in den heimischen Krankenhäusern für Covid-19- sowie SARS-CoV-2-Fälle und Verdachtsfälle vorhanden? Das kommt darauf an, wie viele gebraucht werden und wird in einem Stufenplan geregelt. 59 Spitäler wurden als besonders zweckmäßig eingestuft, grundsätzlich müsse aber jedes Krankenhaus infektiöse Patienten versorgen, erläuterte Strauß. Die am besten dafür geeigneten wurden im Rahmen der jüngsten Pandemie-Planung aktuell erhoben, im wesentlichen seien es die "Influenza-Spitäler": Kliniken, die während besonders schwerer Grippewellen als Anlaufstellen Nummer eins für Kranke gelten, vor allem weil sie aufgrund ihrer Struktur besonders effizient und rasch Bettenkapazitäten freimachen können.

Eine genaue Bettenzahl sei daher schwer anzugeben. "Man kann das eskalieren, durch Umlagern oder die Absage nicht unbedingt nötiger Operationen. Jedes Krankenhaus hat dafür einen eigenen Plan, schon allein in der Grippesaison", erläuterte Strauß. Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) beispielsweise könne im Notfall bis zu 500 Betten stellen. "Die genaue Anzahl ist ein Stufenplan."