Wiehag: "Think big" im Innviertel
Erich Wiesner errichtet gigantische Holzkonstruktionen mit weltberühmten Architekten wie Norman Foster – unter anderem in London. Doch hierzulande hat sich noch nicht wirklich herumgesprochen, dass seine Firma Wiehag im idyllischen Innviertel nahe der deutschen Grenze Weltruf besitzt. Entwickelt hat sie sich aus der Möbelfirma Wiesner & Hager. Diese wurde 1990 geteilt – Erich Wiesner führt nun die Holzkonstruktionsfirma Wiehag, sein Cousin betreibt das Möbelgeschäft.
Allerhöchste Präzision
Durchbruch mit U-Bahn
Wiehag steht für Holzkon-struktionen mit bis dato ungeahnter Spannweite. Die 2011 errichtete Londoner U-Bahn-Station hat weltweit Aufsehen erregt. Damit kam der Durchbruch. Über Auftragsmangel kann man sich seither nicht beklagen.
Davor musste man aber (nicht nur) den Engländern aufwendig die Vorteile von Holz erklären. Da geht es nicht nur um "green building". Überraschenderweise hat Holz sogar im Brandfall Vorteile gegenüber einem Stahlbau. Denn ab einer gewissen Hitze verliert ein Stahlbau seine Festigkeit. Holz brennt zwar, aber der "Brandwiderstand" des Gebäudes ist höher. Und der Preis? "Sobald Stahl mit einem Brandschutzanstrich versehen wird, ist er teurer als Holz", sagt der Unternehmer.
Schnell war klar, dass sich die Firma nicht nur hoch spezialisieren, sondern auch außerhalb von Deutschland und Österreich um neue Märkte umschauen musste. Die Vorbereitung umfasste sogar intensives Sprachtraining für die Mitarbeiter: "Wir können Projekte in Englisch, Italienisch und Spanisch abwickeln", sagt Wiesner stolz. Er produziert auch heute noch alles in Altheim. Die (oft riesigen) Teile werden per Lkw und Schiff in die Welt geschickt.
Österreichischen Politikern werden die Wiehag-Projekte im Ausland gerne vorgeführt, um zu zeigen, was man aus Holz alles bauen kann. Und umgekehrt? Der österreichische Markt "hat noch Potenzial", sagt Wiesner. Es tue ihm leid, dass weder bei den neuen Bahnhöfen noch am architektonisch interessanten WU-Gelände Holzkonstruktionen vorgesehen waren. Wiesner ist kein Mann der rauen Töne. Ansonsten könnte er noch viel deutlicher kritisieren, dass man ausgerechnet im Holzland Österreich noch so wenig auf dieses Naturmaterial – und nur selten auf herausragende, internationale Architektur – achtet. Aber vielleicht liegt es daran, dass Trends meist erst mit Verspätung in Österreich aufschlagen. Dennoch sind viele heimische Bauten mit Wiehag-Holzkonstruktionen (Messezentrum Wels, Eissportzentrum Wien, Salzburg Arena) bereits gut "bedacht". Und in Asten (OÖ) baut Coop Himmelb(l)au gerade ein "Haus des Brotes" – Museum für den Chef der Firma Backaldrin.
Mitarbeiter gesucht
Arbeitslosigkeit gibt es im Innviertel so gut wie keine, dafür zahlreiche Leitbetriebe wie KTM, Amag, FACC, Team 7. Facharbeiter und Meister mit handwerklichem Geschick im konstruktiven Holzbau, HTL-, FH- und TU-Absolventen werden von der Wiehag gesucht. "Wir haben 20 Lehrlinge, würden weitere acht bis zehn nehmen – und tun allerhand, um die Leute zu halten", sagt Wiesners Ehefrau Elisabeth, die in der Firma fürs Personalwesen zuständig ist. Und sie fügt hinzu: "Oft sind wir schon froh, wenn sie wenigstens quadratrechnen können." Mittlerweile sucht sie in der Slowakei, Ungarn und Tschechien nach Mitarbeitern. Einen syrischen Lehrling gibt es auch. Die Zusammenarbeit klappt gut, er hatte davor aber schon Matura.
Und was sagt ein stark in Großbritannien verankerter Unternehmer zum Brexit? Einige Bauinvestitionen würden sich jetzt wohl verzögern, meint Wiesner. Seine Projekte seien davon eher nicht betroffen. Sein (unausgesprochenes) Motto: "Think big" ist jedenfalls aufgegangen.
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Die Holzkonstruktionsfirma Wiehag in Altheim hat 350 Mitarbeiter und eine Exportquote von über 70 Prozent. Umsatz: rund 70 Millionen Euro. Alle Teile für die teils von weltberühmten Architekten entworfenen Dachkonstruktionen werden in Altheim hergestellt. Grundmaterial ist Fichtenholz. Die Firma hat sich aus dem 1849 gegründeten und in fünfter Generation von der Familie geführten Unternehmen Wiesner-Hager entwickelt.
Erich Wiesner hat zur Jahrtausendwende in eine neue, Fertigungshalle investiert und wagte den Sprung über Österreich und Deutschland hinaus.
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