Die 12 schwarzen Wehrpflicht-Thesen

APA3836843-2 - 26032011 - PRISTINA - SERBIEN: ZU APA 380 AI - Österreichs Außenminister Michael Spindelegger besuchte am Freitag, 25. März 2011, im Rahmen seines Arbeitsbesuchs im Kosovo im KFOR-Hauptquartier in Pristina die österreichischen Soldaten des COM/KFOR Militärkontingents in "Little Austria". APA-FOTO: HOPI-MEDIA/Bernhard J. Holzner
Die Volkspartei überreichte dem Koalitionspartner 12 Forderungen für das Bundesheer. Einige davon bergen Sprengstoff.

Die ÖVP hat dem Koalitionspartner SPÖ im heutigen Ministerrat ihre zwölf Forderungen zur Reform der Wehrpflicht übergeben. Wesentlich Neues findet sich in dem Papier allerdings nicht. Die Volkspartei setzt vor allem auf einen Einsatz der Präsenzdiener nach deren Vorkenntnissen, eine bessere Erste Hilfe-und Katastrophenschutz-Ausbildung sowie auf einen Bewegungsschwerpunkt. Zudem soll die Sicherheitsdoktrin ehebaldigst beschlossen werden und Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) seine Berufsheer-Pilotprojekte sofort einstellen.

Vor allem letztere Forderung birgt Sprengstoff: Darabos hat dies nämlich wiederholt abgelehnt. Im Gegenzug fordert der Verteidigungsminister mehr Geld für Reformen, was wiederum die ÖVP ablehnt. Allerdings: "Wenn die eine oder andere Maßnahme ein paar Millionen mehr kosten sollte, wird es nicht daran scheitern", gab sich Vizekanzler Spindelegger etwas kompromissbereiter als noch am Montag.

Reform noch vor der Wahl

Die 12 schwarzen Wehrpflicht-Thesen
APA11100478-2 - 22012013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - (v.l.) VK Michael Spindelegger und BK Werner Faymann anl. einer Sitzung des Ministerrates am Dienstag, 22. Jänner 2013, im Bundeskanzleramt in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER

Davor hatten SPÖ und ÖVP im Ministerrat die Einsetzung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe für die Reform des Grundwehrdienstes beschlossen. Angehören werden der Arbeitsgruppe neben Darabos und Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP) auch SP-Staatssekretär Josef Ostermayer und VP-Klubobmann Karlheinz Kopf. Angepeilt wird ein Reformkonzept bis zum Sommer - die Reform soll dann noch vor der Nationalratswahl umgesetzt werden. Inhaltlich blieben beide Regierungspartner vorerst vage. Geeinigt hat man sich aber immerhin auf eine gemeinsame Sprachregelung im Budgetstreit: Die Frage, ob man für einen reformierten Grundwehrdienst mehr Geld braucht, wurde vertagt.

Sticheleien

Obwohl sich die Regierung am Dienstag friedvoller als noch am Montag präsentierte, wurde dennoch wieder gestichelt. Bundeskanzler Faymann meinte zum 12-Punkte-Papier der ÖVP: "Es ist nicht besonders dick, ich habe es aber noch nicht gelesen." Spindeleggers Antwort: Man wollte den Regierungspartner nicht mit einem dicken Konvolut überfordern. Der Hickhack dürfte also in den nächsten Wochen noch munter weitergehen.

Grüne wollen VP-Verteidigungsminister

Auch die anderen Parteien haben sich am Dienstag in der Heeresdebatte zu Wort gemeldet. Die Grünen wollen, dass nicht Darabos, sondern die Volkspartei diese von ihr eingebrockte Suppe auslöffelt. Bundessprecherin Eva Glawischnig und Sicherheitssprecher Peter Pilz forderten die ÖVP am Dienstag zur Übernahme des Ressorts auf. Uneins waren sie, welches Ministerium die SPÖ im Gegenzug bekommen soll.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache hingegen will eine "Anschubfinanzierung" für die Reform des Bundesheeres. Nach dem Votum für die Wehrpflicht bei der Volksbefragung müsse nun auch die Entlohnung der Grundwehrdiener wenigstens auf Mindestsicherungsniveau erhöht werden, forderte er am Dienstag in einer Pressekonferenz. Abermals verlangte Strache den Rücktritt von Verteidigungsminister Darabos.

Im Folgenden die zwölf Forderungen der ÖVP:

1. SICHERHEITSDOKTRIN: Die ÖVP will, dass der Beschluss der eigentlich schon seit März 2011 vorliegenden Sicherheitsdoktrin nach der Entscheidung der Bevölkerung für die Wehrpflicht "so schnell wie möglich" parlamentarisch nachgeholt werden soll.

2. ARBEITSGRUPPE: Die Volkspartei will die Etablierung einer koalitionären Reformgruppe, die eine Neugestaltung des Präsenzdiensts begleiten soll. Die ÖVP hat dafür bereits gestern Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Klubobmann Karlheinz Kopf nominiert.

3. TALENTECHECK: Präsenzdiener sollen künftig eine "Potenzialanalyse" absolvieren. Diese soll Grundlage für den Einsatz der Rekruten nach der Grundausbildung sein.

4. SYSTEMERHALTER: Die Zahl der Systemerhalter soll gesenkt werden. Als Koch sollen nur noch gelernte Köche dienen, gleiches gilt für Kfz-Mechaniker, Elektriker etc. "Nach Möglichkeit soll sich der Präsenzdiener frei entscheiden können, in welcher Funktion er seinen Dienst beim Bundesheer ableistet", schreibt die ÖVP.

5. AUSBILDUNGSMODULE: Der Grundwehrdienst soll vor allem Spezialisierungen in den Bereichen Katastrophenschutz, Schutz kritischer Infrastruktur und Technik fördern. Ausbildungsmodule wie jene zu Erster Hilfe oder Schulungen an schwerem Gerät sollen so gestaltet werden, dass sie jedenfalls für Tätigkeiten im zivilen Leben angerechnet werden können.

6. BERUFSCHANCEN: Bestimmte Ausbildungsmodule sollen für den Polizeidienst und Sicherheitsdienste anrechenbar werden.

7. SPORT: Dass militärische Ausbildung "mit körperlicher Ertüchtigung einhergeht", will die ÖVP als Chance nützen, dem "latenten Bewegungsmangel in der Gesellschaft" entgegenzuwirken. Die Zeit nach der Grundausbildung soll daher für einen Sportschwerpunkt genützt werden - auch das Thema Ernährung soll Beachtung finden. Durch den Bund finanzierte Sportler (also im wesentlichen Heeres-und Polizeisportler) sollen mit Rekruten gemeinsam Sporteinheiten gestalten.

8. ERSTE HILFE: Alle Grundwehrdiener sollen umfassend in Erster Hilfe und Grundzügen der Katastrophenhilfe ausgebildet werden.

9. ÜBUNGEN: Gemeinsame Übungen mit zivilen Kräften wie Feuerwehr und Bergrettung sollen forciert werden.

10. PLANUNG: Rekruten sollen nach der Grundausbildung zumindest "in groben Zügen" über den Zeitplan der weiteren Tätigkeit beim Heer informiert werden, um private Terminplanung (z.B. Studium) besser zu ermöglichen.

11. SICHERHEITSSCHULE: Das Bundesheer soll nach Vorstellung der ÖVP eine schulische Aufgabe übernehmen. Die Bildungseinrichtungen des Militärs sollen auch nach Absolvierung des Präsenzdiensts zur Verfügung stehen. Bereits während des Präsenzdiensts soll es auf Basis der "Rot-Weiß-Rot-Fibel", die gerade in Ausarbeitung ist, einen Unterricht in Staatsbürgerkunde und politischer Bildung geben.

12. PILOTPROJEKTE: Die von Verteidigungsminister Darabos gestarteten Berufsheer-Pilotprojekte sollen nach Ansicht der ÖVP sofort beendet werden, da sie "nur unnütz Budgetmittel verschlingen". Die dadurch frei werdenden Gelder sollen in Ausbildung der Rekruten und Verbesserung der Infrastruktur, speziell der Unterkünfte der Präsenzdiener, investiert werden.

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