Nach der Schockstarre

Die Woche im Rückblick.
Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Denn auch das ist Österreich: Der Punsch als Vater des Gedankens.

von Michael Hufnagl

über die Woche im Rückblick

Es herrschte offenbar Alarmstufe Rot-Schwarz! Möglicherweise wurden daher trotz des heftig propagierten Verhandlungseifers für das Koalitionskonstrukt „Das ganz andere More-of-the-Same“ auch noch eigene Arbeitsgruppen zur Bekämpfung des akuten Imageproblems gegründet. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Regierungsmitglieder plötzlich in Rudeln ausschwärmten, um allerlei sonderbare Ergebnisse unter das Volk zu bringen.

Die Task Force eins, vielleicht „Die semantischen Schlaumeier“ genannt, dürfte für die Existstrategie aus der Wahlkampfschwindel-Misere verantwortlich sein. So erklärten uns die Politiker nach Überwindung der Schockstarre, dass das Loch gar kein Loch sei. Auch weder Lücke noch Krater, und eine Budgetbrez’n schon gar nicht. Nix da, es soll nur als 18 Milliarden Euro umfassendes „strukturelles Defizit“ gesehen werden. Und dass zur Begleichung der Maastricht-Rechnung bei der Annäherung an das Nulldefizit (wehe, Sie lachen) 33 Milliarden eingespart werden müssen, was aber kein Grund zur Sorge sein darf. Na also. Nur strukturelle Nörgler diagnostizieren da eine bösartige Form von Schwindel-Sucht.

Ablenkung

Doch damit genau das nicht passiert, initiierte die Task Force zwei, vielleicht „Die Luxuskiller“ genannt, ruck, zuck ein pfiffiges Ablenkungsmanöver. So wurde gut vernehmbar die Jagd auf die Privilegienfürsten eröffnet. Denn wenn man einem ehemaligen Nationalbank-Präsidenten und dessen 32.000-Euro-Pension nach Jahrzehnten der Wurschtigkeit plötzlich „So nicht!“ zuruft, dann ist der Applaus der erzürnten Masse immer noch gewiss. Oh ja, moralischer Anstand wird sicher wieder zwischen allen Zeilen des Regierungsprogramms stehen, und daher soll es jetzt den Edelpensionisten von OeNB, ÖBB, ORF, Sozialversicherung, Politik und Kammern an den Nerzkragen gehen. Und ehe wir überhaupt richtig die Faust ballen und „Wo bleiben die Reformen!?“ brüllen können, sind schon wieder 50 Mille eingespart. Bravo! Noch ca. 350 solche Aktionen, und das Defizit kann sich aber so was von strukturell über die Häuser hauen.

Kampfmaßnahmen

Die Task Force drei, vielleicht „Die Feindbildhauer“ genannt, kümmerte sich derweil darum, wie es gelingen könnte, zu einem perfekten Zeitpunkt den Lehrer-Gewerkschaftern ein gepfeffertes „Schluss mit Dialog“ zu übermitteln. Und wann, wenn nicht jetzt, am Höhepunkt der Lochwitz-Konjunktur, sollte die Regierung zur Schwarzer-Peter-Weitergabe ein Dienstrecht-Exempel statuieren? Die GÖDmänner spielen aber so oder so auf der Klaviatur der Kampfmaßnahmen. Auch, weil der selbst angerührte Beton trotz zahlreicher Sprengmeister in den eigenen Reihen längst unzerstörbar scheint. Also sagte Chef-Gewerkschafter Kimberger: „Es geht um die Kinder“. Womit er zumindest beweist: Humor hat er.

Abseits der politischen Stegreifbühne haben sich die Promis des Landes übrigens längst in die Komfortzone des Charity-Wesens verfügt. So daneben können sie sich gar nicht präsentieren – ab nun, einen Monat vor Weihnachten, heiligt der gute Zweck alle noch so peinlichen Mittel. Denn auch das ist Österreich: Der Punsch als Vater des Gedankens.

michael.hufnagl(at)kurier.at

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