Lena: "Ich habe es überlebt"

Lena: "Ich habe es überlebt"
Lena Meyer-Landrut hatte nach dem Höhenflug, der auf ihren Sieg beim ESC 2010 folgte, mit einer drastischen Gegenreaktion zu kämpfen. Im KURIER-Gespräch erklärt sie, wie sie damit umging.

In manchen – schwachen – Momenten sagt sie es deutlich: "Ich habe es überlebt!" Lena Meyer-Landrut meint ihren Sieg beim Song Contest 2010, als sie gerade 19 Jahre alt war. Sie meint auch den Höhenflug, der darauf folgte. Aber vor allem meint sie die Gegenreaktion, die mit der versuchten Titelverteidigung beim ESC 2011 (sie wurde Zehnte) einsetzte. Gerade noch die coolste Person Deutschlands, "war plötzlich alles falsch, was ich gemacht habe."

Lena gab einige unglückliche Interviews, verwandelte sich vom unbekümmert offen plaudernden Fräuleinwunder zu einem im besten Fall kontrollierten, im schlimmsten Fall zickigen Star. Gerade hat sie ihr viertes Album "Crystal Sky" veröffentlicht. Im KURIER-Interview erzählt Lena, dass sie nichts bereut – und sich trotzdem einige ihrer Fußstapfen verweht wünscht.

KURIER: Sie sagen, Sie konnten bei "Crystal Sky" das erste Mal musikalisch machen, was Sie wollten. Warum erst jetzt?

Lena: Das hängt mit dem Älterwerden zusammen, mit der Erfahrung. Ich kam zum Song Contest über die Castingshow "Unser Star für Oslo", hatte aber nie vorher Musik gemacht. Für mich war das eine total tolle, aber völlig neue Welt, und ich habe das einfach alles mitgemacht. Aber irgendwann weiß man, was alles möglich ist. Damit kommt der Mut, das zu machen, was man will.

Sie sagten einmal, Ihr Ziel sei, beim renommierten Indie-Festival "Meltdown" in London aufzutreten. Auf "Crystal Sky" gehen Sie im Sound ein paar kleine Schritte in Richtung Indie. Warum keine größeren?

Ich will gar nicht komplett Indie sein. Ich sehe mich schon als eine Popkünstlerin, die im Mainstream-Radio gespielt wird. Deshalb gibt es Songs wie die Single "Traffic Lights", aber auch welche, die ein bisschen experimenteller sind. Ich glaube, da habe ich eine ganz gute Mischung hingekriegt.

Einer der besten Songs ist "Home" …

Der ist mir sehr wichtig. Den habe ich in London über den Tod einer Freundin geschrieben. Das war hart, ich habe dabei viel geweint. Aber es hat sich gelohnt. Dadurch konnte ich den Schmerz kanalisieren.

Lena: "Ich habe es überlebt"
epa03654388 German singer Lena Meyer-Landrut performs at Postbahnhof in Berlin, Germany, 08 April 2013. Winner of the 2010 Eurovision Song Contest for Germany, Lena Meyer-Landrut is touring in Germany to promote her new album. EPA/OLE SPATA
Im Titelsong "Crystal Sky"geht es darum, dass Sie die Vergangenheit auslöschen wollen. Meinen Sie damit Ihre ESC-Historie?

Auslöser für den Song war, dass ich in London mit dem Songwriter Jonny Coffer gearbeitet habe, und der einen unvoreingenommenen Zugang zu mir hatte. Der wusste nur, das ist eine deutsche Künstlerin, die heißt Lena. Das war wie eine weiße Schneelandschaft, die unbetreten ist. Aber in Deutschland sind schon so viele Fußstapfen drinnen – von allem, was man weiß und erfahren hat. Da kann das kein frischer, neuer Start mehr sein .

Wenn wir bei diesem Bild bleiben: Welche Fußstapfen würden Sie lieber verweht sehen?

Na ja, all die negativen Sachen – Gerüchte, negative Schlagzeilen. Genau kann ich das nicht sagen und will es auch gar nicht. Und es gibt ja auch genug, was toll ist: Mein Privatleben, der Sieg beim ESC, die Alben, die ich gemacht habe. Ich würde sagen, dass alles gut war, so wie es gelaufen ist.

Es heißt aber, dass Sie unter dem Backlash schon sehr gelitten haben . . .

Es gab schon vorher Stimmen, die mich davor gewarnt haben, es könnte auch mal schlechte Kritik geben. Die waren eine Vorbereitung darauf, was in der Medienwelt normal ist. Kein Künstler, keine Person, die in der Öffentlichkeit steht, wird immer nur gut bewertet.

Aber es ist doch etwas anderes, wenn erst alle "Hurra" schreien und sich dann plötzlich gegen einen wenden. Wie sind Sie damit umgegangen?

Ja, natürlich ist das etwas anderes. Aber die Phase, wo sich alle gegen mich gewandt haben, musste wohl kommen, weil vorher eben alle "Hurra" geschrien haben. Klar geht das nicht spurlos an einem vorüber. Aber es war jetzt auch nicht mein Untergang. Und jetzt habe ich das Gefühl, dass sich meine Karriere auf einem ganz guten Level eingependelt hat.

Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die sie vom ESC mitgenommen haben?

Die Erfahrungen mit der Branche – was man macht und nicht macht, was man sagt und nicht sagt.

Sie waren zu Beginn sehr offen und unbekümmert. Waren Sie zu ehrlich? Was hätten Sie lieber nicht gesagt?

Ich habe nicht das Gefühl, dass ich irgendetwas gesagt habe, was ich jetzt bereue. Ich habe mein Privatleben immer rausgehalten, habe nie über meine Beziehungen, meine Eltern und mein privates Heim gesprochen. Ich meinte vorhin eher Situationen, wo man schlecht drauf ist und dann eine schlechte Kritik für ein Interview kriegt – dass man da an Professionalität gewinnt, sich die nötigen Freiräume schafft, wenn man überfordert ist. Einfach besser damit umgeht.

Was halten Sie von The Makemakes und ihrem Beitrag?

Ich finde, das ist ein sehr guter Song – so reduziert mit dem Klavier. Ich mag den sehr gerne. "I Am Yours" klingt authentisch und nicht so über-drüber dramatisch.

Werdegang
Lena Johanna Therese Meyer-Landrut wurde am 23. Mai 1991 in Hannover geboren. Sie ist die Enkelin des deutschen Diplomaten Andreas Meyer-Landrut. Ihr Vater verließ die Familie, als sie zwei Jahre alt war. Sie wuchs bei ihrer alleinerziehenden Mutter auf. Lena lernte als Kind Ballett, Jazz-Dance und Hip-Hop und trat 2009 als Laiendarstellerin in Fernsehserien auf.

Eurovision Song Contest
Im Herbst 2009 bewarb sich Lena für die von Stefan Raab initiierte Casting-Show „Unser Star für Oslo“, die deutsche Vorausscheidung für den ESC. Sie gewann mit dem Song „Satellite“ und in der Folge auch den ESC. „Satellite“ wurde in Deutschland, Schweden Finnland, der Schweiz und Dänemark zum Nummer-eins-Hit. Auf Betreiben von Stefan Raab trat sie 2011 beim ESC zur Titelverteidigung an. Danach arbeitete sie als Synchronsprecherin und als Coach bei „The Voice Kids“. Lena hat vier Alben veröffentlicht.

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