Invasion der Roboter

Spin Master
Willkommen im digitalen Kinderzimmer. Michael HOROWITZ über elektronische Spielkameraden und Teddybären als Spione.

Roboter erobern das Kinderzimmer. Einer dieser digitalen Spielkameraden ist seit kurzem auf dem Markt. Mehr als einen Meter groß ist das rund 300 Euro teure Zukunftswesen mit dem ziemlich sperrigen Namen Meccanoid G 15KS. Der Roboter des kanadischen Spielwarenherstellers Spin Master mit riesigen, leuchtenden LED-Augen kann tanzen, Befehle der Kinder ausführen, Geschichten und Witze erzählen. Und der neue Freund aus Polycarbonat merkt sich Namen und Geburtstage. Acht Motoren sorgen für die Beweglichkeit des Roboters, als Gehirn dient ihm ein 16-Bit-Mikrocontroller, der sich per Mini-USB mit dem Computer verbinden lässt, um dann programmiert zu werden. Über die Smartphone-Kamera filmt man seine Bewegungen, die er synchron nachahmen kann. Doch zuerst muss er zusammengebaut werden. Denn der neue elektronische Freund im Kinderzimmer wird in 1100 Einzelteilen geliefert.

Schon in wenigen Jahren werden die Plastik-Herren die Kinderzimmer besetzt haben. Sie stehen bereits in den Startlöchern: Ab 27. Jänner wird auf der weltweit größten Spielwarenmesse in Nürnberg die nächste Roboter-Generation präsentiert. In Japan unterrichten sie bereits an Schulen. Im Land der Roboter werden die digitalen Maschinen längst in Spitälern, Einkaufszentren, Pflege- und Altersheimen eingesetzt. Und in japanischen Schulen fragen Roboter seit kurzem Vokabeln ab, halten Vorträge über den Schwertkampf, die Tugenden der alten Samurai oder die Herrschaft der Shogune. Und zeigen im Turnsaal wie man beim Spagat langsam zu Boden geht. Lehrer und die rund 12.000 Euro teuren Kollegen aus Kunststoff arbeiten bereits heute als Team. Die klassische Hierarchie zwischen Lehrenden und Lernenden wird reduziert. Mit dem Roboter als emotionslosem Vermittler. Obwohl sie 25 Sprachen sprechen, sind die digitalen Helfer noch nicht ausgereift: Entweder können sie nicht auf Rückfragen reagieren oder sie missverstehen die Schüler. Denn ihre bescheidene künstliche Intelligenz hält sich weiterhin in Grenzen, der Wortschatz ist noch nicht entwickelt – sinnvolle Antworten sind bisher nicht möglich.

Hiroshi Ishiguro, der Direktor des Intelligent Robotics Laboratory in Osaka, einem der weltweit führenden Forschungsinstitute für Robotik, hält die digitalen Kollegen der Zukunft für die besseren Lehrer: Schüler sehen sie als ihre Freunde, die weder Befehle erteilen noch schlechte Noten geben müssen. Für Verwunderung sorgte Ishiguro bei einem Vortrag an der Technischen Hochschule Zürich, als er angab, dass sein maschineller Doppelgänger Geminoid durchaus schon ein akzeptierter Spielpartner für seine fünfjährige Tochter sei.

Invasion der Roboter
Patent Google X Wo03 Zukunft
Bizarr, sogar bedrohlich ist der Plan von Google: Das Kinderzimmer der Zukunft soll überwacht werden. Der Konzern bastelt bereits an einem intelligentenanthropomorphen Gerät, also an einem Roboter mit menschlichen Fähigkeiten. Vor drei Jahren meldete das Forschungslabor X des Silicon Valley-Unternehmens ein Patent für Stofftiere an, die mit den Kindern sprechen und deren Antworten an Server übertragen sollen. Bei der Ausspionierung des Kinderzimmers sind Plüschhasen, Teddybären & Co mit Kameras in den Augen und Mikrofonen in den Ohren ausgerüstet und reagieren auf Befehle. Spricht ein Kind das Kuscheltier an, schaut es in dessen Richtung. Und die Kinder werden bei allem beobachtet, was sie tun. Die Auswertung wird per WLAN an einen Cloud-Server geschickt und dort gespeichert. Big Brother-Übertragung aus dem Kinderzimmer. DasTime Magazinebezeichnet den Plan der Google-Grusel-Hasen alsFurcht einflößend. Hoffentlich muss man die Stofftiere seiner Kinder in Zukunft nicht genauer beobachten.
Invasion der Roboter
wo02

Spione im Kinderzimmer: Teddybär und Hase hören mit. Sind das die Spielkameraden der Zukunft? Der Roboter des Unternehmens „Spin Master“ kann tanzen, Befehle ausführen, Geschichten und Witze erzählen.

michael.horowitz@kurier.at

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