Polizeipräsident: "Szene steht unter Beobachtung"

Polizeipräsident: "Szene steht unter Beobachtung"
Gerhard Pürstl über Kritik an seiner Truppe und über neue Herausforderungen. Mit Video-Interview.

Blutige Tschetschenen-Fehde mit vier angeschossenen Männern und acht Verhaftungen in Floridsdorf, Straßenschlacht in Ottakring zwischen Serben und Albanern, Kinderbanden auf Geldbörserl-Beutezug in der City, Dutzende Verletzte bei Tumulten rund um den Akademikerball zwischen rechtem und linkem Lager, Kritik an der Räumung eines von Demonstranten besetzten Spekulanten-Hauses und eine Wachzimmer-Reform mit Startschwierigkeiten. Polizeipräsident Gerhard Pürstl nimmt im Interview zu diesen heiklen Themen Stellung.

KURIER: Eine Familienfehde unter zwei Tschetschenen-Clans forderte Mittwoch vier Schussopfer. Entgleitet die Tschetschenen-Szene der Polizei?

Gerhard Pürstl: Zu diesem aktuellen Fall laufen die Ermittlungen. Aber die Tschetschenen-Szene steht seit geraumer Zeit unter Beobachtung. Die Community wird durchleuchtet.

Bereitet das brutale, aggressive Vorgehen der Akteure der Polizei Probleme?

Nein. Denn diese Leute stehen zu ihren Verbrechen. Sie sprechen in den Verhören über die Situationen. Es regiert ein ganz anderer Kodex. Körperliche Unversehrtheit zählt in dieser Migranten-Gruppe nicht viel, denn es handelte sich um eine interne Auseinandersetzung.

Straßenschlacht auf der Balkan-Meile in Ottakring. Albaner provozierten Serben nach einem im TV übertragenen, abgebrochenen EM-Qualifikationsspiel. Die Situation eskalierte. Erst ein Großaufgebot der Polizei beruhigte die Lage nach 2,5 Stunden. Muss mit weiteren Krawallen gerechnet werden?

Niemand konnte ahnen, dass dieses Match abgebrochen wird. Auch die Reaktion war nicht vorhersehbar. Trotzdem konnte die Exekutive, dank schnellem Zusammenzug der Kräfte, die Lage beruhigen. Das Grätzl ist ein Hotspot. Verstärkte Streifentätigkeit ist aufrecht. Weitere Krawalle in dieser Qualität erwarte ich aktuell nicht.

Stichwort Großeinsätze: Das Polizeiaufkommen bei der Räumung der Pizzeria Anarchia und die Krawalle beim Akademikerball gerieten heftig in die Kritik. Welche Lehren zieht man daraus?

Beide Einsätze wurden bereits evaluiert. Die Räumung der Pizzeria Anarchia verlief aus Sicht der Polizei reibungslos und ohne Verletzte. Medien wollten nur den Skandal sehen, dass 1450 Polizisten abrufbereit waren. Wir wollten aber kein Risiko eingehen. Betreffend Akademikerball waren wir mit einer Gewaltszene konfrontiert, die wir vorher so nicht kannten. Die Demonstranten wollten einfach nur randalieren. In Zukunft sind wir darauf eingestellt.

115 bosnische Mädchen sollen organisierte Taschendiebstähle begehen. Wie geht man mit dieser Kriminalitätsform um?

Das ist kein Wiener Phänomen. Die Organisatoren sitzen im Ausland. Die Kinder sind strafunmündig oder geben es vor. Wir haben eine eigene Gruppe im Landeskriminalamt geschaffen. Aber da ist auch die Jugendwohlfahrt gefragt. Bislang können die Kinder nicht angehalten werden. Die Frage ist: Was ist möglich, welche Maßnahmen können wir setzen? Da sind sich die Juristen uneinig.

Die groß angekündigte Wachzimmer-Reform steht in der Kritik. Besteht ein Zeitverzug?

Es gibt ein Konzept, dass von Stadtchef Häupl und Innenministerin Mikl-Leitner abgesegnet wurde. Daran gibt es nichts mehr zu rütteln. Rund um die Uhr sind 85 Streifenwagen auf der Straße. Die Anfahrt zu Gewaltverbrechen beträgt 3 Minuten 40. International ein Spitzenwert. Wir können nicht alle Übersiedlungen und Fusionen zeitgleich machen. Warum ein gutes Konzept über das Knie brechen? Mitte 2015 ist die Reform abgeschlossen.

Telefonsprechstunde."Pürstl, Grüß Gott." – Der erste Anrufer war Herr Koller, der sich für Waffenbesitz interessierte. Seine Frage, wie schwierig es sei, illegalen Waffen auf die Spur zu kommen, beantwortete der Wiener Polizeipräsident so: "Die Sicherstellung illegaler Waffen ist immer eine Nebenerscheinung einer anderen Straftat. Die Waffen kommen nicht nur aus dem Ausland. Auch in Wien gibt es Umschlagplätze."

Anruferin Hannelore Geier befragte Pürstl zu einem Thema, das viele Wiener beschäftigt: "Warum wurde die Wachstube am Praterstern verlegt?" Außerdem machte sie den Polizeipräsidenten darauf aufmerksam, dass das neue Wachzimmer schlecht beschildert ist. "Wir sind über diese Infos sehr froh und werden uns darum kümmern. Das alte Wachzimmer am Praterstern war leider zu klein und musste deshalb schließen", erklärte Pürstl.

Der Anruf von Herrn Hösl war heikler. Er warf dem Präsidenten vor, dass ihn Polizisten bei einer Verkehrskontrolle rüde behandelt hätten. "Es ist wichtig, wenn wir darauf hingewiesen werden. Unter der Bürgerinformation können Sie sich über die Polizisten jederzeit beschweren. Bewiesene Verfehlungen haben schließlich Folgen für die Beamten." Bürgerinformation: 01/31310 78900

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