Krimi um ukrainischen Oligarchen in Wien

Firtasch könnte nach seiner Entlassung nun im nun im Visier der Ukraine stehen.
Fall Firtasch: Heimische Ermittler von ausländischem Geheimdienst beschattet? Ukrainer festgenommen.

Führt die Verhaftung des ukrainischen Oligarchen und Putin-Vertrauten Dmitry Firtasch jetzt auch noch zu einem Agentenkrieg auf Wiens Straßen? Donnerstag wurde ein Ukrainer festgenommen, der im Verdacht steht, jene Kriminalbeamten beschattet zu haben, die Firtash festgenommen hatten.

Ein Update zu dieser Geschichte lesen Sie unter Fall Firtasch: Spion entpuppte sich als Bauunternehmer

Vom „Büro 3.1 Organisierte Kriminalität“ im Bundeskriminalamt weiß man nur, dass es dem Ministerialrat Ernst Geiger untersteht. Die Namen der dort eingeteilten Kriminalbeamten werden aber streng geheim gehalten. Sie brauchen diesen Schutz, denn sie werden auf die gefährlichsten Fälle der Republik angesetzt.

Observationsziel

So waren es auch Beamte dieser Abteilung, die mit der Verhaftung des Oligarchen beauftragt wurden. Die führten sie am 12. März mit Unterstützung der Spezialeinheit EKO-Cobra in der Wiener Schwindgasse unweit seines Firmensitzes durch.

Als die beiden Beamten Donnerstagmittag am Schwedenplatz unterwegs waren, schöpften sie den Verdacht, dass sie nun selbst Ziel einer Observation wären. Aufgrund ihrer Ausbildung kennen sie jene Methoden, mit denen man zufällig herumlungernde Zeitgenossen von feindlichen Agenten unterscheiden kann.

Als sie sicher waren, dass sie Ziel einer Geheimdienstoperation sind, nahmen sie einen Verdächtigen fest. Am nächsten Polizeiwachzimmer stellte sich heraus, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Ukrainer handelt.

Der Mann behauptete anfangs, er sei Diplomat. Diese Angaben konnten aber rasch widerlegt werden. In weiterer Folge gab er an, schon lange in Wien zu wohnen. Jegliche Agententätigkeit bestreitet er aber. Den Fall übernahm das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT). Den Fahndern stellt sich eine Reihe von Fragen. Es gibt zwar Menschen, die in einer Art „Geheimdienstpsychose“ leben und sich wie Geheimagenten verhalten – aber warum interessierte der Ukrainer sich ausgerechnet für die exponiertesten Beamten des Bundeskriminalamtes?

Absicht

Der mögliche Hintergrund könnte aber auch sein, dass ein ukrainischer Geheimdienst versucht, über die Beschattung der beiden Beamten an den Aufenthaltsort von Firtasch heranzukommen. Denn der hat sich nach seiner Freilassung an einen geheimen Ort zurückgezogen. Die Vernehmungen dauerten bis tief in die Nacht.

Gegenobservation

Einen ähnlichen Fall haben die Kriminalisten schon einmal erlebt. Im November 2011 wurde das Bundeskriminalamt von Privatdetektiven beschattet, während dort ein ehemaliger Geheimdienstchef aus Kasachstan vernommen wurde. Den Kriminalbeamten fiel das verdächtige Treiben rund ums Amtsgebäude auf, und sie starteten eine „Gegenobservation“. Dabei stellten sie fest, dass das Gebäude von fünf Personen in vier Fahrzeugen umstellt war. Später behauptete ein Wiener Rechtsanwalt, er habe den Detektiven den Beschattungsauftrag geben, um allfällige Rechte seiner Mandanten zu wahren. Bei der Staatsanwaltschaft Wien vermutet man aber, dass die Observation im Auftrag des kasachischen Geheimdienstes lanciert wurde, um den Aufenthaltsort des geflüchteten Ex-Geheimdienstchefs zu erfahren.

Dmitry Firtasch, 48, ist ein Big Player: Er wurde in der Bank-, Medien-, Gas- und Chemiebranche reich und verfügt über beste Kontakte zum ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch. In den letzten Jahren hat der Ukrainer viel Geld verloren, das US-Magazin Forbes schätzt sein Vermögen aktuell auf rund 500 Millionen Dollar. Firtash war Mitte März in Wien in Auslieferungshaft gekommen. Basis dafür war ein US-Haftbefehl, in dem ihm Bestechung in Zusammenhang mit Schürfrechten in Indien vorgeworfen wird. Seit 2006 ermittelt das FBI gegen den 48-Jährigen.

Gegen eine Kaution von 125 Millionen Euro – der bisher höchsten in der heimischen Rechtsgeschichte – wurde er enthaftet. Er darf Österreich nun nicht verlassen. Derzeit prüft das Oberlandesgericht Wien seine Beschwerde gegen die Auslieferungshaft. Die US-Behörden müssen hierfür noch Unterlagen nachreichen. Der 48-jährige Familienvater vermutet politische Motive hinter seiner Verhaftung.

Kommentare