200 Trafiken stehen vor dem Aus

Bei 97 Trafiken stehen die Kunden bereits jetzt vor verschlossenen Türen
Bis Ende Juni können sich Trafikanten eine Extra-Prämie holen, wenn sie ihr Geschäft schließen

Schnell vor Geschäftsschluss in die Trafik zum Lottospielen, Parkscheinkaufen oder natürlich Zigarettenholen. Das könnte in vielen Orten bald der Vergangenheit angehören. Immer mehr Trafiken müssen ums wirtschaftliche Überleben kämpfen. "Unter 400.000 Euro Tabakumsatz im Jahr rentiert sich das Geschäft nicht mehr. Leider ist das in vielen Betrieben der Fall", sag Tina Reisenbichler, Geschäftsführerin der Monopolverwaltung österreichischer Trafiken.

"Wir müssen schauen, dass sich der Umsatz nicht auf zu viele Betriebe verteilt. Deshalb sind wir aktiv auf Trafikanten zugegangen und haben ihnen angeboten, die Stilllegungsprämie in Anspruch zu nehmen", so Reisenbichler weiter. Besagte Prämie bringt den Trafikanten 66 Prozent der Handelsspanne aus dem Vorjahr. Im Schnitt sind das 30.000 Euro – ein Geschäft, das sich für die meisten Trafikanten lohnt. Die Monopolverwaltung rechnet daher mit 200 Schließungen bis Ende Juni. Im zweiten Halbjahr 2013 waren es österreichweit bereits 97 Trafiken, die sich auf diesen Deal eingelassen haben.

Wohngebiete betroffen

Viele Kunden sind mit den Folgen des finanziellen Anreizes zur Schließung aber ganz und gar nicht glücklich. Denn vor allem Wohngebiete und kleinere Orte sind betroffen. "Das Kaufverhalten der Österreicher hat sich verändert. Man kauft immer mehr dort, wo man arbeitet. Nicht mehr, wo man wohnt", erklärt Reisenbichler diese Entwicklung. Aber speziell Pensionisten und Menschen ohne Führerschein wird es schwerfallen, noch schnell Lotto zu spielen oder eben ohne viele Umstände Zigaretten zu kaufen.

"Groschengeschäft"

Als sich der KURIER bei Wiener Trafikanten umhört, kommen immer wieder die gleichen Aussagen: immer weniger Kundschaft. Petra Geringer betreibt sei 24 Jahren ihre Trafik in der Otto-Bauer-Gasse Ecke Gumpendorfer Straße. Die Zeiten sind hart geworden. "Durch das strenge Tabak-Gesetz müssen wir rein von den klassischen Trafikwaren leben. Aber das ist eben ein Groschengeschäft. Welche Waren wir zusätzlich verkaufen dürfen, ist lächerlich. An Kaugummi und Schokoriegeln verdienen wir nicht viel", erzählt die Trafikantin.

Konzepte gefordert

Die Genehmigung, Lederwaren zu verkaufen, brachte auch nicht das gewünschte Umsatzplus: "Es ist selten, dass Kunden bei uns Geldbörsen oder Taschen kaufen. Da geht doch jeder lieber in ein Fachgeschäft. Wir brauchen bessere Konzepte und Vorschläge vom Trafikantengremium", fordert Geringer.

Vermeintliche Zusatzerlöse aus dem Verkauf von Parkscheinen oder Fahrkarten sind auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, wie der Geschäftsführer des Trafikantengremiums, Rudolf Vogt, verrät: "Bei Fahrscheinen haben wir eine Gewinnspanne von zwei Prozent. Noch dazu muss man sich die Karten selber aus der Zentrale der Wiener Linien in Erdberg holen. Das rentiert sich absolut nicht. Auch vier Prozent Gewinn bei Parkscheinen ist nicht viel. Wo es die Scheine gibt, macht es der Trafikant nur noch als "Service für den Kunden" (siehe unten).

Aktuelles in Zahlen

- 41 Trafiken wurden im zweiten Halbjahr 2013 in Wien geschlossen.

- Aktuell gibt es in der Bundeshauptstadt 699 Trafiken.

- 56 Trafiken schlossen im gleichen Zeitraum in den anderen Bundesländern ihre Türen.

- 1880 sind noch im Geschäft.

- 3760 Betriebe dürfen in Österreich ebenfalls Tabak verkaufen, obwohl es keine Tabakfachgeschäfte sind. Beispielsweise Tankstellen und Gastronomiebetriebe.

- 66 Prozent des Jahresumsatzes gibt es bis Juli für Trafikanten, die die sogenannte Still­legungsprämie in Anspruch nehmen. Ab dann gibt es nur noch 44 Prozent.

Woher bekommt man eigentlich einen Parkschein, wenn die Trafiken bereits geschlossen haben? Also in der Mittagspause oder nach 18 Uhr? Eine Frage, die sich immer seltener stellt. Denn in Wien liegt der Anteil der Handyparker (siehe Geschichte oben) bereits bei knapp 50 Prozent.

Aber auch ohne Mobiltelefon ist es kein Problem, nach Geschäftsschluss zu Parkscheinen zu kommen. Denn die gibt es in sämtlichen Fahrscheinautomaten und Vorverkaufsstellen der Wiener Linien – sprich: in allen U-Bahn-Stationen, bei Tankstellen, ÖAMTC und ARBÖ sowie in vereinzelten Zigarettenautomaten – sofern der jeweils zuständige Trafikant den Aufwand auf sich nimmt, den Automat zu bestücken. Auskunft gibt die Homepage der Stadt Wien www.wien.gv.at.

"Wenig Beschwerden"

Dass sich die Möglichkeit, in U-Bahn-Stationen Parkscheine zu kaufen, vor allem bei auswärtigen Autofahrern noch nicht zur Gänze herumgesprochen hat, bestreiten Verkehrsexperten zwar nicht. Von einem Informationsdefizit in Wien will Chefjurist Martin Hoffer vom ÖAMTC aber nicht sprechen.

Im Gegenteil: Er berichtet von "auffallend wenig Beschwerden", die Problematik sei "praktisch nicht wahrnehmbar". Denn die Erweiterung der Parkpickerl-Zonen habe seit 2012 eine breite öffentliche Diskussion verursacht, die dazu führe, "dass die Leute gut informiert sind und sich dementsprechend vorbereiten, wenn sie nach Wien kommen".

Zum Teil wirke aber auch eine gewisse Resignation ob der erweiterten Parkpickerl-Zonen. Manche fahren einfach nicht mehr mit dem Auto in die betreffenden Bezirke.

Diese Wahrnehmung macht man auch bei der Parkraumüberwachung. Die Kontrollorgane wurden in den vergangenen Jahren zwar aufgestockt – zurzeit sind rund 440 im Einsatz. Die Strafen fürs Falschparken sind aber eher rückläufig.

Der Grund ist laut Wolfgang Schererbauer, Chef der Parkraumüberwachung, dass in den "neuen Gebieten" weniger Fahrzeuge vorhanden sind. "In den neuen Parkpickerl-Bezirken gibt es einfach mehr Parkplätze, weshalb weniger Leute falsch parken."

Über das genaue Ausmaß der Strafen wird laut Wiener Landespolizeikommando keine Statistik geführt.

Ausnahme

Apropos Wien: Die Bundeshauptstadt ist übrigens neben Klosterneuburg und Mödling eine der letzten Kommunen, die noch die vorgedruckten Parkscheine im Einsatz hat. Eine Umrüstung auf flächendeckende Parkscheinautomaten sei eine Kostenfrage, heißt es seitens der Stadt.

In Wien beträgt der Anteil der "elektronischen Parkscheine" bereits fast 50 Prozent. "Und er steigt fast monatlich an", berichtet der Chef der Parkraumüberwachung, Wolfgang Schererbauer. Ein Vergleich in Zahlen: Laut dem Büro von Finanzstadträtin Renate Brauner (SP) wurden 2012 in Wien rund 30 Millionen Euro per Mobiltelefon abgerechnet – das entsprach rund 42 Prozent der Parkschein-Einnahmen. 2013 waren es dagegen bereits mehr als 37 Millionen – etwas mehr als 47 Prozent. Tendenz weiter steigend.

In den anderen Landeshauptstädten – wo im Gegensatz zu Wien allerdings keine vorgedruckten Parkscheine, sondern Parkautomaten im Einsatz sind – sieht es ähnlich aus: Handyparken liegt schwer im Trend.

Kritik nimmt zu

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Der massive Zuspruch zum Handyparken bringt nämlich auch Kritik mit sich.

Martin Hoffer, Leiter der Rechtsdienste beim ÖAMTC, berichtet von zunehmenden Kunden-Beschwerden: "Viele sind mit dem Handyparken unzufrieden. Vor allem der Prepaid-Modus wird kritisiert. Es ist oft sehr verwirrend, wodurch dann oftmals auch versteckte Kosten entstehen können."

www.handyparken.at

www.paybox.at

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