Worst-Case-Szenarien: Viel intensivere Hitzewellen sind möglich

Rekordtemperaturen in Teilen Kanadas und Nordamerikas gemessen
Schweizer Forscher simulierten, wie sich das Aufeinandertreffen bestimmter metereologischen Bedingungen auswirkt.

Was passiert, wenn Hitzewellen bisherige Rekorde brechen und Auswirkungen auf Infrastruktur, Stromversorgung und Gesundheit der Menschen die Folge sind, zeigte sich im Jahr 2021, als Kanada mit einer Rekordhitzewelle zu kämpfen hatte. Das war für Forschende der Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH Zürich der Anlass für ihre aktuelle Studie. Sie suchten gezielt nach Worst Case-Szenarien in Europa.

Ihre in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse zeigen eine deutliche Tendenz: Hitzewellen in Europa könnten im schlimmsten Fall und wenn bestimmte metereologische Bedingungen aufeinandertreffen, schon heute die bisherigen Rekorde um bis zu drei Grad übertreffen. Damit würde auch die Intensität der aktuellen Hitzewelle bei Weitem übertroffen. Im Großraum Chicago wären sogar Hitzewellen von sechs bis sieben Grad über dem bisherigen Rekord möglich.

Mehr lesen: Gut bei Hitze: Die 7 besten Tipps für die Hundstage

Kein Alarmismus

"Es geht nicht darum, Alarmismus zu betreiben. Es handelt sich um sehr unwahrscheinliche Szenarien", betonte Studienleiter Erich Fischer auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es gehe darum, eine neue Planungsgrundlage zu schaffen. "Öffentliche Behörden oder private Firmen sollten sorgfältig testen, ob unsere Gesundheitssysteme wie Altersheime und Spitäler und Infrastruktur wie Stromversorgung oder Transportsysteme auf diese Ereignisse vorbereitet sind."

Motivation für die Studie war laut Fischer die Rekordhitzewelle in Kanada im Jahr 2021. In der kanadischen Ortschaft Lytton erreichten die Temperaturen Höchstwerte von 49,6 Grad Celsius - rund fünf Grad mehr als je zuvor. Die Hitzewelle führte zu zahlreichen gesundheitlichen Notfällen, Hitzetoten und Waldbränden. Sie hatte auch Auswirkungen auf die Infrastruktur, insbesondere auf die Stromversorgung, da die hohe Nachfrage nach Klimaanlagen und Kühlungssystemen zu Stromausfällen führte.

Maßnahmen ergreifen

"Wir tendieren dazu, uns auf die schlimmsten Extreme einzustellen, die unsere Eltern oder Großeltern erlebt haben", sagte Fischer. In der Folge des Klimawandels unterscheiden sich die Risiken heute laut dem Forscher jedoch von denen der Beobachtungsperiode. "Oft werden erst im Nachhinein von solchen Extremereignissen Maßnahmen ergriffen", sagte Fischer. Das müsse sich ändern.

In der Studie argumentieren die Forscherinnen und Forscher deshalb, dass es wichtig sei, sich auf sogenannte "schwarze Schwäne" vorzubereiten. Als schwarzer Schwan bezeichnet man an der Börse ein Ereignis, das sehr unwahrscheinlich ist, aber trotzdem eintrifft. "Wir müssen das Undenkbare denken", sagte Fischer.

Kommentare