Tarnen, Tratschen, Temperieren: Warum Chamäleons Farbe bekennen

Chamäleons sind die Verwandlungskünstler des Tierreichs.
Launen der Natur: Die Reptilien sind zu Land tonangebende Verkleidungskünstler.

Seit 15 Jahren durchstreifen Forscher der Zoologischen Staatssammlung München selbst die entlegensten Wälder Madagaskars, um den Geheimnissen der Chamäleons auf die Spur zu kommen. Jüngst beschrieben sie drei bisher unbekannte Arten. Moderne Methoden, wie die Untersuchung der Schädelknochen und der bizarren Geschlechtsorgane durch Micro-CT und die Analyse von DNA-Sequenzen, machten es möglich. Vor zwei Jahren fanden eben diese Spezialisten durch Zufall heraus, dass manche ihrer Schuppenkriechtiere unter UV-Licht leuchten.

Diese Fähigkeit zu (un)sichtbaren Farbspielen interessiert uns am Faschingsdienstag – sind die kleinen Drachen doch Meister der Verkleidung.

Chamäleons können sich innerhalb von Minuten in gewisser Weise an ihre Umgebung anpassen. So wie im Comic-Film geht das natürlich nicht“, sagt Georg Gassner. Der Manager der Herpetologischen Sammlung im Naturhistorischen Museum Wien kennt den Stand der Forschung und weiß, dass es den Leguanartigen bei ihrem bunten Treiben in erster Linie um Kommunikation mit Ihresgleichen geht und nicht um Tarnung.

Unter der Haut

„Schlafende Chamäleons wirken besonders farbkräftig; da schlafen auch die Hautzellen“, erklärt Gassner. Wie Schweizer Kollegen 2015 entdeckten, geben Nanokristalle im Schuppenkleid den Ton an. Die „Erdlöwen“ – so die Übersetzung aus dem Griechischen – besitzen zwei übereinander liegende Schichten spezialisierter Hautzellen, die Licht mithilfe von winzigen Kristallen reflektieren. Der Abstand zwischen diesen setzt die Akzente: Verliebte Männchen ziehen alle Register. Eifersüchtige Artgenossen sehen orange. Unter Anspannung driften die Kristalle in der Haut auseinander und spiegeln langwelliges rotes Licht wider. Unterlegene Rivalen tragen schwarz. Grün dagegen heißt Entspannung.

Tarnen, Tratschen, Temperieren: Warum Chamäleons Farbe bekennen

Launen der Natur: Chamäleons beim Anpassen und Kommunizieren. Die Weibchen der neuen Art treffen gestresst aufeinander.

„Nicht alle Chamäleonarten kommunizieren gleichermaßen farbprächtig“, schränkt Gassner ein, und nicht alle Arten beherrschen diesen Disco-Trick. Der Großteil strahlt jedenfalls im Dunklen blau. Was das menschliche Auge nur unter UV-Licht erfasst, soll Artgenossen zu jeder Tages- und Nachtzeit sichtbar machen. Vor allem am Kopf fluoreszieren wilde Muster. Dünne und durchsichtige Haut überspannt dort die knöchernen Höcker, sodass die ultravioletten Strahlen direkt auf den Knochen treffen und von dort in blaues Licht umgewandelt werden.

„Es wird vermutet, dass der Farbwechsel den Reptilien darüber hinaus dazu dient, die eigene Körpertemperatur zu regulieren“, schildert Augenzeuge Gassner: In der Wüste Namibias präsentierte sich dem Reisenden ein tierischer Harlekin. Vom Scheitel bis zur Sohle war die zur Sonne gewandte Körperhälfte hell, die Schattenseite hielt sich bedeckt. Dunkle Töne speichern Wärme, helle kühlen ab.

Chamäleons haben noch viel mehr Besonderheiten als den Farbwechsel“, schließt Georg Gassner. Zum Beispiel ihre Augen. Aber das ist eine andere Geschichte.

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