Wird 2020 ein Gelsen-Jahr?
Im Vorjahr wurde ein "Super-Gelsen-Sommer" beschworen. Hubschrauber hoben in Au-Gebieten öfter ab als sonst, um die Blutsauger mit einem speziellen Granulat zu bekämpfen. Heuer ist noch alles möglich: Die Trockenheit im bisherigen Jahresverlauf hat das Auftreten der Stechmücken verlangsamt, der milde Winter keine Auswirkungen. Die weitere Entwicklung hängt vom Regen im Mai und Juni ab, aber nicht nur, weiß Experte Bernhard Seidel.
Stechmücken orientieren sich in erster Linie am Tag- und Nacht-Rhythmus. "Wenn die Nächte noch zu lange sind, dann reagieren sie nicht. Da bleiben sie in der Deckung", sagt Seidel. Wären der Winter und Frühlingsbeginn niederschlagsstark gewesen, gar mit Überschwemmungen, dann hätte es schon Ende März sehr, sehr viele Insekten geben können.
Zweite Generation
Aktuell ist die zweite Generation unterwegs, etwas früher als sonst. Bedeutend in dieser Hinsicht sei u.a. das Wasser im Siedlungsbereich. Angesichts der für die nächste Zeit als häufiger angesagten Niederschläge könne nun eine weitere neue Generation entstehen. Grundsätzlich würden aber derzeit große Stechmücken-begünstigte Plagen wie Hochwässer fehlen.
2013 Extremes Gelsen-Jahr
Im vergangenen Jahr sei der Mai sehr, sehr feucht gewesen, in Folge gab es im Raum Wien damals sehr viele Stechmücken. Den Höhepunkt im vergangenen Jahrzehnt sieht Seidel 2013 nach dem Jahrhundert-Hochwasser. "Da ist unmittelbar danach diese Massenentwicklung der Stechmücken gekommen und gleich darauf das Donauinselfest," erinnerte er: "Da sind viele Menschen 100-fach gebissen worden."
Wie der Wetterbericht
Als wesentlich in solchen Situationen sieht der Experte die mediale Vorwarnung. Damals sei das nicht ausreichend erfolgt. Seidel: "Da ist man dann vollkommen ausgeliefert. Man sollte sich im Vorfeld informieren oder informiert worden sein. Die Information, was Stechmücken angeht, ist so wichtig, wie der Wetterbericht selber." Und dem entsprechende schützende oder lockere Kleidung wählen.
Mensch als Wirt überschätzt
Grundsätzlich komme man natürlich viel mehr mit den Gelsen in Kontakt, je mehr man nach draußen geht. Besonders im Juni und Juli komme es da zu vielen Wechselwirkungen. Dabei werde aber die Funktion des Menschen als Wirt für die Stechmücken überschätzt. "Wenn sie auf uns angewiesen wären, wären sie erledigt. Dann wären sie eine aussterbende Gruppe", betonte Seidel.
Mehr als 40 Stechmücken-Arten in Österreich
Der Mensch ist nicht Nahrungsquelle Nummer eins. Vögel dagegen seien viel begehrtere Stech-Objekte. "Die sitzen in der Nacht ruhig und die Stechmücke kann sich die ganze Nacht über bedienen. Das sind viel bessere Beute-Objekte." Insgesamt kommen in Österreich mehr als 40 Stechmücken-Arten vor, weltweit sind es 300 bis 400.
Winterruhe
Stiche durch Stechmücken seien von März bis Dezember möglich. Das heißt laut Seidel aber nicht, dass es im Jänner und Februar keine Gelsen gibt. "Es gibt sie, nur sind sie in anderer Form vorhanden." Das Abtauchen der Stechmücken im Winter sei für sie ein großartiger Schutz, da die Leute in dieser Zeit auf sie vergessen. Erst im Sommer beim Auftreten der Stechmücken zu reagieren, sei zu spät. Wenn es dann wieder in den Winter hineingehe, werde gar nichts mehr gemacht. "So entstehen riesige Entwicklungsbereiche für Stechmücken."
Vorsorge durch wasserrechtliche Verhandlungen
Als wichtig empfindet Seidel auch in wasserrechtlichen Verhandlungen die Stechmücken-Problematik nicht außer Acht zu lassen. "Da könnte man mit ganz wenigen zusätzlichen Dingen Stechmücken-Barrieren einbauen, die verhindern würden, dass es zu einer Massenentwicklung kommt."
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