Tumor-Anzeichen im Blut ermitteln
Derzeit tüftelt man an der Nottingham Trent Universität und der Universität Sheffield an einem Selbsttest, der in der Lage sein soll, tumorspezifische Moleküle im Blut nachzuweisen, die einen frühen Hinweis auf das Wiederauftreten eines Tumors geben – noch bevor er auf Hirnscans sichtbar wird.
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Im Zentrum der Erfindung steht ein Stich in den Finger, um eine kleine Menge Blut zu gewinnen. Infolge wird das Blut mit dem sogenannten Lateral-Flow-Test analysiert. Dieses Testprinzip steckt hinter vielen gängigen Schnelltests. Die Methode kommt zum Beispiel bei HIV-Tests für daheim zur Anwendung. Auch Diabetiker greifen im Alltag zur Blutzuckermessung seit Jahrzehnten darauf zurück.
Spätestens seit der Corona-Pandemie kennt das Verfahren jeder: Auch bei Covid-Schnelltests kommt es zum Einsatz – und funktioniert so: Eine Probe (Blut oder Speichel zum Beispiel) läuft entlang von saugfähigem Material (etwa Papier), das an bestimmten Stellen mit reaktiven Molekülen bestückt ist. Diese werden so gewählt, dass eine Farbreaktion zustande kommt. Ist der gesuchte Stoff in der Probe, lässt sich das an einer farbigen Linie, die zusätzlich zum Kontrollstreifen erscheint, ablesen.
Einfach handhabbare Krankheitsüberwachung ermöglichen
"Kaum eine medizinische Technologie wird so gut verstanden wie der Lateral-Flow-Test", betont Medizintechnologe Philippe Wilson von der Nottingham Trent Universität im Guardian. Sie würde auch für Hirntumor-Patienten eine regelmäßige, einfach handhabbare Krankheitsüberwachung ermöglichen. Dem stimmt Expertin Lötsch-Gojo teilweise zu: "Diese Methode ist praktisch und könnte auch ein Gefühl der Sicherheit geben. Allerdings kann sie auch falsche Ergebnisse liefern."
Ob der neue Test wirklich funktioniert, "muss erst in großen Studien mit Tausenden Probanden evaluiert werden". Theoretisch wäre es aber denkbar, solche Selbsttests auch auf andere Krebsarten abzustimmen. "Wir wissen, dass Tumormarker im Blut zu finden sind. Schon jetzt verfolgen Fachleute während der Krebs-Therapie, wie sich diese Marker während der Behandlung ändern."
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Ola Rominiyi, Mitentwickler des Hirntumor-Tests, will noch einen Schritt weitergehen: Aktuell würden Patienten alle drei bis sechs Monate zur Kontrolle gebeten. Mit dem Selbsttest könnte man jede Woche effizient auf ein Wiederauftreten testen, "sodass schneller wiederkehrende Tumore in einem besser behandelbaren Stadium entdeckt werden".
Grundsätzlich begrüßenswert, sagt Lötsch-Gojo. "Das ist natürlich dann sehr sinnvoll, wenn ich weiß, dass der fortschreitende Tumor gut therapierbar ist." Gerade bei bösartigen Hirntumoren seien die Optionen aber leider oft noch begrenzt. "Wenn Strahlen- und Chemotherapie nicht wirken, hat man nicht viele Möglichkeiten."
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Test könnte Kosten einsparen
Laut Wilson und Rominiyi könnte der Test auch Gesundheitssysteme entlasten, indem der Bedarf an Routine-Scans zur Nachkontrolle verringert wird. Lötsch-Gojo sieht das kritisch: "Erfahrene Onkologen und Radiologen kann er nicht ersetzen."
Dass sich irgendwann jeder einmal im Monat auf Hirntumore testet, hält sie für ausgeschlossen – "und auch gefährlich, weil das Ängste schüren kann". Schlimmstenfalls würden Menschen fassungslos mit einem positiven Test alleine zu Hause sitzen, "nur, weil der Test falsch gelagert oder der Blutstropfen vertrocknet war".
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