Wer die Hilfe des Lehrers nur selten braucht, hat mehr Phasen, in denen er ohne Bildschirm lernt. Das hat Vorteile: „Drei Stunden am Monitor im Live-Unterricht sind anstrengend und reichen“, meint Maurer. Überhaupt seien analoge Phasen des Lernens wichtig: „Schüler können etwa Übungsbeispiele zum vorhandenen Stoff machen. Ältere können sich auch Neues erarbeiten – eine gute Vorbereitung auf die Uni.“
Auch wenn in Ybbs, wo berufsbildende höhere und mittlere Schulen unter einem Dach sind, das Homeschooling gut funktioniert, sei es nicht optimal: „Unsere Abschlussklassen hatten schon in der vierten Klasse einen Lockdown, jetzt wieder: Da fehlt schon einiges an Präsenzunterricht.“
Warum der so wichtig ist? „Schule hat viel mit Reflexion von persönlichen Zielen, mit sozialer Entwicklung zu tun. In der Klasse passiert normalerweise auch viel an Gruppendynamik: Solche Funktionen kann die Schule jetzt nur sehr eingeschränkt wahrnehmen.“ Diese Lernprozesse fehlen folglich auch.
Fürs Leben lernen
Der Direktor sieht auch Chancen in der Krise: „Oft funktioniert das Schulsystem nach dem Prinzip: Es gibt viele Prüfungen, auf die man hinlernt. Die wurden jetzt verschoben oder gar abgesagt. So bestand die Chance, eine Lernmentalität abseits dieses Drucks zu entwickeln. Zudem können junge Menschen zur Einsicht kommen, dass sie für sich und ihr Leben lernen. Gleichzeitig besteht natürlich die Gefahr, dass sich Schüler sagen: ,Ich schaffe die Note, auch ohne zu lernen’.“
Hier kommt der Pädagogik eine entscheidende Rolle zu – nämlich die, Schüler trotz der Umstände zu motivieren. Wie man das macht? „Der Schlüssel ist der permanente Dialog“, weiß Maurer. Die Lehrperson fragt zum Beispiel: „Wie kannst du am besten lernen? Was können wir als Pädagogen, was kannst du als Schüler tun, damit du bessere Ergebnisse erzielst?“ Und sie müssen vermitteln, wie wichtig es ist, dass Schüler ihre Zeit bestmöglich nutzen.
Nicht überfordern
Die Pädagogen kennen natürlich auch die Gefahren: „Wir dürfen junge Menschen nicht überfordern, weil sie dann abdriften.“ Da gilt es nah beim Schüler zu bleiben. Diese individualisierte Form des Unterrichts bleibt vielleicht auch nach Corona. Allerdings: „Lehrkräfte müssen dabei eine Balance schaffen, um nicht ins Burn-out zu schlittern. Denn individualisierter Unterricht ist weitaus arbeitsintensiver als Frontalunterricht.“
Hier ist der Direktor gefragt: „Ich versuche zu kommunizieren, dass Lehrer ein Gleichgewicht finden müssen.“ Sein Tipp an Kollegen: „Ihr müsst nicht nach jeder Online-Stunde etwas korrigieren wie nach einem Test. Ihr solltet aber immer sagen können: Das war heute guter Unterricht – die Klasse hat etwas mitgenommen.“
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