Kumpel statt Griesgram: Wie sich Schimpansen im Alter verhalten

Affige Freundschaften festigen sich.
Menschenaffen-Männchen konzentrieren sich in späteren Jahren verstärkt auf enge Freunde - so wie das Menschen tun.

Primaten unter sich: Beim Älterwerden zeigen Schimpansen und Menschen Parallelen im Verhalten: Wie Männer verändern Männchen im Laufe ihres Lebens die Zahl und Struktur ihrer Freundschaften. Das berichten US-Forscher nach einer Langzeitstudie im Fachblatt „Science“. Die Menschenaffen-Männchen konzentrieren sich demnach im späteren Lebensalter verstärkt auf enge Freunde.

Mit den Jahren kleinere soziale Netzwerke

In menschlichen Gesellschaften gebe es kulturübergreifend ein typisches Muster sozialer Beziehungen, schreibt das Team um Alexandra Rosati von der University of Michigan in Ann Arbor: Ältere Erwachsene haben demnach im Vergleich zu jüngeren Menschen kleinere soziale Netzwerke, die aber tendenziell erfüllender seien. Zudem steige mit dem Alter das Bedürfnis nach positiven Erfahrungen, während konfliktträchtige Beziehungen eher vermieden würden. Dies erklärten manche Forscher bisher damit, dass Menschen sich im Alter der Endlichkeit des Lebens bewusster würden.

Langzeitstudie in Afrika

Die US-Wissenschaftler haben im Kibale Nationalpark in Uganda die sozialen Beziehungen einer Gruppe von Schimpansen untersucht, deren Verhalten seit 1995 dokumentiert wird. Schimpansen - wissenschaftlich Pan troglodytes genannt - sind die nächsten Verwandten des Menschen im Tierreich, wie Homo sapiens gesellig und haben mit etwa 50 bis 60 Jahren auch eine lange Lebensdauer.

Männchen pflegen ausgeprägtes Sozialleben

Die Studie konzentrierte sich auf Männchen, weil sie ein ausgeprägteres Sozialleben haben als Weibchen, die bei Erreichen der Geschlechtsreife häufig die Gruppe wechseln.

Kontakte beobachtet

Das Team analysierte die sozialen Beziehungen von 21 Männchen im Alter von 15 bis 58 Jahren. Das Verhalten der einzelnen Tiere war im Mittel fast elf Jahre an durchschnittlich knapp 142 Tagen pro Jahr beobachtet worden. Dabei wurde aufgezeichnet, wie oft sie sich in einem Umkreis von fünf Metern zueinander aufhielten, wie oft sie nebeneinandersaßen, sich das Fell pflegten und ob die Beziehungen einseitig oder gegenseitig waren.

Friedliches Verhalten im Alter

Die Zahl der Freundschaften, bei denen sich beide Seiten gegenseitig das Fell pflegten, stieg mit dem Alter, während die Zahl der einseitigen Freundschaften sank. 15-jährige Schimpansen hatten im Mittel 2,1 einseitige und 0,9 gegenseitige Freunde. 40-Jährige hatten nur 0,6 einseitige und drei gegenseitige Freunde. Auch die Häufigkeit aggressiver Handlungen gegenüber anderen nahm im Alter ab. Und diese Veränderungen waren unabhängig vom Status des jeweiligen Tiers in der Gruppe.

Altersbedingte soziale Selektion

Dies sei der erste Hinweis auf altersbedingte soziale Selektion im Tierreich, schreibt das Team. „Diese Daten stützen die Sichtweise, dass der Alterungsprozess artenübergreifend grundlegende Verlagerungen von Kosten und Nutzen sozialer Interaktionen antreibt“, berichten die Forscher.

Schlüsse auf andere Primaten zulässig

In einem Kommentar in der gleichen Ausgabe von „Science“ schreibt Joan Silk von der Arizona State University in Tempe: „Die Autorinnen und Autoren liefern überzeugende Belege, dass sich männliche Schimpansen stark verhalten wie wir Menschen, während wir altern. Dieses Schema könnte auch bei anderen Primaten vorkommen.“

Motivation für Verhaltensänderung offen

Allerdings stellt die Studie die Sichtweise infrage, dass stärkere soziale Selektion mit dem Bewusstsein des endlichen Lebens zusammenhängt. Schimpansen sind zwar sehr klug, aber sie verstehen nicht, dass sie sterben werden“, wird Ko-Autor Richard Wrangham von der Harvard University zitiert: „Es ist viel wahrscheinlicher, dass bei Schimpansen etwas anderes erklärt, warum ihre Beziehungen im Alter positiver werden. Und dann stellt sich die Frage, ob das auch für Menschen gilt.“

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