Kirchgängerinnen bekommen mehr Kinder als Nichtreligiöse

Kirchgängerinnen bekommen mehr Kinder als Nichtreligiöse
Österreicherinnen wünschen sich im Schnitt zwei Kinder. Doch wer keiner Konfession angehört, bekommt meist weniger.

Ob man ein Einzelkind, die klassische Zweikindfamilie oder gleich eine Großfamilie will, hängt auch damit zusammen, wie religiös man ist. Das haben Forscherinnen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien in acht europäischen Ländern und mit Blick auf die christliche Religion untersucht – mit deutlich messbaren Ergebnissen.

Erst eins, dann zwei, dann drei Kinder – oder lieber gar kein Kind? Warum sich Frauen und Männer für oder gegen Kinder entscheiden, hängt auch mit ihrer Religiosität zusammen. Ob in Österreich, Schweden, Russland oder Polen: Menschen mit christlichem Religionsbekenntnis, die regelmäßig in die Kirche gehen, haben deutlich mehr Kinder. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfangreiche Studie, die jetzt im Fachjournal „Population, Space and Place“ veröffentlicht wurde.

Davon von 34.000 Menschen

Die Forscherinnen Isabella Buber-Ennser vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Caroline Berghammer von der Universität Wien haben Panel-Umfragen des Generations and Gender Surveys zwischen 2002 und 2016 hinsichtlich Religiosität, Kinderwunsch und tatsächlicher Kinderanzahl analysiert. Daten von rund 34.000 Menschen zwischen 18 und 45 Jahren aus acht Ländern Europas, darunter Österreich, Frankreich, Niederlande und Schweden, Polen, Russland, Bulgarien und Georgien, wurden bei dieser Längsschnittstudie ausgewertet.

Dass ausschließlich Angaben von Menschen christlichen Glaubens beziehungsweise Konfessionslosen untersucht wurden, erklären die Wissenschaftlerinnen durch die Datenlage und den wesentlich geringeren Anteil von Musliminnen und Muslime in den untersuchten Ländern.

 

Doppelt so viele Kinder wie Bekenntnislose

Religion spielt bei der Familienplanung auch heute noch eine zentrale Rolle, das legen die Ergebnisse nahe. „Unsere Studie bestätigt, dass sich praktizierende Christen, also jene, die regelmäßig einen Gottesdienst besuchen, mehr Kinder wünschen und auch tatsächlich bekommen, als nominelle Christen und Personen ohne Glaubensbekenntnis“, sagt ÖAW-Demographin Isabella Buber-Ennser.

Ein Beispiel dafür: In Österreich gaben praktizierende Christinnen im Alter von 20 und 29 Jahren an, sich zwei bis drei Kinder zu wünschen. Die 35- bis 44-jährigen praktizierenden Christinnen hatten dann im Durchschnitt zwei Kinder (1,8). Im Vergleich: Bei Frauen ohne Bekenntnis lag die gewünschte Kinderzahl der Altersgruppe 20 bis 29 bei zwei Kindern (1,9). Tatsächlich hatte die Altersgruppe 35 bis 44 dann aber lediglich ein Kind (0,9).

Zwar unterscheiden sich die Daten von Land zu Land, der allgemeine Trend aber sieht ähnlich aus: Bei den acht untersuchten Ländern wünschen sich praktizierende Christinnen in der Altersgruppe 20 bis 29 im Schnitt 2,5 Kinder, die 35- bis 44-Jährigen haben durchschnittlich zwei. Hingegen wünschen sich Konfessionslose nur zwei Kinder und haben im Durchschnitt 1,5 Kinder.

 

Religiöse Lehre und soziale Netzwerke

Aber welche Erklärungen gibt es dafür? „Ein Erklärungsansatz ist die pronatalistische religiöse Lehre: Familie und Kinder haben hier einen hohen Stellenwert. Zudem sind die Geschlechterrollen eher traditionell angelegt. Eine Rolle spielt auch der soziale Netzwerkeffekt: Kirchgänger sind in kinderreichen Netzwerken unterwegs und beeinflussen sich gegenseitig“, sagt Soziologin Caroline Berghammer, die an der ÖAW und der Universität Wien forscht. Das ist ein Befund, der über die unterschiedlichen Länder hinweg zu beobachten ist. Aber: „Die Effekte sind in Westeuropa deutlich stärker als in Osteuropa.“

Weniger Kinder in Osteuropa

Tatsächlich zeigen die Daten, dass in osteuropäischen Ländern der Kinderwunsch seltener realisiert wird als im Westen. Grund dafür ist aber nicht die Religion sondern vielmehr die Wirtschaft. Isabella Buber-Ennser: „Dass Menschen in Osteuropa weniger Kinder bekommen, als sie sich anfangs wünschen, hat weniger mit Religiosität, sondern mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie ökonomischer Unsicherheit zu tun.“ 

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