Granatapfel, Walnuss, Erdbeere: Liefern sie ein Mittel gegen Alzheimer?

Ein aufgeschnittener Granatapfel.
Aus Maus-Studien leiten Forschende der Uni Kopenhagen ab, dass ein Stoffwechselprodukt, das nach dem Verzehr von Granatäpfeln, Erdbeeren und Walnüssen gebildet wird, bei der Behandlung von Alzheimer günstig wirken könnte.

Schätzungen zufolge sind global über 46 Millionen Menschen von einer Demenz-Erkrankung betroffen. Alzheimer ist die verbreitetste Form. Wie die Krankheit genau entsteht, hat man in der Forschung noch immer nicht bis ins letzte Detail verstanden. Dennoch arbeiten Forschende weltweit an Behandlungsansätzen. An der MedUni Wien wird aktuell etwa die Wirkung von Antidepressiva erforscht. Noch dieses Jahr sollen in der EU Antikörper-Präparate zugelassen werden, die den Verlauf von Alzheimer erstmals bremsen können. 

Forschende der Uni Kopenhagen verfolgen einen anderen Ansatz: Urolithin A, ein Stoffwechselprodukt, das unter anderem im menschlichen Darm nach dem Verzehr von Granatäpfeln gebildet wird, könnte dem kognitiven Abbau entgegenwirken, schreiben sie in einer neu erschienenen Studie.

"Unsere Studie an Mäusemodellen mit Alzheimer zeigt, dass Urolithin A (…) Gedächtnisprobleme und andere Folgen von Demenz lindern kann", wird Vilhelm Bohr, Spezialist für neurodegenerative Erkrankungen an der Universität Kopenhagen, in einer Aussendung zitiert.

"Generell finde ich die Studie interessant", sagt Dietmar Winkler, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin und Leiter der Gedächtnisambulanz an der Universitätsklinik für Psychiatrie an der MedUni Wien. Das Finden und Erfinden von möglichen Therapiemodalitäten für Erkrankungen fange häufig beim Tiermodell an. "Vom Reagenzglas zum Tier zum Menschen haben wir aber mehrere 'Siebe', wo wir viele dieser Kandidaten verlieren", sagt der Experte in Anspielung auf klinische Studien, in denen Wirkstoffe auf ihre Sicherheit geprüft werden müssen, bevor sie beim Menschen zum Einsatz kommen. 

Im Falle von Urolithin A scheine aber beispielsweise die Toxizität, also eine potenzielle Schädlichkeit der Substanz, keine Limitation zu sein.

Klinische Versuche am Menschen in Planung

Ergebnisse aus Tierstudien lassen sich nicht einfach auf den Menschen übertragen, heißt es auch vonseiten der Studienautorinnen- und autoren. Dennoch zeigt sich Bohr optimistisch: "Auch wenn die Studie an Mausmodellen durchgeführt wurde, sind die Aussichten positiv (…) und klinische Versuche am Menschen in Planung."

Die Wirkung der Substanz dürfte über ein bestimmtes Molekül laufen, das eine Schlüsselrolle bei neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson spielt. Es trägt aktiv dazu bei, geschädigte Mitochondrien aus dem Gehirn zu entfernen. Die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, helfen dabei, Zellen im Körper intakt zu halten. 

Die Ergebnisse der neuen Studie zeigen, dass Urolithin A, dessen Vorläufer auch in Erdbeeren und Walnüssen enthalten sind, schwache Mitochondrien im Gehirn wirksam beseitigt.

Defekte Mitochondrien aus dem Gehirn entfernen

Bohr dazu: "Viele Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen leiden an einer mitochondrialen Dysfunktion, die auch als Mitophagie bezeichnet wird. Das bedeutet, dass das Gehirn Schwierigkeiten hat, schwache Mitochondrien zu beseitigen, die sich dadurch ansammeln und die Gehirnfunktion beeinträchtigen." Wenn es gelingt, den Mitophagieprozess zu stimulieren, kann sich das förderlich auswirken. 

Über die Dosis, die für entsprechende Effekte beim Menschen nötig sein könnte, herrscht noch Unklarheit. Weitere Studien sind vonnöten. "Wir können noch nichts Genaues über die Dosierung sagen. Ich kann mir aber vorstellen, dass es mehr als ein Granatapfel pro Tag ist", sagt Bohr, der nicht nur die therapeutische, sondern auch die präventive Wirkung von Urolithin A weiter erforschen will.

"Letztlich müssen wir zum aktuellen Zeitpunkt festhalten, dass für Urolithin A der Wirkbeweis am Menschen fehlt", summiert Winkler. "Wir benötigen also weitere Humanstudien und das wird aufgrund der Natur der Erkrankung, die es zu verhindern gilt, Jahre dauern." Sollten derartige Studien positiv verlaufen, "könnte sich das in Ernährungsempfehlungen für Risikopatienten niederschlagen".

Die Studie zu Urolithin A wurde in der Zeitschrift Alzheimer's and Dementia veröffentlicht und kann hier gelesen werden.

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