Gefährliche UV-Strahlung: Schutzschild der Erde wird wieder fester
"Ozonloch: Die Experten geben höchsten Alarm.“ – So lautete eine KURIER-Schlagzeile im Februar 1992. Damals gab es die Befürchtung, dass sich auch auf der Nordhalbkugel ein Ozonloch wie über der Antarktis bilden könnte.
Dieses Szenario ist nicht eingetreten: Laut einer gemeinsamen Studie der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), des UN-Umweltprogramms sowie europäischen und US-Behörden könnte sich die Ozonschicht innerhalb der kommenden Jahrzehnte erholen. Werde der derzeitige Weg beibehalten, könnte der Zustand vor der Bildung des Ozonlochs wiederhergestellt werden – und zwar bis 2045 über der Arktis, rund 20 Jahre später dann auch über der Antarktis und überall sonst bis 2040.
„Großer Erfolg“
Möglich gemacht hat diese Entwicklung 1987 das „Montreal Protokoll“, vielfach als das bisher erfolgreichste Umweltabkommen bezeichnet. Die unterzeichnenden Nationen verpflichteten sich darin, die Produktion von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) und anderen ozonzerstörenden Substanzen zuerst einzudämmen und schließlich vollständig zu stoppen. Davor waren sie als Treibgase in Sprays, als Kühlmittel oder bei der Schaumstoffproduktion zum Einsatz gekommen.
„Das Montreal Protokoll war ein großer Erfolg“, sagt Stana Simic vom Institut für Meteorologie und Klimatologie der Uni für Bodenkultur in Wien. Sie leitet dort den Forschungsbereich „UV-Strahlung und Gesamtozon“ und ist auch für die Ozonmessungen am Sonnblick (siehe li.) verantwortlich.
„Die Konzentration der ozonschädigenden Substanzen in der Stratosphäre ist seither um 20 Prozent zurückgegangen. Ohne das Verbot der FCKWs wäre die Situation heute eine ganz andere – auch in Österreich.“ Denn dann wäre die Intensität der UV-Strahlung seit den frühen 90er-Jahren bis heute um 20 Prozent angestiegen und hätte sich bis 2100 vervielfacht.
Den Erfolg des Montreal-Protokolls kann man am besten am Ozonloch über der Antarktis feststellen: Auch wenn dessen Größe von Jahr zu Jahr stark schwankt, zeigt sich eine deutliche Tendenz des Rückgangs.
„Stabilisierung“
„Über Österreich hatten wir nie ein Ozonloch, aber doch auch einen Rückgang der schützenden Ozonkonzentration in der Stratosphäre“, erklärt Simic. 2021 betrug er sechs Prozent im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 1926 bis 1978 (vor der Ozonabnahme). „Hier sehen wir zwar eine Stabilisierung, aber insgesamt noch keinen signifikanten Trend zur Erholung.“
In der oberen Stratosphäre spielen die ozonschädigenden Substanzen die größte Rolle: „Dort gibt es tatsächlich eine Erholung durch deren Rückgang.“ Anders sei dies in der unteren Stratosphäre: „In dieser hat das Wettergeschehen, die Meteorologie, den größten Einfluss auf die Ozonkonzentration. Und hier schwanken die Werte noch sehr stark. Deshalb ist der Gesamtwert zwar stabil, aber bisher nähern wir uns noch nicht den Werten vor dem Ozonabbau an.“
Ozonschicht
Die Atmosphäre der Erde wird in mehrere Schichten eingeteilt. Die unterste Schicht ist die Troposphäre, das „zweite Stockwerk“ die Stratosphäre. Dort befindet sich in 15 bis 50 Kilometer Höhe der Großteil des Ozons der Atmosphäre (90 %)
Schutzschild
Die Ozonschicht ist der Schutzschild der Erde. Sie filtert die schädliche UV-C-Strahlung der Sonne fast vollständig aus und schwächt die etwas weniger gefährliche UV-B-Strahlung größtenteils ab. Zu starke ultra-violette Strahlung schädigt Haut, Augen sowie Erbgut und schwächt das Immunsystem
Messungen
Seit 1994 werden von der Universität für Bodenkultur am Hohen Sonnblick im Auftrag des Umweltministeriums Ozon- und UV-Messungen durchgeführt. Die tagesaktuellen Messwerte sind im ORF-Teletext auf Seite 644 veröffentlicht
Möglicherweise spiele hier der Temperaturanstieg eine Rolle. „Die Erwärmung der untersten Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre, führt zu einer Abkühlung der Stratosphäre – das kann die Dynamik der Luftströmungen ändern.“ Ozonärmere Luftmassen aus der Arktis könnten dann leichter in unsere Breiten gebracht werden: „Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Treibhausgasen, Klimawandel und stratosphärischem Ozon werden die zukünftige Entwicklung der Ozonschicht stark beeinflussen."
Das Montreal Protokoll hat auch einen positiven Effekt auf den Klimawandel: 2016 wurde ein Verbot weiterer Kältemittel (teilfluorierte Kohlenwasserstoffe, HFKW) vereinbart, die lange als FCKW-Ersatz verwendet wurden. Dieses Verbot könnte die Erderwärmung bis 2100 um 0,3 bis 0,5 Grad abschwächen. HFKW greifen zwar nicht die Ozonschicht an, sind aber deutlich schädlicher für das Klima als etwa Kohlendioxid.
Wärmster Sommer
Wie wichtig derartige Maßnahmen sind, zeigen am Dienstag veröffentlichte EU–Daten: Demnach war der vergangene Sommer der bisher wärmste, der je in Europa gemessen wurde. Das Gesamtjahr 2022 war in Europa das zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen 1979. Und auch, wenn viele Fragen noch offen sind: Maßnahmen gegen den Klimawandel können auch eine weitere Erholung der Ozonschicht nur begünstigen.
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