In der Früh habe man im Labor begonnen, das Lasersystem aufzuwärmen und zu justieren. „Gegen 18 Uhr, wenn U-Bahn und Straßenbahn nicht mehr so häufig gefahren sind, haben wir mit unseren Messungen begonnen. Dann gab es weniger Störsignale. Und normalerweise sind wir erst um 6 Uhr in der Früh heimgegangen – natürlich nicht jeden Tag, aber doch oft. Schließlich wollte man ja keine Chance verpassen, Attosekunden zu messen.“
Attosekunden: Ultrakurze Lichtblitze, mit denen Bewegungen von Elektronen sichtbar gemacht werden können. „Es sind die kürzesten Impulse, die die Menschheit kennt“, sagt Unterrainer. Krausz konnte sie in einer Nacht im September 2001 an der TU Wien erstmals erzeugen und nachweisen – Unterrainer war da zwar nicht anwesend, aber „Krausz hat uns am nächsten Tag allen davon sehr aufgeregt erzählt“.
Damit gilt er als Begründer der Attosekundenphysik, die die Bewegungen von Elektronen in Echtzeit beobachtet und erforscht. „Das wurde 2002 in den Wissenschaftsjournalen als eine der bedeutendsten damaligen Entdeckungen bezeichnet. Die Arbeit schaffte es auch auf die Titelseite der New York Times.“
Mit den Lichtblitzen kann man etwa auf Moleküle in Zellen schauen – Veränderungen im reflektierten Licht können möglicherweise Anhaltspunkte auf beginnende, krankheitsbedingte Veränderungen in den Zellen sein.
Krausz studierte Theoretische Physik und Elektrotechnik in Ungarn, an der TU Wien promovierte er 1991 in Laserphysik. Ab den 90er-Jahren waren Unterrainer und Krausz Kollegen am Institut für Photonik der TU Wien – zuerst als Dozenten, dann als Professoren.
Über den Tellerrand
„Bis 2005 – damals wechselte er von der TU Wien als neuer Direktor an das Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching – war er auch in den Medien in Österreich immer wieder präsent. Etwa 2002 anlässlich der Verleihung des Wittgenstein-Preises durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)“, sagt sein früherer Kollege.
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„Und in der wissenschaftlichen Welt war er sowieso immer schon sehr bekannt – und das nicht nur im engsten Kreis der Fachspezialisten.“ Denn er sei ein sehr offener Mensch, „der über den Tellerrand schaut und auch den Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen anderer Disziplinen, etwa Chemikern oder Medizinern, sucht“.
Und wie ist er persönlich?
„Er ist ein sehr bescheidener Mensch, der überhaupt keine Allüren hat.“ Unterrainer erlebte ihn als „extrem zielstrebig und visionär, immer voller neuer Ideen und Pläne“. Und er sei auch noch „von der alten Schule“, was die Einsatzfreudigkeit betrifft: „Er arbeitet im Schnitt 100 Stunden die Woche, erwartet diesen Einsatz aber auch von seinen Mitarbeitern.“
Ein Motivator
Diese kann er aber auch sehr gut mit seiner Begeisterung motivieren – „das kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen. Er ist ein absoluter Teamspieler, der alle einzubinden versucht.“
Das Leben in Österreich habe er immer sehr geschätzt: „Seine Familie und er haben sich hier sehr wohl gefühlt.“
Hatte er Hobbys? „Außer Lesen und Laufen fällt mir da jetzt nichts ein“, denkt Unterrainer nach: „Aber wir verbrachten ja auch einen Großteil unserer Zeit im Labor.“
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