Bildungsexperte im Chat: Soll Durchfallen abgeschafft werden?

Die Maturanten werden ab 4. Mai wieder zur Schule gehen. Wie es mit den anderen Schulstufen weitergehen wird, wird nach Ostern entschieden.
Der Fahrplan für Maturantinnen und Maturanten steht. Viele andere Fragen sind noch offen. Martin Netzer, Generalsekretär im Bildungsministerium, hat einige beantwortet.

Wegen der Corona-Pandemie bleiben die Klassenzimmer derzeit leer. Am Mittwoch hat Bildungsminister Heinz Faßmann erste Eckpunkte präsentiert, wie das laufende Semester in den kommenden Wochen und Monaten organisiert werden soll.

Klarheit gab es dabei vor allem für Maturantinnen und Maturanten: Sie werden ab 4. Mai wieder die Schulbank drücken. Die Matura soll am 19. Mai – in knapp sechs Wochen – starten, möglicherweise auch erst eine Woche später. Allerdings in abgespeckter Form, also nur schriftlich. Der mündliche Teil wird heuer ausgesetzt.

Bildungsexperte beantwortet Fragen

Für die anderen Jahrgänge werden die Schulen frühestens Mitte Mai wieder im Normalbetrieb laufen. Viele Fragen sind noch offen. Für den KURIER hat sich Martin Netzer, Generalsekretär im Bildungsministerium, Fragenstellungen der Leserinnen und Leser gewidmet.

AKTUELLES ZU DEUTSCHFÖRDERKLASSEN: NETZER

Martin Netzer, Generalsekretär im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

Bildungsexperte Martin Netzer im Chat: Die Schule in Zeiten von Corona

  • |Marlene Patsalidis

    Vielen Dank fürs Mitlesen

    Und damit schließen wir unseren heutigen Live-Chat zum Thema Bildung und Schulen – und bedanken uns recht herzlich für Ihr Interesse!

  • |Marlene Patsalidis

    Sollen Schülerinnen und Schüler heuer nicht durchfallen können?

    Ich glaube, diese Frage muss man sich sehr genau anschauen. Klar ist, dass die derzeitige Situation zu keinen Nachteilen für Schülerinnen und Schüler führen darf. Da, wo schulische Leistungen bis zum 16. März negativ waren, müssen wir überlegen, ob man diesen Schülerinnen und Schülern etwas Gutes tut, indem man ein Wiederholen ausschließt. Wie wir konkret damit umgehen, das wird dann nach Ostern beziehungsweise Anfang Mai entschieden werden.

  • |Marlene Patsalidis

    Wie werden Lehrerinnen und Lehrer künftig im Schulbetrieb vor der Gefahr einer Infektion geschützt?

    Im Konferenzzimmer wird das gelten, was auch insgesamt in der Gesellschaft gilt. Mindestens ein Meter Abstand, Schutzmaske tragen und natürlich Händewaschen, bevor man das Konferenzzimmer betritt und nach jeder Unterrichtsstunde. Die entsprechenden Desinfektionsmöglichkeiten müssen hier bereitgestellt werden. Und ganz wichtig: Wir werden ermöglichen, dass auch Notenkonferenzen online stattfinden können. Hier wollen wir auch einen Beitrag leisten, dass sich möglichst wenige Menschen physisch zusammen in einem Raum aufhalten müssen.

  • |Marlene Patsalidis

    Wie geht es den vielen Kindern die keinen Computer und Internet haben? Es gibt Schülerinnen und Schüler, die ihre Lehrerinnen und Lehrer gar nicht erreichen können. Wir wissen von einem Fall, wo die Mutter um ausgedrucktes Schulmaterial betteln musste.

    Für den gesamten Bundeschulbereich beschaffen wir rund 12.000 Notebooks und Tablets, damit wir genau diese Schülerinnen und Schüler damit versorgen können. Die Geräte sollen leihweise zur Verfügung gestellt und über eine Plattform gezielt vermittelt werden. Die Kinder bekommen also das Gerät und geben es dann wieder zurück, wenn kein Bedarf mehr besteht. Ganz wichtig ist: Wir sehen aufgrund dieser Initiative, dass viele Bundesländer hier auch ähnliche Aktionen starten – etwa in Tirol. Eben, um Schülerinnen und Schüler mit Computern zu versorgen und ihnen das Lernen zu ermöglichen. Das ist insgesamt eine sehr gute Entwicklung.

  • |Marlene Patsalidis

    Müssen die Erziehungsberechtigten, die ihre Kinder in der Schule betreuen lassen wollen, eine Bestätigung vom Arbeitgeber bringen? Wer genau darf die Kinder derzeit überhaupt vorbeibringen?

    Nein, aus unserer Sicht ganz klar nicht. Die Eltern wenden sich an die Schule, besprechen es dort mit den Zuständigen und damit ist es erledigt. Ich weiß, dass manche Bundesländern hier Nachweise einfordern – wir im Bildungsministerium signalisieren aber, dass wir das für nicht sinnvoll und notwendig erachten.

  • |Marlene Patsalidis

    Was ist die Pflicht einer Lehrperson während der derzeitigen Betreuungszeit in Schulen? Wird gewerkt, gemalt – oder erhalten die Kinder der Beschäftigten in systemrelevanten Berufen quasi Nachhilfeunterricht?

    Diese Kinder werden pädagogisch sinnvoll beschäftigt, aber es wird kein neuer Stoff durchgemacht. Damit die Kinder, die aktuell Distance Learning machen, nicht benachteiligt sind. Zu dieser Betreuung gehört die Beaufsichtigung dazu und gerade unter gegenwärtigen Umständen wird auch verstärkt auf Hygiene geachtet. Deswegen haben wir auch kleine Gruppen. Der Betreuungsschlüssel liegt im Schnitt bei einer Lehrperson und vier Schülerinnen und Schülern.

  • |Marlene Patsalidis

    Gibt es Pläne zu einer Kinderbetreuung während der Sommerferien?

    Wie Bildungsminister Heinz Faßmann bereits betont hat, ist Ferienbetreuung ist nicht primär Aufgabe des Bildungssektors. Was wir vorbereiten sind spezielle Förderungen für Kinder, genannt Summerschools, also Sommerschulen. Das wären eben spezielle Trainingsangebote, um sich für das nächste Schuljahr gut vorbreiten zu können. Diese hätten dann aber primär eine Lehrfunktion. Wie das genau aussehen wird, müssen wir erst noch ausarbeiten.

  • |Marlene Patsalidis

    Angedacht ist, in den Schulen verstärkt Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Was ist hier konkret geplant?

    Wir arbeiten ein Hygienehandbuch aus, damit die Schulen ganz konkrete Tipps und wir vor allem auch einen einheitlichen Standard haben. Das umfasst zum Beispiel, dass alle Schülerinnen und Schüler sich die Hände waschen müssen, bevor sie die Klasse betreten. Das ist im schulischen Alltag sehr wichtig, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. Ein zweiter wichtiger Punkt: Wir sind gerade dabei, ausreichend Masken für alle Lehrkräfte zu besorgen und Flächendesinfektionsmittel für alle Schulen.

  • |Marlene Patsalidis

    Ist eine Öffnung der Schulen für alle Schülerinnen und Schüler ab Mitte Mai wirklich realistisch?

    Das ist wirklich spekulativ. Da müssen wir schlichtweg die Entwicklungen abwarten. Der Bundeskanzler hat angekündigt, dass er nach Ostern genauere Aussagen treffen wird, wie es weitergehen wird. Erst dann werden wir für den Bildungsbereich weitere Angaben machen können.

  • |Marlene Patsalidis

    Ich bin im letzten Semester einer Werkmeisterschule für Maschinenbau-Betriebstechnik in der Steiermark. Termin der Abschlussprüfung ist der 30 Juni. Kann man im Bildungsministerium schon abschätzen, ob dieser Termin eingehalten werden kann?

    Wir tun alles, dass die abschließenden Prüfungen noch vor dem Sommer stattfinden können und überlegen Maßnahmen zur Abwandlung von Prüfungen, ähnlich wie es bei der Matura der Fall ist.

  • |Marlene Patsalidis

    Wie sieht es für jene Berufsschülerinnen und Berufsschüler aus, die diesen Sommer ein Pflichtpraktikum absolvieren müssen? Wird dieses wie geplant ablaufen können?

    Wie es aussieht, können wohl viele nicht stattfinden. Auch weil Betriebe geschlossen haben, das betrifft vor allem den Tourismus. Hier wird es ganz klare Regeln geben, dass die Praktika erlassen und nicht nachgeholt werden müssen.

  • |Marlene Patsalidis

    Wir begrüßen Sie!

    Herzlich Willkommen in unserem KURIER-Live-Chat. Seit gestern wissen Österreichs Maturantinnen und Maturanten, was in den kommenden Wochen auf sie zukommt. Die Matura findet wegen des Coronavirus heuer unter ganz anderen Vorzeichen als sonst statt. So wird etwa nur in höchstens drei Fächern schriftlich maturiert, die mündliche Matura entfällt.

    Für alle anderen Schülerinnen und Schüler steht der finale Fahrplan für dieses Semester noch nicht fest. Auch bei Eltern und dem Lehrpersonal herrscht nach wie vor in vielen Punkten Unklarheit.

    Der KURIER versorgt Sie mit allen nötigen Informationen: Wir sind heute digital mit Martin Netzer, Generalsekretär im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, verbunden. Er widmet sich in der kommenden halben Stunde Ihren Fragen zum Thema Bildung.

Kommentare