Wer lernen will, muss atmen können

Symbolbild
Studie. In Klassenzimmern herrscht dicke Luft – darunter leiden die Konzentration und Gesundheit.

Schulklassen voll müder Gestalten, gelangweilter Gesichter und unkonzentrierter Kinder – so ein „Betriebsklima“ hängt nicht unbedingt mit fadem Stoff und langweiligen Lehrern zusammen. In Österreichs Klassenzimmern herrscht dicke Luft: Es gibt zu viel CO₂, es ist zu warm, zu trocken und es ist kaum Luftaustausch gewährleistet. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der unabhängigen Plattform MeineRaumluft.at, an der sich bundesweit mehr als 1000 Schulklassen beteiligt haben.

Der Mit-Initiator der Studie, Thomas Schlatte, erklärt: „Wir alle kümmern uns um das aktuelle Wetter, Feinstaub- und Ozonwerte oder Meldungen über Pollen und Blütenstaub. Doch bis zu 90 Prozent des Tages verbringen wir in Innenräumen wie Wohnung, Schule, Arbeitsplatz oder Auto. Mit der Raumluft befasst sich kaum jemand.“ Allerdings verbringen Schüler bis zu 50 Prozent ihrer Tageszeit in der Schule.

Wer lernen will, muss atmen können

„Wir kümmern uns um Außenluft, Feinstaub und Ozon. Wir verbringen aber 90 Prozent des Tages in Innenräumen.“ Thomas Schlatte MeineRaumluft.at Für die Studienleiter überraschend war das große Interesse der Schulen an der Messung ihrer Raumluft. Rund 2500 Schulklassen bewarben sich für die Aktion – knapp über 1000 konnten mit einem Messgerät ausgestattet werden. Die Schüler füllten daraufhin eine Woche lang Protokoll über CO₂-Werte, Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Zusätzlich wurden in 133 Klassen Luftionen-Messungen durchgeführt (Luftionen sind positiv und negativ geladene Luftteilchen – ein wichtiger Indikator für gesunde Raumluft). Die Auswertung der Daten hat gezeigt: In jeder zweiten Schulklasse sind die CO₂-Werte zu hoch, es ist zu warm und in jeder dritten Klasse ist die Luft zu trocken.

Die unangenehmen und – was die Lernumgebung betrifft – kontraproduktiven Folgen: Die Schüler sind müde, ihre Konzentration lässt nach, im Extremfall reagieren sie mit Kopfschmerzen und gereizten Atemwegen. „Die warme, trockene Luft trocknet die Schleimhäute aus und
schlägt auf die Leistungsfähigkeit durch“, sagt Schlatte. Seine Empfehlung: „Ein Mal pro Stunde sollte ein kompletter Luftaustausch stattfinden. In 94 Prozent der Klassen war das nicht einmal alle zwei Stunden der Fall.“ Also Fenster auf und optimalerweise Querlüften. Außerdem empfiehlt er, in der Klasse jeweils einen Lüftungsbeauftragten zu ernennen – die Schüler könnten sich die Aufgabe genauso wie den Tafeldienst aufteilen.
Schulwettbewerb Damit sich Schüler bewusst mit dem Thema Raumluft auseinandersetzen, hat die Plattform MeineRaumluft.at mit Unterstützung des Unterrichtsministeriums nun den Schulwettbewerb „Luftsprung“ ins Leben gerufen. Die dafür notwendigen „Luftsprung-Pässe“ können gratis unter office@MeineRaumluft.at angefordert werden.

Außerdem wurde gemeinsam mit dem Unterrichtsministerium eine Arbeitsgruppe „Raumluft in Schulen“ initiiert, die Empfehlungen und Informationen für Schulen und Ausbildungsstätten erarbeiten und bereitstellen soll.

Weiterführender Link:

www.meineraumluft.at

KURIER: Welchen Einfluss hat die Qualität der Raumluft auf unser Befinden?
Hans-Peter Hutter: Es muss jedem klar sein, dass ein gutes Innenraumklima das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Kindern und Lehrern fördert. Das gilt natürlich auch für Hörsäle, Seminarräume und Arbeitsplätze. Der CO₂-Wert ist ein guter Parameter für den Lüftungszustand und den Anteil anderer Schadstoffe in der Luft. Je mehr CO₂, desto stickiger und unangenehmer ist die Raumluft. Sie fühlt sich abgestanden an und es wird schwer, sich zu konzentrieren. Das ist kein gutes Ambiente, wenn es darum geht, besonders aufmerksam zu sein.

Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die man treffen kann?
Ein kurzes Öffnen der Fenster reicht meist nicht aus. Optimal wäre eine mechanische Lüftungsanlage. Wenn die nicht vorhanden ist, sollte man entsprechend in der Pause und zwischendurch lüften. Man kann auch den Innenverputz so anlegen, dass das Raumklima unterstützt wird. Außerdem sollte
man in der Heizperiode nicht zu stark heizen. Optimal sind 20 bis 22 Grad. Für Schulen gibt es die „Lüftungsampel“ – ein Gerät, das anzeigt, wenn die Luftqualität schlechter wird. Das ist auch pädagogisch wichtig: Die Kinder lernen, dass Lüften wichtig ist und setzen das auch zu Hause um, wo ohnehin oft zu wenig gelüftet wird.

Was kann man tun, wenn Lüften nicht möglich ist?
In der Schule zwar schwer umsetzbar, aber dafür in der Universität: Fünf Minuten rausgehen, durchatmen und ein bisschen bewegen. Da versäumt man zwar fünf Minuten, dafür ist der Organismus wieder aktiviert und aufnahmefähig.

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