Was für und was gegen einheitliche Herbstferien spricht

Kinder brauchen Pausen
Die alle Jahre wiederkehrende Feriendiskussion hat jetzt wohl ein Ende. Der KURIER-Bildungsbeirat nennt Vor- und Nachteile.

Haben Sie sich je gefragt, warum in Ost-Österreich die Sommerferien eine Woche früher beginnen als im Westen? Das hat ursächlich mit der Landwirtschaft zu tun: Westösterreich ist klimatisch anders begünstigt, die Erntezeit beginnt etwas später, daher der Unterschied.

Den gleichen Grund haben die Herbstferien, die es in 21 EU-Staaten gibt – auch da ging es ursprünglich um Erntearbeit. Ab 2020 wird Österreich ebenfalls bundesweit einheitliche Herbstferien haben: vom 27. bis 31. Oktober. Und weil danach gleich Allerheiligen und Allerseelen ist, verlängern sich die Ferien bis zum 2. November. Dafür werden die Dienstage nach Ostern und Pfingsten „kassiert“ und zu ordentlichen Schultagen. Auch so mancher schulautonome Tag fällt für die Regelung.

Wann bilden sich Lehrer fort?

Ungelöst bleibt die Frage der Lehrerfortbildung: Derzeit gibt es – je nach Schultyp unterschiedlich viele – schulautonome Tage, die schul- aber nicht arbeitsfrei sind. Die Schulen sollten diesen Tag nutzen, um Elternsprechtage abhalten zu können, intern zu konferieren und um die Pädagogen fortzubilden.

Von der Idee, dass Lehrer die Tage für Fortbildung nutzen, ist in der Praxis bisher wenig zu merken. „Das ist zu einem Teil verständlich, denn wenn alle Schulen unterschiedliche schulautonome Tage haben, wann sollen die Pädagogischen Hochschulen dann die Fortbildungen anbieten?“, fragt sich Michel Fleck, Direktor der „Gesamtschule“ in der Wiener Anton-Krieger-Gasse. „Zum anderen wurden die schulautonomen Tage als schulfrei aufgefasst. Das heißt, wenn man heute Lehrern sagt, an allen schulautonomen Tagen gibt’s Fortbildung, wäre der Aufschrei groß.“

So halten es andere Europäer mit den Herbstferien?

Was für und was gegen einheitliche Herbstferien spricht

Dass es eine zentrale Regelung gibt, findet der Bildungswissenschafter Stefan Hopmann gut: „Kinder brauchen immer wieder Erholungspausen von der Schule. Die ist für Kinder körperlich, psychisch und kognitiv anstrengend.“ Das gelte umso mehr in Zeiten, in denen Eltern immer größere Erwartungen an ihre Kinder haben.

Was passiert im heurigen Herbst?

Für das Schuljahr 2019/20 können die Bildungsdirektionen in den Bundesländern die Herbstferien noch auf freiwilliger Basis einführen. Umsetzen will das aber fast kein Bundesland. Kärnten, Wien, Niederösterreich, Salzburg und die Steiermark kündigten bereits an, 2019 noch bei der derzeitigen Regelung zu bleiben. Im Burgenland sieht es nach einem Verzicht aus: Man überlege noch, will sich aber an Wien, Niederösterreich und der Steiermark orientieren. Oberösterreich wartet ebenfalls ab, aus Tirol gab es vorerst keine Stellungnahme. Vorarlberg hat als einziges Bundesland bereits seit 2004 landesgesetzlich Herbstferien.

Kinderbetreuung

Bildungsminister Heinz Faßmann erklärte, dass er bis zum Start die Frage der Betreuung während der Herbstferien lösen will. Im Gegensatz zu den verstreuten schulautonomen Tagen hätten Eltern und Schulerhalter immerhin nun Gewissheit, wann eine Ferienbetreuung angeboten werden müsse. Im Bildungsinvestitionsgesetz will er entsprechende Maßnahmen vorsehen.

Übrigens: Auch die Wirtschaft begrüßt die neuen Herbstferien – es wurden aber auch Sorgen geäußert wegen des nun kürzeren Pfingstwochenendes.

Pro und Contra

Das spricht für Herbstferien:

Lähmende Diskussion: Die Mitglieder des neu gegründeten KURIER-Bildungsbeirats kennen die  Debatten rund um das Thema Herbstferien zur Genüge. Die meisten Pädagogen sind froh, dass eine Entscheidung getroffen wurde – auch wenn sie diese nicht uneingeschränkt befürworten,  wie z.B. AHS-Direktorensprecherin Isabella Zins: „Die jährlichen Endlosdiskussionen  in den Medien und in den Standorten  sind mühsam. Gut, wenn darüber nicht mehr geredet werden muss.“

Keine Pause: Besonders für die jungen Schüler ist die  Zeit zwischen Sommerferien und Weihnachten sehr lang. Darauf weist Volksschuldirektorin Sonja Schärf-Stangl hin. „Sie brauchen eine Unterbrechung.“

Kein Wort Deutsch: Für Kinder aus bildungsfernen Familien wäre es sicher sinnvoller, wenn sie kürzere Sommerferien und stattdessen  unterm Jahr einmal frei hätten. Michel Fleck von der Anton-Krieger-Gasse (als Gesamtschule geführte AHS): „Neun Wochen sind eine lange Zeit,  in der die Kinder viel vergessen, da geht es um Deutschkenntnisse, aber nicht nur. Auch in anderen Bereichen muss wieder vieles wiederholt werden.“

Einheitlich: Rainer Graf (Schulzentrum Ybbs) begrüßt, dass alle gleichzeitig frei haben.

Das spricht gegen Herbstferien:

Betreuung ist schwieriger:   Für berufstätige Eltern ist es jedes Jahr eine Herausforderung,  die Ferien zu organisieren: Ein einziger Tag  ist da einfacher als eine ganze Woche. Sonja Schärf-Stangl berichtet, dass viele  Volksschuleltern deshalb mit langen Herbstferien keine große Freude haben.

Weniger Fenstertage: Bisher wurden viele schulautonome Tage auf die Fenstertage nach Himmelfahrt oder Fronleichnam gelegt. „Doch in Zukunft könnte es sein, dass nur noch ein einziger schulautonomer Tag übrig bleibt. Ich bin gespannt, wie viele Schüler da im Klassenzimmer sitzen“, sagt Isabella Zins.

Sommerferien kürzen: Michael Sörös (Bildungsdirektion Wien) hielte  es für sinnvoll,  die Herbstferien durch kürzere Sommerferien zu ersetzen. Er befürchtet aber„dass sich  die Tourismuswirtschaft dagegen wehrt“. Außerdem gibt Rainer Graf zu bedenken: „Wer im Sommer unterrichten will, muss für kühlere Schulräume sorgen. Wir hatten bereits  im Juni 40 Grad im Klassenzimmer.“

Zu viele Unterbrechungen: Kaum geht die Schule  los, kommen die Schüler aus dem Rhythmus. „Wir haben z.B. jetzt im Herbst Sportwochen, kommen noch Ferien dazu, sind die Unterbrechungen zu groß“, sagt Isabella Zins.

Im Sommer zwischen drei und 13 Wochen frei

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