Sie sind die neuen Medienstars, vielleicht auch die neuen Helden, meist aber sind sie vor allem eines: männlich. Ob bei Pressekonferenzen oder TV-Auftritten, die Corona-Pandemie hat Virologen in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Und meist sind es eben die Männer, die in der Öffentlichkeit über die Krise sprechen, wie eine Untersuchung des Momentum Instituts belegt. Demnach wird nur jeder vierte Experten-Auftritt von einer Frau absolviert.
Eine ähnliche Situation zeigt sich bei einem Blick auf die Führungsriege der internationalen Virologie-Institute: Frauen sind die Ausnahme. Und das, obwohl sie in etwa genauso oft den Beruf des Mediziners ergreifen wie Männer. Nicht aber in Österreich. Hier sind die beiden wichtigsten Institute, nämlich jene an den Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck, fest in weiblicher Hand. "In Deutschland gibt es kaum Professorinnen, und alle Nachwuchsvirologinnen klagen über Diskriminierung im Bewerbungsprozess", erklärt Dorothee von Laer, Leiterin der Sektion für Virologie an der Uni Innsbruck.
Warum ist es hierzulande also anders? "Mein alter Chef hat im Gegensatz zu manchen seiner Kollegen Frauen genauso gefördert wie Männer", sagt Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Virologie-Leiterin in Wien. Mittlerweile sind sechs von acht Professoren an ihrem Institut Frauen.
Beide sind in dem Beruf durch Zufall gelandet. Puchhammer-Stöckl hat als Überbrückung zum Turnus ein Projekt an der Virologie begonnen. Es hat ihr so gut gefallen, dass sie geblieben ist. Einerseits, weil der Beruf "etwas Detektivisches" habe. Es gebe 200 Tests, mit denen man herausfinden könne, an welcher Virusinfektion ein Mensch leide, erzählt sie. Andererseits, weil man mit neuen Erkenntnissen nicht nur ein, sondern viele Leben retten könne.
Das Virus und die Fantasie
Bei ihrer Kollegin in Innsbruck war es ähnlich. Als junge Medizinerin ist sie in einem Projekt über HIV-Infektionen gelandet. Also entschied sie sich für einen Facharzt in medizinischer Mikrobiologie und Virologie. Was sie daran fasziniert? "Ich denke gerne abstrakt, und ein Virus kann man nicht sehen. Es findet alles in der Fantasiewelt statt", sagt von Laer. Im Laufe ihrer Karriere entwickelte sie nicht nur eine Gentherapie gegen Aids, sondern kürzlich auch ein Virus, das Krebszellen zerstört.
Derzeit kann sich aber keine der beiden ihrem Spezialgebiet widmen. "Corona überschattet alles", meint Puchhammer-Stöckl. Mit dem erneuten Anstieg der Corona-Zahlen habe sie – ebenso wie von Laer – gerechnet. "Es musste so kommen, wenn die Maßnahmen gelockert werden", so von Laer. Beunruhigt seien sie trotzdem nicht. Das Virus bleibe derzeit in den Clustern, das Contact Tracing funktioniere gut. Das sei aber nur eine Momentaufnahme.
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