Von wegen störrisch, Esel sind himmlische Begleiter

Esel sind Gesellschaftstiger.
Im Neuen Testament sind die Individualisten nicht erwähnt. Als Haustier sind sie klug, genügsam und zutraulich.

„Am dritten Tage nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus trat die seligste Maria aus der Höhle, ging in einen Stall hinein und legte ihren Knaben in eine Krippe, und Ochs und Esel beteten ihn an.“ Etwa acht Jahrhunderte nach der bekanntesten Stunde Null bekommt die Heilige Familie tierische Gesellschaft. Das Pseudo-Matthäus-Evangelium schmückt aus, was neutestamentlich nicht belegt und in älteren Darstellungen nur angedeutet ist. Dabei waren die grauen Unpaarhufer und die zugkräftigen Hornträger schon damals längst domestiziert.

Statistik

Auch heute kommen Esel fast in der ganzen Welt vor. Etwa 41 Millionen Tiere sollen es sein – in China, Pakistan, Äthiopien und Mexiko gibt es besonders viele. In Europa dagegen sinkt die Zahl seit den 1990er-Jahren. Für Österreich fehlt eine Statistik. Geschätzt leben hierzulande bis zu 2000 Eseln bei bis zu 1000 Haltern.

40 Rassen

„Ich verkaufe meine Tiere hauptsächlich an Privatpersonen, nur ganz selten an Bauern“, sagt Rainer Ludwig vom Wooly Lamahof Ludwig. Der Lehrer widmet sich im Nebenerwerb der Zucht von Zwergeseln (ab 900 €), Minieseln (ab 2000 €) und Spanischen Rieseneseln (ab 3000 €). Die weißen Barockeseln mit österreich-ungarischen Wurzeln findet der Steirer nur im Seewinkel und in Schloss Hof passend. Insgesamt sind derzeit knapp 40 Hausesel-Rassen anerkannt.

Geschenk

Bereits 4000 vor Christus wurden die Wildtiere gezähmt, um als Arbeits-, Pack-, Zug- und Reittiere eingesetzt zu werden. In den Industrieländern von heute sind Eseln eher Haustiere mit Spaßfaktor. Sie werden als Geschenk für Geburtstag oder Hochzeit angeschafft, zum Kutscheziehen oder zum Abgrasen kleiner Wiesen. „Die Käufer werden schwieriger und schwieriger. Bei den ersten Komplikationen wollen sie den Esel zurück geben“, ärgert sich Ludwig, der Geschäfte über Österreichs Grenzen hinaus macht.

Einzelhaltung

„Auf jedem Hof steht nur ein Esel. Die Alleinhaltung ist ein großes Problem“, klagt auch Ulrich Kettner von der Eselrettung Österreich. Der Verein, der auf Spenden angewiesen ist, versorgt derzeit 81 Esel mit trauriger Vergangenheit. Er holt die Tiere in die Obersteiermark, pflegt die genügsamen Fresser auf saftigen Wiesen und resozialisiert sie in der Gesellschaft von Artgenossen. Kettner erkennt jeden seiner Esel am Ruf.

Klug und zutraulich

„Esel sind so intelligent wie Delphine. Sie haben einen eigenen Kopf, das ist doch kein Nachteil“, findet der Tierschützer. Im Allgemeinen gelten die Nachfahren des Afrikanischen Esels als neugierig, durchaus gelehrig und sanftmütig. Die Ausnahme sind paarungswillige Hengste; sie können ungestüm sein. Im Gegensatz zum Fluchttier Pferd werden vor allem Eselwallache sehr zutraulich.

Hohe Lebenserwartung

„Esel gehen eine enge Bindung mit ihrem Besitzer ein. Sie sind super tolle Haustiere“, sagt KURIER-Tiercoach Katharina Reitl. Im Vergleich zu Hund und Katze sind sie „genau so individuell und unterschiedlich im Charakter“. In der Lebenserwartung übertreffen sie die beliebtesten Haustiere der Österreicher allerdings bei Weitem: Die Grauen können bis zu 40 Jahre alt werden.

Fachtierarzt

„Im Grunde sind Esel genügsam und sehr robust“, erklärt der Zoodoc aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Sie brauchen Gras oder Heu, Wasser und einen Unterstand, der sie in erster Linie vor Nässe schützt. In bestimmten Fällen kann ihre Versorgung trotzdem aufwendig werden: Nicht jeder Tierarzt kennt sich mit kranken Eseln aus, nicht jeder Pferdehufschmied kann die ponygroßen Vertreter der Pferdefamilie beschlagen.

„Esel sind super Kumpel“, resümiert KURIER-Tiercoach Reitl. Nicht zuletzt diese Eigenschaft macht sie zumindest zu gut erfundenen Begleitern der Heilige Familie.

Probleme mit dem Esel, der Katze, Sorgen um den Hund, Fragen zu Sittich, Schildkröte & Co? Schreiben Sie an: tiercoach@kurier.at

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