Zwei Esel waren in Rom

Zwei Esel waren in Rom
KURIER-Redakteur Armin Arbeiter wanderte 2015 mit seinem Esel Horstl von Innsbruck in die Ewige Stadt.

„Wir haben es tatsächlich geschafft!“, flüstere ich im Sommer 2015 Horstl zu Tränen gerührt zu und umarme ihn überschwänglich. Nach mehr als 1200 Kilometern Fußmarsch stehen wir am Petersplatz in Rom. Horstl ist das vollkommen egal – er lässt ein paar Eseläpfel auf den ehrwürdigen Boden fallen und kaut an seinen Haferflocken. Kaum zu glauben, dass das derselbe Esel ist, der vor acht Wochen, als wir von Innsbruck aufgebrochen sind, kein Auge zu tun konnte, wenn ich nicht zumindest einen Meter neben ihm schlief.

Heute steht neben mir ein abgebrühter Weltenbummler, der mit mir durch dick und dünn gegangen ist. Unvergessen die Schreckensminute, als Horstl mit seinem Heusack an einem Fahrrad hängen geblieben ist und es umgeworfen hat. Das Scheppern versetzte ihn dermaßen in Panik, dass er wie von der Tarantel gestochen durch die Straßen von Rovigo rannte – das Fahrrad und mich hinterherschleifend. Zum Glück sprang ihm ein beherzter Italiener in den Weg und konnte ihn festhalten. Während ich mit stark blutendem Knie sein Fell auf Verletzungen untersuchte, kam auch schon der Krankenwagen – von der Tierrettung. Die Italiener haben ein Herz für Esel: Ob es die Hippiekommune bei Bologna war oder die Polizisten bei Spello – wo wir hinkamen, wurden wir mit Freuden aufgenommen, sobald Horstl sein Gesicht blicken ließ.

Esel lieben Bonsaibäume

Sogar der Restaurantbesitzer in Corniolo schluckte seinen Schmerz hinunter, nachdem Horstl seinen Bonsaibaum angeknabbert hatte. Natürlich stand um ihn herum saftiges Gras, doch Esel haben ein Gespür für exquisite Speisen. Die ihnen dafür unglaubliche Kräfte geben: Am nächsten Tag hatten wir den Poggio Scali zu bezwingen – 1500 Höhenmeter und 35 Kilometer lagen vor uns. Horstl nahm die Tour wie ein Jagdhund.

Umso sturer war er, wenn es darum ging, über Brücken zu gehen. Weder Karotten noch gutes Zureden konnten ihn über manche Planken locken – meistens waren lange Umwege nötig. Und doch waren es oft jene Umwege, die uns in die Arme wohlwollender Bauern getrieben haben, auf Partys in traumhaften Häusern, in Gärten gastfreundlicher Wirte.

Mittlerweile steht Horstl wieder bei seinen anderen Eseln auf einer Koppel im Tiroler Grinzens und wartet auf die nächste Reise.

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