Wie Alkohol eine Kokainsucht begünstigen kann

(Symbolbild)
Team um Nobelpreisträger Eric Kandel zeigt: Langfristiger Alkoholkonsum verändert Belohnungszentrum im Gehirn und macht den Weg für Kokain frei, dieses zu aktivieren.

Einer Kokainsucht gehen meist Erfahrungen mit legalen und schwächeren Drogen wie Alkohol, Nikotin und Marihuana voraus. Das hat nicht nur soziale, sondern auch biologische Ursachen, fand Medizin-Nobelpreisträger Eric Kandel mit Kollegen heraus. Ratten waren viel gieriger auf Kokain, wenn sie Tage zuvor Alkohol konsumierten, berichten die Forscher im Fachjournal Science Advances.

Das Team um den bald 88-jährigen Gehirnforscher Kandel, der unermüdlich an der Columbia University in New York (USA) arbeitet, bot Ratten Kokain an, nachdem diese entweder seit zehn Tagen Zugriff auf Alkohol hatten oder nicht. Eine weitere Gruppe von Nagern bekam gleichzeitig Zugang zu den beiden Drogen. Zunächst konsumierten alle drei Versuchsgruppen Kokain in vergleichbarer Dosis, berichten die Forscher.

Wie Alkohol eine Kokainsucht begünstigen kann
Interview Eric Kandel am 07.10.2012

Stärkeres Suchtverhalten

Die Ratten, die zuvor schon Alkohol genommen haben, entwickelten aber viel stärker ein suchtähnliches Verhalten. Sie suchten beharrlicher nach Kokain und betätigten zum Beispiel den Hebel, der es zu gewissen Uhrzeiten freigab, viel öfter sinnlos, wenn gerade keine Drogen ausgegeben wurden, als die Tiere, denen Alkohol fremd war, oder die ihn gemeinsam mit Kokain kennengelernt hatten.

Außerdem ließen sich die im Vorfeld an Alkohol gewöhnten Ratten von negativen Konsequenzen nicht abhalten, zu Kokain zu greifen. Bei Menschen wäre dies zum Beispiel eine gesetzliche Strafe, bei den Ratten handelte es sich um einen moderaten Stromschlag.

Belohnungssystem wird aufgedreht

Die Forscher fanden heraus, dass durch langfristigen, aber nicht durch kurzzeitigen Alkoholkonsum in einer wichtigen Gehirnregion für Belohnungslernen (Nucleus accumbens) zwei Eiweißstoffe (Hdac4 und Hdac5) abgebaut werden. Diese verändern die Verpackung der DNA normalerweise dahin gehend, dass sie sich dichter daran schmiegt und Ablesern den Zugang erschwert. Durch ihr Wegfallen wird der Weg frei für Kokain, alle möglichen Gene dort anzuschalten und das Belohnungssystem im Gehirn aufzudrehen.

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Bereits 2011 hatte der aus Wien stammende, von den Nationalsozialisten aus Österreich vertriebene Kandel mit Nikotin bei Ratten ähnliches gezeigt. Die beiden Wegbereiter für härtere Drogen wirken demnach auf die selbe Art und Weise, so die Forscher. Umgekehrt verleitete der Kokainkonsum die Ratten nicht dazu, mehr Alkohol zu trinken, sondern reduzierte sogar ihr Verlangen danach, berichten sie.

Die Neurowissenschafter warnen davor, dass Kokain freilich auch ohne vorherigen Alkohol- und Nikotinkonsum süchtig machen kann. Doch in der Realität komme diese Situation ohnehin kaum vor, weit mehr als 90 Prozent der Kokainkonsumenten haben Erhebungen zufolge Vorerfahrung zumindest mit einer der beiden leichteren Drogen.

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