Warum ältere starke (Ex-)Raucher die Lunge scannen sollten

Bildnachweis:Eraxion Stock-Fotografie-ID:94463987 Hochgeladen am:15. Dezember 2009
Experten fordern Screeningprogramm für Lungenkrebs-Risikogruppen. NIedrigdosis-Computertomographie als Mittel der Wahl. Noch gibt es aber kein derartiges Programm.

Onkologen, Radiologen, Pneumologen, Thoraxchirurgen, Public-Health-Experten und gesundheitspolitische Entscheidungsträger beschäftigen sich nächste Woche in Wien mit der Früherkennung von Lungenkrebs. Sie wünschen sich die Einführung eines Screening-Programms für Risikogruppen wie langjährige, starke Raucher.

Das Mittel der Wahl wäre ein Scan mit einem Niedrigdosis-Computertomographen, sagten die Experten rund um Tagungsorganisator Robert Pirker am Donnerstag. Einmal jährlich gescreent werden sollten gezielt Risikogruppen wie starke Raucher über 55 Jahren, die mehr als eine Packung täglich über 30 Jahre geraucht haben, sowie ehemalige starke Raucher, die erst innerhalb der vergangenen 15 Jahre aufgehört haben.

Sterblichkeit um 20 Prozent gesenkt

Wissenschaftlicher Hintergrund sind die Daten einer US-Studie, die weltweit für Diskussionen in der Fachwelt sorgen. Der "National Lung Screening Trial" zeige, dass sich die Lungenkrebsmortalität bei starken Rauchern durch ein Niedrig-Dosis-Spiral-CT um 20 Prozent senken lässt. "Aufgrund dieser Ergebnisse empfehlen derzeit bereits mehrere wissenschaftliche Gesellschaften ein Lungenkrebs-Screening von Risikopatienten und eine diesbezügliche Implementierung läuft in mehreren europäischen Ländern", sagte Pirker von der Universitätsklinik für Innere Medizin I, AKH/MedUni Wien.

Das Lungenkarzinom ist eine der häufigsten und gleichzeitig die tödlichste Krebsart. In Österreich erkranken jährlich rund 3.000 Männer und 1.900 Frauen, wobei die Häufigkeit bei Frauen stark zunimmt. Das Risiko, bis zum 75. Lebensjahr zu erkranken, liegt bei Männern bei 4,8 und bei Frauen bei 2,7 Prozent. Weltweit werden jährlich 1,82 Millionen Neuerkrankungen diagnostiziert, das sind 12,9 Prozent aller Krebsfälle. 20 Prozent aller durch Krebs verursachten Todesfälle sind auf ein Lungenkarzinom zurückzuführen - jährlich endet diese Krankheit für 1,6 Millionen Menschen tödlich. "Das ist als würden täglich zehn voll besetzte Jumbojets vom Himmel fallen", meinte Pirker.

Im Anfangsstadium gute Chancen

Die Vorstellung, dass Lungenkrebs kaum heilbar sei, stimme so nicht. "Wenn ein Lungenkarzinom im Anfangsstadium entdeckt wird, liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate heute bereits bei 90 Prozent", erläuterte Helmut Prosch von der Universitätsklinik für Radiodiagnostik an der MedUni Wien. Symptome entstehen aber erst sehr spät. "Deshalb werden derzeit nur rund 20 Prozent der Karzinome in einem frühen und gut heilbaren Stadium entdeckt." Insgesamt überleben nur 15 bis 20 Prozent aller Patienten die ersten fünf Jahre.

Screening-Programme seien auch eine besonders gute Chance, Raucher vom Nikotinverzicht zu überzeugen. "Nur ein Rauchstopp kann Lungenkrebs verhindern bzw. die Zahl der Neuerkrankungen reduzieren", betonte Manfred Neuberger, Vizepräsident der Initiative Ärzte gegen Raucherschäden, die das Symposium veranstaltet. 70 Prozent der weltweiten Lungenkrebserkrankungen und bis zu 85 Prozent der Erkrankungen in Zentraleuropa seien durch Tabakrauchen bedingt. Wer Zigarettenrauch ausgesetzt ist, habe im Vergleich zu Nichtrauchern ein um 20 Prozent erhöhtes Lungenkrebsrisiko.

"Leider diskutieren wir in Österreich gerade das Gegenteil", sagte Neuberger zum gekippten totalen Rauchverbot in der Gastronomie. "Umso wichtiger wäre es, so rasch wie möglich ein lebensrettendes Früherkennungsprogramm zu etablieren." Das "Don't smoke"-Volksbegehren hatte bis Donnerstagmittag mehr als 528.000 Unterstützer.

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