Allergene in der Schuljause
Seit Dezember müssen Wirte und Kantinen ausweisen, welche Allergene ihre Speisen enthalten. Betroffen von dieser Kennzeichnungsverordnung sind auch Schulen und Kindergärten. Das führt in einigen Einrichtungen zu grotesken Auswüchsen: So müssen Eltern, die regelmäßig Jause und Mittagessen für alle Kinder zubereiten, sämtliche allergenen Zutaten auflisten und in einem Speiseplan schriftlich vermerken.
Manche der betroffenen Schulen gehen deshalb dazu über, ihr Essen liefern zu lassen. Denn sollte z. B. ein Kind einen allergischen Schock vom Essen bekommen, wird letztendlich nicht der kochende Vater, sondern der Schulerhalter zur Verantwortung gezogen.
Schulungen
Bei den "Elternverwalteten Kindergruppen" geht man einen anderen Weg, wie Grete Miklin von Bundesverband berichtet: "Bei uns gibt es Schulungen und Informationsabende für Eltern und Pädagoginnen, wie die Verordnung umzusetzen ist." Gekocht wird dort also weiterhin. Nachsatz: "Wir sind dauernd in Kontakt mit den Eltern und wissen Bescheid, welches Kind welche Nahrungsmittel nicht verträgt. Wir gehen entsprechend auf die Bedürfnisse der Kleinen ein." Gelassen können die Eltern in Kindergruppen mit bis zu zwölf Kleinkindern sein. Sie sind von der Pflicht ausgenommen.
Umsatzsteuer
Wenn die Schulen größer sind, sei es für Eltern auch nicht ratsam, Essen zu verkaufen. Darauf weist Andreas Ehlers vom Verband der Eltern an Pflichtschulen hin. "Ab einem Jahresumsatz von 30.000 Euro sind die Vereine nämlich umsatzsteuerpflichtig." Selbst gemachte Kuchen und Aufstrichbrote wird es in Schulen weiterhin geben. Darauf weist Alexander Hengl vom Wiener Marktamt (MA 59) hin: "Das Buffet während des Schulfestes oder des Elternabends darf weiterhin von Schülern und Eltern bestückt werden. Da gilt die Kennzeichnungspflicht nicht." Diese gilt nämlich nur, wenn jemand regelmäßig kocht. Auch wenn Lehrer oder Private einmal im Monat oder in der Woche eine gesunde Jause anbieten, müssen sie sich keine Gedanken um Gluten, Laktose oder Juglans regia (Walnüsse) machen. Sie dürfen sie verwenden, ohne darauf hinweisen zu müssen. Wo hingegen das Essen von einer Zentrale geliefert wird, ist der Lieferant für die Kennzeichnung verantwortlich. Sie werden genauso kontrolliert wie die Betreiber von Schulbuffets und bäuerliche Direktvermarkter sowie Bäcker, die unverpackte Ware in Schulen und Kindergärten verkaufen.
Das sind die Profis und sie wissen meist, wie sie Verordnungen umzusetzen haben: "Wir haben bei unseren Kontrollen jedenfalls noch keine Geldstrafen verfügt", sagt Lebensmittelexperte Alexander Hengl.
Dass die Eltern für ihr eigenes Kind gut sorgen, darauf vertraut der Gesetzgeber vorerst noch. Sie dürfen ihrem Sohn bzw. ihrer Tochter das Pausenbrot schmieren, ohne dass sie fürchten müssen, dass das Marktamt die Jausenbox wegen schlechter Kennzeichnung beschlagnahmt.
14 Allergene auf der Speisekarte
Der Aufschrei in der Gastronomie bei der Einführung der Kennzeichnungspflicht für Allergene war groß. Nach zwei Monaten habe sich die Skepsis in den meisten Betrieben bereits gelegt, sagt Wilhelm Turecek, Obmann der Fachgruppe Gastronomie. Es gebe zwar weiterhin einige schwarze Schafe, die die EU-Verordnung ignorieren, beim Großteil habe sich die neue Situation „gut eingependelt“. In den meisten Speisekarten sind die Allergenangaben bereits verankert. „Rechtlich ist man bei der schriftlichen Kennzeichnung auf der sicheren Seite“, sagt Turecek. Mehr als 1000 Gastronomie-Mitarbeiter besuchten bereits die Allergen-Schulungen der Wirtschaftskammer Wien.
Beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) gingen bisher kaum Beschwerden ein. „Für ein Fazit ist es noch zu früh“, meint Ernährungswissenschaftlerin Birgit Beck. Laut Angelika Widhalm, Präsidentin des Vereins FruLak für Menschen mit Nahrungsmittelallergien und Unverträglichkeiten, funktioniere die mündliche Auskunft – in Österreich als Alternative zur schriftlichen Kennzeichnung zugelassen – nur bei wenigen Ausnahme-Betrieben. Bei Nachfrage wüsste kaum ein Angestellter die genauen Inhaltsstoffe der Gerichte.
Kommentare