Warnung vor neuen Bedrohungen

epa03513612 A handout photo provided by the African Union / United Nations Information Support Team (AU-UN IST) on 18 December 2012 shows patients at a hospital in Marka, Somalia, 18 December 2012. Responding to several reported cases of both Cholera and Dengue Fever, the WHO and UNICEF has sent medical personal to Marka in order to do an assessment of the main hospital's facilities and general health needs. While one suspected case of Cholera still remained, all others had been treated and discharged already on 12 December, the AU-UN IST said. EPA/TOBIN JONES / AU-UN IST / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES
„Wir müssen extrem wachsam sein“, sagt der Chef des EU-Zentrums für Krankheitsbekämpfung.

Europa muss sich darauf einstellen, dass Infektionskrankheiten wie etwa das West-Nil- oder das Dengue-Fieber in bestimmten Regionen „einheimisch“ werden könnten: Das sagte Marc Sprenger, der Direktor des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in Stockholm, Freitag in Wien. Mit Gesundheitsminister Alois Stöger diskutierte er die aktuellen Bedrohungen.

Warnung vor neuen Bedrohungen

KURIER: Wie groß ist die Gefahr der neuen Vogelgrippe A (H7N9) für Europa?

Marc Sprenger: Ich sehe keine unmittelbare Bedrohung, aber wir müssen extrem wachsam sein. Es ist schon sehr außergewöhnlich, dass wir plötzlich Infektionen mit einem Virus sehen, das früher nie bei Menschen nachgewiesen wurde. Es kann auch Fälle in Europa geben, aber ich glaube nicht, dass es dann zu einer raschen Ausbreitung kommen würde. Bis jetzt gibt es 38 Fälle in China, es ist aber keine Übertragung von Mensch zu Mensch nachgewiesen. Die Viren werden von Vögeln auf die Menschen übertragen, aber wir kennen weder die Vögel noch den Übertragungsweg. Es gibt Spekulationen, dass es sich um Tauben oder Wachteln handeln könnte – aber wir wissen es nicht. China-Reisenden rate ich, Tiermärkte zu meiden. Anti-Virus-Medikamente wirken übrigens gegen den Erreger, bis es einen Impfstoff gibt, wird es aber noch Monate dauern.

Vögeln macht das Virus nichts?

Ja, das ist bemerkenswert. Normalerweise tötet ein Vogelgrippe-Virus die Vögel – dadurch wird auch die Weiterverbreitung gestoppt. Hier ist das nicht der Fall. Aus der Sicht des Virus ist das clever: Es lässt die Vögel fliegen, aber tötet jeden vierten infizierten Menschen.

Informiert China ausreichend?

Ja, China ist sehr offen und stellt alle Daten über das Virus zur Verfügung. China hat auch Experten unseres Zentrums und der WHO eingeladen. Es ist bemerkenswert, dass die sehr guten chinesischen Virologen das Virus sofort in den ersten drei betroffenen Patienten entdeckt und unmittelbar danach informiert haben.

Sehen Sie andere Bedrohungen für Westeuropa?

Wir sind besorgt über die Entwicklung beim West-Nil-Virus (2012 gab es in der EU bereits mehr als 300 Fälle, siehe Grafik unten). Auf Madeira gab es einen großen Ausbruch des Dengue-Fiebers. Wir müssen auf die Malaria in Südeuropa achten und wir sehen einen Anstieg der von Zecken übertragenen Hirnentzündungen. Ich denke, dass es bei diesen Entwicklungen Zusammenhänge mit dem Klimawandel gibt. Eine der größten Bedrohungen ist die Antibiotika-Resistenz von Bakterien: Österreich ist in der Lage das zu kontrollieren, aber wo durch die Finanzkrise die finanziellen Mittel dafür fehlen, steigt das Risiko der Ausbreitung.

Unternimmt Österreich genug gegen Infektionskrankheiten?

Es ist das erste Land in Europa, das mit uns auf schnellem elektronischen Weg epidemiologische Daten austauscht. Nach einem Masern-Ausbruch 2008 versucht man jetzt gezielt, durch Information von Ärzten und Eltern die Impfquote zu erhöhen. Es ist bemerkenswert, dass Österreich zwar die höchste Durchimpfungsrate gegen die von Zecken übertragene FSME hat, die Durchimpfungsrate bei Masern aber niedriger ist – obwohl die Impfung kostenlos ist. Viele Menschen glauben, Masern sind eine harmlose Kinderkrankheit. Das stimmt aber nicht: 20 Prozent der Erkrankten müssen im Spital aufgenommen werden, ein Prozent stirbt. Derzeit haben wir gerade einen größeren Ausbruch in Großbritannien. Süd- und Nordamerika waren übrigens bereits masernfrei – bis sich US-Touristen bei uns mit Masern infiziert haben. Das ist kein Ruhmesblatt für Europa.

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