Gut gemeint mit tödlichen Folgen

65.516 Babys wurden in die Statistik aufgenommen.
Plötzlicher Säuglingstod: Spezielle Schlafstützen gegen die Bauchlage als Erstickungsgefahr für Babys.

Eigentlich sollten diese Schlafstützen – laut Herstellern – einen lebensrettenden Effekt haben: Sie sollen verhindern, dass sich Säuglinge auf den Bauch drehen – eine Position, die das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod (SIDS) erhöht. Doch laut einem neuen Bericht der US-Gesundheitsbehörde CDC sind in den USA zwischen 1997 und 2011 mindestens 13 Kinder im Alter zwischen 21 Tagen und vier Monaten in solchen „sleep positioners“ erstickt. Die meisten wurden von ihren Eltern in Seitenlage ins Bett gelegt – eine Praxis, von der die US-Akademie für Kinderheilkunde abrät.

„Ein ähnlicher Fall ist mir aus Österreich nicht bekannt“, sagt Prim. Franz Paky, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Krankenhaus Vöcklabruck, OÖ. „Auch ich rate von solchen Stützpolstern massiv ab: „Sie sind überhaupt nicht notwendig.“

Risikophase

Legt man ein Baby auf den Rücken, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in die Bauchlage kommt, viel geringer als bei der Seitenlage: „Und wenn sich ein Kind vom Rücken auf den Bauch drehen kann, dann ist es bereits vier bis fünf Monat alt. Die meisten SIDS-Fälle passieren aber zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat. Das größte Risiko ist dann also schon vorbei.“ Wobei Paky warnt, die Gefahr der Bauchlage zu überschätzen: „Diese darf man nicht isoliert sehen. Wenn ein Baby die Rückenlage überhaupt nicht toleriert, kann man es ausnahmsweise auch auf den Bauch legen.“

Die Kampagnen gegen die Bauchlage seit den 80er-Jahren hätten auch die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für den Nachwuchs gefördert: „In Familien, wo mehrere Generationen unter einem Dach wohnen, gibt es weniger SIDS-Fälle. Ebenso in sehr kinderreichen Familien, wo der Nachwuchs einen sehr hohen Stellenwert hat.“

Aufmerksamkeit und körperliche Nähe dürften auch der eigentliche Schutzfaktor des Stillens sein, betont Paky: „Deshalb müssen sich Mütter, bei denen es damit nicht klappt, auch keine
Sorgen machen. Ich empfehle das Stillen. Aber Zuwendung kann das Kind auch beim Trinken mit der Flasche erfahren.“ Bereits der Umstand, dass in den ersten sechs Monaten das Kinderbett im Elternschlafzimmer steht, senke die SIDS-Rate.

Auch in der Empfehlung, nicht in der Nähe des Säuglings zu rauchen, sieht Paky mehr als nur das Vermeiden der Schadstoffbelastung: „Die Eltern tun damit bewusst etwas für das Kind – das ist ein zusätzlicher Bonus.“ Umgekehrt dürfe man aber nicht den Rückschluss ziehen, dass es bei SIDS-Fällen einfache Erklärungsmuster – etwa zu wenig Aufmerksamkeit für das Kind – gebe: „In Wahrheit kennen wir bis heute die Ursache nicht. Wir kennen einige Faktoren, die das Risiko möglicherweise erhöhen. Aber damit lassen sich sicher nicht alle Fälle erklären.“
Veränderungen von Hirnzellen, bakterielle Infektionen – das waren zwei Faktoren, die in den vergangenen Jahren als (Mit-)Ursache diskutiert wurden. Paky: „Bis jetzt hat sich das aber alles nicht bestätigt. Übrigens auch nicht Meldungen, wonach Schnuller das SIDS-Risiko senken sollen. Da sehe ich keinen Effekt.“

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KURIER
Baby Grafik (1)

Liegeposition: Bevorzugen Sie für Ihr Baby zum Schlafen die Rückenlage
Keine Überwärmung des Babys: Die optimale Raumtemperatur liegt bei 18 bis 20 Grad
Lassen Sie Ihr Baby nicht allein: Das Baby sollte im elterlichen Schlafzimmer in einem eigenen Bettchen schlafen
Viel körperliche Nähe und Ruhe: Viel Körperkontakt (z. B. beim Stillen, wenn es möglich ist) ist ein wichtiger Schutzfaktor
Eine rauchfreie Umgebung: Rauchen in der Nähe des Kindes ist ein Risikofaktor für plötzlichen Säuglingstod
Kein angeräumtes Bett: Zum Schlafen genügen eine Windel, ein Schlafanzug und eine dünne Decke. Keine Stützpolster!

Definition: Als Plötzlichen Säuglingstod (SIDS: Sudden Infant Death Syndrome) bezeichnet man den unerwarteten Tod eines bis dahin scheinbar gesunden Säuglings, für den selbst eine gründliche Obduktion keine Erklärung bringt. SIDS ereignet sich ohne erkennbare Ursachen meist während des Schlafs und betrifft vor allem Babys im ersten Lebensjahr.

Kontaktadressen und Daten zu Selbsthilfegruppen gibt es im Internet unter www.sids.at

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