Das große Surren: Welche Insekten welche Stiche hinterlassen und was hilft
Das erste ORF-Sommergespräch des Jahres ist dieser Tage Gesprächsthema in so manchem Schanigarten. Nicht nur wegen politischer Botschaften: Die Wespe, die NEOS-Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger penetrant sekkierte, traf beim Publikum einen Nerv.
Tatsächlich ist es aktuell kaum möglich, von Wespen ungestört an der frischen Luft zu verweilen. Die Folgen sind teils fatal: In Niederösterreich sind binnen einer Woche zwei Männer infolge eines Wespenstichs verstorben.
Wespenstiche sorgen vermehrt für Ambulanz-Besuche
Wohl wegen des abwechselnd feucht-warmen Wetters der vergangenen Monate schwirren auffallend viele Wespen umher, meinen Fachleute. Im Spätsommer und Herbst – den eigentlichen Wespen-Hauptsaisonen – könnte sich ihre Zahl nochmals erhöhen. Wespenpopulationen scheinen auch periodisch zu erstarken: Auf ein schwaches Jahr folgt meist ein starkes.
Das spürt man auch am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder im Kärtner St. Veit an der Glan. "Heuer mussten wir schon ausnehmend viele Patientinnen und Patienten mit Wespen-Stichen versorgen – meistens ist das erst gegen Ende August der Fall", berichtet Hans Peter Gröchenig, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin, im KURIER-Gespräch. Mit Insektenstichen – auch von Bienen und Hornissen – sei man an der Ambulanz mehrfach täglich konfrontiert.
Nicht immer sei eine ärztliche Versorgung notwendig: "Oft wird vorschnell das Spital aufgesucht, was Ressourcen für echte Notfälle bindet", sagt Gröchenig. Um Patientinnen und Patienten die Verunsicherung zu nehmen, plädiert der Internist für Aufklärung.
Unterschiede bei Schmerz und Schwellung
Schon die Art des Stichs kann Aufschluss über das verantwortliche Getier geben. Eine Gelsenattacke macht sich meist erst etwas später bemerkbar. Die betroffene Hautstelle juckt, ist gerötet, es bildet sich eine Quaddel. Bienen-, Wespen- oder Hornissenstiche sind viel schmerzhafter. Die Einstichstelle schwillt rasch an, juckt, ist gerötet und heiß. "Die Lokalreaktionen sind bei diesen drei Arten sehr ähnlich", sagt Gröchenig. Bei Hornissen können sie ausgeprägter ausfallen.
Bei einem Bienenstich verbleibt oft der Stachel in der Haut. Dieser sollte mit einem stumpfen Objekt, einer Kreditkarte oder einem Buttermesser, sanft weggeschabt werden, damit die Giftblase nicht platzt und noch mehr Gift in den Körper strömt.
Manchmal kommt es zu überschießenden Stichreaktionen. Rötung und Schwellung sind hartnäckiger und nehmen einen Durchmesser von über zehn Zentimeter an.
- Insektengitter an Fenster und Türen anbringen.
- Nie ein Wespennest selbst entfernen – Nest von der Feuerwehr entfernen lassen.
- Nie aus einer undurchsichtigen Dose oder Flasche trinken, beim Essen und Trinken im Freien Gläser Schüssel usw. abdecken und gleich nach dem Essen den Tisch abräumen sowie Mund und Hände waschen.
- Hektische Bewegungen in der Nähe von Wespen oder Bienen und auch Abfalleimer meiden. Nie näher als fünf Meter an ein Wespen- oder Bienennest herantreten.
- Nie nach Wespen oder Bienen schlagen, stattdessen ruhig bleiben.
- Insbesondere auf Blumenwiesen nicht barfuß laufen. Fallobst von Obstbäumen entfernen.
- Allgemein gilt: Luftnot, Rötung am ganzen Körper, Schluck- und/oder Sprechbeschwerden, Schwellungen im Gesicht, Hals, Lippen, Zunge, Bewusstlosigkeit, Kaltschweißigkeit, Atem- und Kreislaufstillstand sind immer Anlass, den Notarzt zu verständigen.
Allergikerinnen und Allergiker sollten vorbereitet sein
All diese Erscheinungen sind von allergischen Reaktionen abzugrenzen: Zwischen drei und vier Prozent der Bevölkerung zeigen solche nach einem Bienen- oder Wespenstich "Jedes Jahr kommt es leider zu Todesfällen, weil Betroffene es im Falle eines schweren allergischen Schocks nicht rechtzeitig ins Krankenhaus schaffen", weiß Gröchenig. Betroffene sollten ihren Allergiepass bei sich tragen und sich mit einem Notfall-Kit rüsten. "Letzterer enthält eine sogenannte EpiPen, ein Autoinjektor mit einer Lösung zur Gabe einer Einmaldosis Adrenalin."
Wichtig sei, dass der Betroffene selbst wie auch sein Umfeld mit der – an sich simplen – Verabreichung vertraut ist.
Vorsicht bei Stichen im Mundraum
Leichte allergische Symptome nach Stichen sind mit einem Antihistaminikum gut behandelbar. Wer allergisch auf Bienengift reagiert, hat übrigens nicht häufiger auch eine Allergie gegen Wespen oder Hornissen. "Kreuzallergien gibt es nicht", präzisiert Gröchenig.
Sticht die Biene im Mund oder Rachenraum zu, ist unabhängig von einer Allergie Vorsicht geboten. Erst diese Woche verstarb ein Niederösterreicher, weil er aus einer Flasche getrunken hatte, in der sich wohl eine Wespe befand. Sein Gaumen schwoll derart an, dass er erstickte. Wenige Tage zuvor war ein weiterer Mann an einem allergischen Schock infolge eines Wespenstichs verstorben.
"Wenn Lippen, Zunge oder Rachen anschwellen, kann das lebensbedrohlich sein. Als Notfallmaßnahme sollte man sofort kühlen, einen Eiswürfel lutschen und gegebenenfalls den Notarzt verständigen."
Einstichstelle sauber halten, bei Juckreiz nicht an der Einstichstelle kratzen. So wird eine Infektion durch eindringende Bakterien – und schlimmstenfalls eine lebensbedrohliche Blutvergiftung – verhindert.
Sollte Schmuck an der Einstichstelle anliegen, diesen schnell entfernen, da die Einstichstelle anschwellen kann.
Lokale Kälteanwendungen mittels Coolbag lindern den Schmerz. Entsteht ein unangenehmes Gefühl auf der Haut, sollte man die Kühlung unterbrechen.
Invasive Arten könnten neue Erkrankungen bringen
Nicht nur Bienen, Wespen und Hornissen können dem Menschen unangenehm werden. Hummeln sehen zwar kuschelig aus. Die Weibchen können mit ihrem Wehrstachel durchaus schmerzhafte Stiche verursachen. Allerdings kommt es äußerst selten dazu.
Neben der gemeinen Gelse haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend invasive Arten in Österreich eingenistet. Allen voran die Tigermücke. Sie ist besonders lästig, weil sie abseits der Dämmerung aktiv ist. Zumindest potenziell kann sie gefährliche Infektionskrankheiten, etwa das Dengue-Fieber, übertragen (im adriatischen Raum wurden derartige Fälle bereits dokumentiert).
Auch Kriebelmücken können für Menschen relevante Erreger übertragen, treten durch den Klimawandel vermehrt auf und hinterlassen nach dem Biss eine Schwellung und kleine Blutergüsse.
"Wenn Menschen nach Stichen mit fiebrigen Krankheitssymptomen zu uns kommen, müssen wir bei der Diagnostik immer breiter denken und Erkrankungen, die bei uns bisher gar nicht oder kaum relevant waren, in Betracht ziehen", sagt Gröchenig.
Hitzestift bis Hyposensibilisierung
Hitzestifte, auch thermische Stichheiler genannt, sollen Schwellungen und Juckreiz lindern. Gröchenig hat gute Erfahrungen damit gemacht: "Dass die Eiweißstoffe des Giftes durch die Hitze aufgespalten werden, dürfte etwas bringen."
Langfristig kann man einer Bienen- und Wespenallergie mittels sogenannter Hyposensibilisierung beikommen. Bei dieser Allergie-Immuntherapie wird der Körper behutsam an den auslösenden Giftstoff gewöhnt. Durch Verabreichung von steigenden Mengen des Allergens entwickelt der Körper eine Toleranz, allergische Reaktionen nehmen ab.
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