Wir haben Ende 2020 eine Umfrage unter Brustkrebspatientinnen gemacht. 92 Prozent gaben zwar an, dass sie ungehinderten Zugang zur Chemotherapie hatten, ebenso zur Strahlentherapie. Aber rund 40 Prozent erlebten, dass ihre geplante Operation verschoben werden musste. Sehr besorgniserregend sind die Zahlen aus dem Brustkrebs-Früherkennungsprogramm, wonach 2020 rund 41.000 Frauen weniger eine Mammografie wahrgenommen haben (im Vergleich zu 2019). Das gibt Anlass zur Sorge: Wir fürchten, dass sich diese verspäteten Diagnosen in einer höheren Sterblichkeit widerspiegeln werden.
Hat Brustkrebspatientinnen das Thema Covid-19 und Impfen anders beschäftigt als Gesunde?
Alle Krebspatientinnen und -patienten sowie ihre Angehörigen waren sehr besorgt. Zu Beginn der Pandemie war es die berechtigte Angst vor Ansteckung und im Falle einer Infektion, einen schweren Verlauf zu erleiden. Sehr viele begaben sich in Isolation, um sich bestmöglich schützen zu können und erzählten uns im Rahmen von Beratungsgesprächen von dem Zwiespalt zwischen der Sehnsucht nach Nähe zu geliebten Menschen und der Angst vor Ansteckung.
Mit Einführung der Impfung dominierte bei vielen die Unsicherheit, ob sie sich impfen lassen sollen bzw. dürfen (siehe auch Bericht auf Seite 4). In weiterer Folge war es dann das Unverständnis über die österreichweite uneinheitliche Priorisierung. Das hat viele zurecht sehr wütend gemacht.
Derzeit haben wir das Problem, dass sehr viele Patientinnen und Patienten zwar vollimmunisiert sind, aber viele aufgrund der Erkrankung und Therapie keinen ausreichenden Impfschutz aufbauen können. Bei der niedrigen Durchimpfungsrate sehen sich viele von ihnen wieder gezwungen, mehr oder weniger in Isolation zu bleiben.
Wo liegt heuer der Schwerpunkt der Kampagne?
Eindeutig auf dem Appell, zur Mammografie zu gehen und sich gegen Covid-19 impfen zu lassen.
Brustkrebs ist noch immer die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Was ist dabei aus Ihrer Sicht am wichtigsten?
Ich finde, dass jetzt alles getan werden muss, um Menschen zu den Krebs-Früherkennungsuntersuchungen zu bringen. Hier gibt es aufgrund der Pandemie großen und dringenden Aufholbedarf. Das kann die Krebshilfe nicht alleine tun. Wir wünschen uns große, zielgruppenorientierte Informationskampagnen, um so viele wie möglich zu erreichen und zu überzeugen.
Wie haben Pink Ribbon und die jährlichen Kampagnen zu mehr Bewusstsein beigetragen?
Wenn ich an die Anfänge vor 19 Jahren zurückdenke, hat sich sehr viel verändert. Frauen sprechen heute offener über ihre Erkrankung – wenn sie das wollen. Wir haben ein Brustkrebs-Früherkennungsprogramm (Mammografiescreening seit 2014, Anm.), und wir konnten über neun Millionen Euro sammeln und damit Patientinnen unterstützen, die durch die Erkrankung in finanzielle Not geraten sind.
Die Diagnose Brustkrebs ist ein großer Einschnitt. Was können Sie Betroffenen aus Ihrer Erfahrung mitgeben?
Ich möchte jeder Frau, die mit der Diagnose konfrontiert ist, sehr ans Herz legen, zumindest einmal in eine der 63 Krebshilfe-Beratungsstellen zu kommen, um sich unterstützen zu lassen. Viele kommen leider spät, wenn sich ein Berg an Ängsten und Sorgen angesammelt hat. Das wäre oft weitgehend vermeidbar.
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