Warum Tattoos bei schwachem Immunsystem gefährlich sind
Experten warnen immungeschwächte Menschen in einem medizinischen Fachartikel davor, sich tätowieren zu lassen. Anlass für die dringliche Empfehlung ist die Krankheitsgeschichte einer Frau, die kürzlich im Journal BMJ Case Reports dokumentiert wurde. Die namentlich nicht identifizierte Frau litt monatelang an chronischen Schmerzen, nachdem sie sich am Bein ein Tattoo hatte stechen lassen.
Wesentlich ist die medizinische Vorgeschichte der Patientin: Im Jahr 2009 wurden ihr beide Lungenflügel transplantiert. Folglich musste sie immunsuppressive Medikamente zu sich nehmen. Nach Organtransplantationen ist in der Regel eine lebenslange immunsuppressive Therapie nötig, um das transplantierte Organ zu erhalten und die Gefahr einer Abstoßungsreaktion zu minimieren.
Muskelschmerzen
Nachdem sich die Frau ein Tattoo auf ihrem linken Oberschenkel stechen ließ, traten zunächst – wie nach einem Tattoo üblich – Hautirritationen auf. Zusätzlich zu den Rötungen bemerkte die Frau aber auch schlimme Schmerzen in ihrer Hüfte, ihrem Knie und im Oberschenkel, die über ein Jahr anhielten, obwohl eine Schmerztherapie angeordnet wurde.
Da die Beschwerden auch nach zehn Monaten nicht verschwunden waren, wurde die Patientin an eine Rheuma-Klinik überwiesen, wo umfangreiche Tests durchgeführt wurden – die jedoch zu keiner Diagnose führten.
Diagnose nach Biopsie
Erst eine Biopsie ihres Oberschenkelmuskels ergab, dass sie an einer entzündlichen Muskelerkrankung (Inflammatorische Myopathien) litt. Dabei handelt es sich um seltene Autoimmunerkrankungen, die durch Muskelschmerzen und Kraftverlust gekennzeichnet sind. Weil sich die Symptome zu Beginn der Erkrankung häufig schleichend entwickeln und unspezifisch sind, können bis zur Diagnosestellung Monate bis Jahre vergehen. Die Diagnosefindung wird auch dadurch kompliziert, dass es sehr viele weitere Krankheitsbilder gibt, die muskuläre Probleme verursachen.
Die Autoren des Artikels gehen jedenfalls davon aus, dass die Erkrankung durch die Kombination aus dem Tattoo und dem geschwächten Immunsystem ausgelöst wurde. Man könne zwar nicht vollständig beweisen, dass ein Kausalzusammenhang bestehe, Zeitpunkt und die betroffene Körperregion würden aber eine deutliche Sprache sprechen.
Nach der Diagnose wurde die Frau mittels Physiotherapie behandelt, um die betroffenen Muskelpartien zu stärken. Nach drei Jahren war sie schließlich vollkommen schmerzfrei.
Kritik an Tattoo-Industrie
Kritik üben die Fachartikelautoren an der Tattoo-Industrie, die unzureichend reguliert sei und Fälle wie diese entstehen ließe. Da Tattoos immer populärer werden, müssten Menschen darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Prozess des Tätowierens in Kombination mit einem stark geschwächten Immunsystem zu gravierenden Komplikationen führen könne.
Kommentare