Und diese zweite Erkenntnis lautet: Der sich früher kontinuierlich verbessernde Gesundheitszustand der Älteren setzt sich bei den später geborenen Generationen nicht fort. So hat sich der Anteil adipöser Menschen im Alter zwischen 25 und 55 Jahren im Zeitraum zwischen 2004 und 2020 fast verdoppelt.
Eine Folge: Diabetes Typ 2 tritt immer häufiger schon im frühen Erwachsenenalter auf. " Das ist mit einer verlängerten Erkrankungsdauer und einem erhöhten Risiko für Komorbiditäten verbunden, das heißt, dem zusätzlichen Auftreten von Begleiterkrankungen", wird Studienleiter Siegfried Geyer, Leiter der Medizinischen Soziologe der MHH, in einer Aussendung zitiert. „Die Krankheitsfälle werden zukünftig zunehmen und die Gesundheitskosten steigen“. Für die Studie hat er Krankenkassendaten aus Niedersachsen aus dem Zeitraum 2005 bis 2019 analysiert. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.
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„Ich sehe die Entwicklung in Österreich – anhand der vorliegenden Daten und meinen Erfahrungen – genauso ein wie in Deutschland“, sagt der Internist Martin Clodi vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz und derzeit auch Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft zum KURIER. „Wir sind früher immer davon ausgegangen, dass zwischen 6 und 8 Prozent der Bevölkerung Diabetes-Patienten sind, jetzt liegen die offiziellen Zahlen der Gesundheit Österreich Ges.m.b.H. zwischen 8,17 und 9,88 Prozent.“ Und so wie in Deutschland haben auch wir einen Anstieg bei Jüngeren.“
Geschätzt sind zwischen 727.000 und 890.000 Personen in Österreich von Diabetes Typ 2 betroffen. "Und das ist sicher ein Anstieg um ein bis zwei Prozent in den vergangenen zehn Jahren."
Seit 1975 habe sich in Europa der Anteil der übergewichtigen und auch der adipösen Menschen verdreifacht, das Bewegungsausmaß um 30 Prozent abgenommen.
Noch dramatischer ist die Entwicklung in den USA: Dort waren im Jahr 2000 knapp 10 Prozent der Bevölkerung von Diabetes Typ 2 betroffen, im Jahr 2018 waren es 13,8 Prozent. "Das ist eine gewaltige Zunahme. Und Europa hinkt der Entwicklung in den USA immer um zirka fünf Jahre hinten nach."
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Die Folgen von zu vielen Kilos seien vielen nicht bewusst, betont Clodi. „Übergewicht, und vor allem auch Adipositas, können ja nicht nur zu Diabetes, sondern auch zu Herzschwäche, mehr Krebserkrankungen, Gelenksproblemen und depressiven Verstimmungen führen. Ich sehe es auch in meiner Arbeit, dass bei jüngeren Menschen die Diabetes-Rate steigt und auch andere Gesundheitsprobleme als Folge von Übergewicht früher auftreten. Gleichzeitig hat auch bei uns die Bewegungsarmut zugenommen.“
Dass Übergewicht derart negative Gesundheitseffekte hat, hängt damit zusammen, dass "die Fettzellen eine Unmenge an toxischen Substanzen freisetzen, die Entzündungen im ganzen Körper fördern und so das Risiko für viele Erkrankungen erhöhen", betont Clodi.
Laut der jüngsten Österreichischen Gesundheitsbefragung der Statistik Austria waren 2019 34,5 Prozent der Bevölkerung im Alter von 15 und mehr Jahren übergewichtig. 2014 waren es 32,6 Prozent. Adipös waren (BMI 30 und mehr) waren 2019 16,5 Prozent der Bevölkerung, 2014 waren es 14,4 Prozent.
Immer mehr junge Männer mit Adipositas
Wie es speziell bei den Jüngeren aussieht, konnte im Vorjahr ein Forschungsteam um Gerhard Prager, Leiter der Adipositas-Ambulanz der Uni-Klinik für Allgemeinchirurgie der MedUni Wien, zeigen. Es hat die Gesundheitsdaten männlicher Rekruten zwischen 2003 und 2018 analysiert.
Fazit: Der durchschnittliche BMI (Body-Mass-Index) und das damit einhergehende Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen ist in den vergangenen 15 Jahren bei österreichischen männlichen Jugendlichen kontinuierlich gestiegen. Waren 2003 15 Prozent übergewichtig und 5,8 Prozent adipös, so betrug 2018 der Anteil übergewichtiger Rekruten 20,4 Prozent und jener mit Adipositas 10,4 Prozent .
Dadurch ist auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen in den vergangenen 15 Jahren bei den Jugendlichen kontinuierlich gestiegen.
"Problematisch ist, dass Jugendliche die Adipositas ins Erwachsenenalter mitnehmen. Je länger man stark übergewichtig ist, desto wahrscheinlicher kommt es zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Störungen des Fettstoffwechsels", sagt Prager in einer Aussendung der MedUni Wien.
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