Bis auf einen kleinen Pieks zur lokalen Betäubung des Hodens spüren Patienten vom Eingriff selbst nichts. Je nach Technik wird meist ein Stück des Samenleiters herausgeschnitten, die offenen Enden versiegelt. "Nach 25 Minuten ist die Sache erledigt." In vielen Fällen kommt inzwischen nicht einmal mehr ein Skalpell zum Einsatz: Stattdessen wird nach einer Punktion über dem Samenleiter die Haut mit einer spitzen Klemme auf wenige Millimeter aufgedehnt. Mit modernsten Fassinstrumenten kann dann präzise am Samenleiter gearbeitet werden.
Zwar birgt jeder medizinische Eingriff Risiken, "Vasektomien verlaufen aber in den allermeisten Fällen vollkommen komplikationslos", betont Lunacek. Erst kürzlich kamen auch britische Forschende bei der Analyse von rund 90.000 Vasektomien zu dem Ergebnis, dass das Verfahren noch sicherer ist als bisher angenommen.
Es stellte sich heraus, dass anhaltende Hodenschmerzen bei zwei von 1.000 Männern vorkommen. Postoperative Entzündungen, die gut mit Antibiotika kurierbar sind, treten in rund einem Prozent der Fälle auf, Blutergüsse am Hodensack in rund 2 Prozent. Auch kurzfristige Schwellungen sind laut Lunacek möglich, "sie klingen aber – sofern sie überhaupt auftreten –, ebenso wie Schmerzen, innerhalb von zirka vier Tagen ab".
Stabiles Ejakulat
Nach einer Vasektomie ist man nicht sofort unfruchtbar. Im Abstand von einigen Monaten müssen zwei negative Spermaproben abgegeben werden. Per Spermiogramm kann nachgewiesen werden, ob auch wirklich keine Spermien mehr im Ejakulat auffindbar sind. Stichwort Ejakulat: Auch das verflüchtigt sich nach der Vasektomie nicht: "Das, was die Spermien an Volumen ausmachen und dann quasi in der Flüssigkeit fehlt, ist nicht bemerkbar."
Dass man bei einer Vasektomie die Potenznerven verletzt – was zu Erektionsstörungen führen würde – sei laut dem Experten "unmöglich". Es gebe aber Berichte über psychisch bedingte Erektionsprobleme nach Vasektomien. "Aus meiner Praxis kenne ich dieses Phänomen aber nicht."
Zu Andreas Lunacek kommen Männer mit abgeschlossener Familienplanung, "die Verantwortung für die Verhütung in ihrer Beziehung übernehmen wollen". Es gebe ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass man diese nicht dauerhaft auf Frauen abwälzen könne, die bei hormonellen Verhütungsmethoden oft Nebenwirkungen in Kauf nehmen müssen. Meist kämen die Männer auf Empfehlung eines Freundes, der sich bereits einer Vasektomie unterzogen hat. "Es muss einen Leitwolf geben, der voranschreitet und berichtet, dass es tatsächlich keinen Grund zur Sorge gibt."
Unsicherheiten besprechen
Aber was, wenn man(n) seine Meinung ändert? Tatsächlich ist eine Vasektomie umkehrbar. "Man kann die Enden der Samenleiter wieder zusammenzufügen", sagt Lunacek. In rund 80 Prozent der Fälle glückt das. Allerdings: Solche Eingriffe sind verhältnismäßig teuer, Einbußen bei der Fruchtbarkeit nicht ausgeschlossen. "Die Fertilitätsrate liegt danach bei etwa 50 Prozent."
Alternativ könne man Samenzellen aus dem Hodengewebe gewinnen – auch nach einer Vasektomie werden diese weiterhin gebildet –, um sie bei einer künstlichen Befruchtung zu verwenden. "Bevor man sich für eine Vasektomie entscheidet, sollte man sich sicher sein", rät Lunacek. Er empfiehlt, sich mit der Partnerin abzusprechen und bei Unsicherheiten gemeinsam zu überlegen, woher sie rühren.
Auch was die Sexualität und die Lust daran anlangt, gibt Lunacek Entwarnung: "Aus Studien weiß man, dass sich beim überwiegenden Großteil gar nichts ändert. Rund 30 Prozent berichten sogar, dass der Sex besser wurde: Weil alles entspannter ist."
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