Eine neue Studie zeigte jetzt im Labor an einem Lungenmodell, dass selbst nikotinfreie Liquids offenbar nicht unbedenklich sind und Schäden an Zellen auslösen können. Britische Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben im Rahmen ihrer Studie einen Mechanismus entdeckt, wodurch offenbar auch durch eine nikotinfreie Flüssigkeit (Liquid) von E-Zigaretten Schäden an Lungenzellen verursacht werden können.
Die in der Fachzeitschrift Microvascular Research veröffentlichte Studie zeigt ein Reihe von zellschädigenden Mechanismen, wenn im Labor ein Modell der menschlichen Lunge einer gängigen Marke nikotinfreier E-Zigaretten ausgesetzt wurde.
Zahlreiche jüngere Studien haben sich auf Schäden durch nikotinhaltige E-Zigaretten konzentriert. Da aber bereits 39 Länder weltweit den Verkauf nikotinhaltiger E-Zigaretten verboten haben und andere zumindest stark regulieren, ist besonders bei Jugendlichen die Verwendung nikotinfreier E-Zigaretten stark gestiegen.
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Die Studie wurde von einer biomedizinischen Forschungsgruppe der Anglia Ruskin Universität in Cambridge, England, durchgeführt. Dabei wurde untersucht, wie Zellkulturen mit Lungenzellen auf die Verdampferflüssigkeit reagieren.
Getestet wurden drei unterschiedliche Liqudis, alle mit dem Geschmack von Wassermelonen: Eine enthielt gar kein Nikotin, eine 10 mg und eine 20 mg Nikotin in einer Lösung von zwei Millilitern, was den üblichen Konzentrationen entspricht.
Dabei zeigte sich: Das Protein ARF6 spielt eine Schlüsselrolle bei der Regulation der kleinsten Lungengefäße. Ein Zusammenhang mit Rauchen oder Lungenschäden war bisher nicht bekannt.
Allerdings: Auch durch die nikotinfreie Flüssigkeit erhöhte sich die Konzentration dieses Proteins in der Lunge, schädlicher oxidativer Stress für die Zellen: Verstärkte Entzündungen und letztlich sogar ein Zusammenbruch von Blutgefäßen waren die Folge in den Zellkulturen, heißt es in einer Aussendung zu der Studie.
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Die Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass nikotinfreie Verdampfer-Flüssigkeiten ähnliche oxidativen Stress und Entzündungen fördernde Wirkungen auf menschliche Endothelzellen - die innerste Schicht von Blutgefäßen - haben wie nikotinhaltige, sagt Hauptautor Havovi Chichger von der Anglai Ruskin University. ARF 6 spiele bei der durch die Flüssigkeit ausgelösten Schädigung eine wichtige Rolle als ein zentraler Regulator dieser Prozesse.
Das Forschungsteam konnte auch nachweisen, dass die chemische Zusammensetzung der drei untersuchten Flüssigkeiten - mit Ausnahme des Nikotins - die gleiche war. Welche Substanzen die meisten Schäden an den Zellen verursachen, konnte nicht abschließend geklärt werden.
Der Biomediziner betont aber auch, dass sich die Forschung zu den gesundheitlichen Auswirkungen des "Dampfens" noch in einem frühen Stadium befinde: "Weitere Untersuchungen sind in den kommenden Jahren unerlässlich, um den Zusammenhang zwischen dem Dampfen von nikotinfreien E-Zigaretten und der möglichen Entwicklung von Lungenschäden zu ermitteln."
Keine Wahrnehmung eines Risikos
Suchtexperten warnen schon seit Längerem, dass durch die Aromen der Verdampferflüssigkeit Jugendliche die "Vapes" als nicht riskant wahrnehmen, da der
Dampf im Hals nicht als unangenehm empfunden wird, sagte etwa Christina Schadt von der Suchtprävention Berlin im
ZDF. Bei Produkten mit Nikotin bestehe außerdem ein
hohes Abhängigkeitspotenzial. Selbst wenn kein Nikotin enthalten sei, werde laut Schadt ein Verhalten eingeübt, welches "Vapen" und möglicherweise auch Rauchen als Alltagkomponente integriere.
Die ausgestoßenen Aerosole könnten zudem das
Herzkreislaufsystem schädigen, warnt das deutsche Bundesinstitut für Risikoforschung. Analysedaten würden darauf hindeuten, dass beim Dampfen
krebserzeugende Substanzen entstehen können, wird das BfR im
ZDF zitiert - dies gelte auch für nikotinfreie Liquids. Zu langfristigen gesundheitlichen Risiken liegen bislang allerdings keine Studien vor.
Einsatz in der Entwöhnung von Tabakrauchern?
Umstritten ist der Einsatz von E-Zigaretten zur Entwöhnung von aufhörwilligen Tabakzigaretten-Rauchern. Weil beim Vapen kein Tabakrauch entsteht, sehen auch manche Medizinerinnen und Mediziner E-Zigaretten als Möglichkeit, von klassischen Tabakzigaretten loszukommen. Schließlich seien beim Vapen deutlich weniger Schadstoffe nachweisbar als im Tabakrauch.
So sprachen sich im Vorjahr Fachleute von der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) auch für E-Zigaretten als
Mittel zur Raucherentwöhnung aus. Und eine ganz aktuelle Studie kam zu dem Ergebnis: Nikotinersatzprodukte könnten den Verzicht auf das Tabakrauchen, zu dem Schwangeren dringend geraten wird, erleichtern, berichtet
aerzteblatt.de. In einer randomisierten Studie in
Nature Medicine führten E-Zigaretten häufiger zum Erfolg als konventionelle Nikotinpflaster. Die Nikotinsubstitution durch E-Zigaretten sei auch sicher gewesen.
Der Obmann-Stellvertreter der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss äußerte sich im Vorjahr skeptisch zum Einsatz von E-Zigaretten für die Tabakentwöhnung: Die Tabakindustrie wolle offenbar via E-Zigaretten & Co. einfach die herkömmlichen Zigaretten durch andere Produkte ersetzen.
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