Mindestens 1.000 Kinder in 35 Ländern erkrankten laut WHO seit April 2022 an Hepatitis unklarer Ursache. Die Erkrankungen verliefen teils schwer: Insgesamt 46 Kinder benötigten eine Lebertransplantation, 22 starben. Auch in Österreich mussten laut europäischer Gesundheitsbehörde ECDC drei Kinder aufgrund von Hepatitis unklarer Ursache behandelt werden. Über die Auslöser der Leberentzündungen entstand eine hitzige Diskussion in der Wissenschaft – vor allem zwei mögliche Infektionen wurden vermutet: eine mit SARS-CoV-2 oder eine mit Adenoviren. Typische Ursachen für Hepatitis bei Kindern, darunter eine Infektion mit den bekannten Hepatitisviren A, B, C, D und E und ein Zusammenhang mit Nahrungsmitteln oder toxischen Substanzen, konnten ausgeschlossen werden.
Zwei aktuelle britische Studien kamen nun unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass eine Infektion mit Covid-19 als Auslöser der Leberentzündungen unwahrscheinlich ist. Vielmehr vermuten die Forscher ein anderes weit verbreitetes Kindervirus, das Adenoassoziierte Virus 2, kurz AAV2.
Koinfektion von zwei Viren
Das Adenovirus, das häufig Erkältungserkrankungen bei Kindern verursacht, wurde schon früh mit den Hepatitisfällen in Verbindung gebracht. AAV2 braucht ein sogenanntes Helfervirus, um sich vermehren zu können. Es ist vom Adenovirus abhängig und tritt gemeinsam mit diesem auf. Die Forscher der University of Glasgow und des Great Ormand Streat Hospital in London vermuten eine Koinfektion, also eine gleichzeitige Infektion von Adenovirus und AAV2, die wahrscheinlich die seltenen, aber schweren Leberkomplikationen auslöste.
Von AAV2 war bisher nicht bekannt, dass es Krankheiten alleine verursachen kann. Die Forscher halten eine Koinfektion von AAV2 mit entweder dem Adenovirus oder seltener dem Herpesvirus HHV6 für eine plausible Erklärung für die Hepatitisfälle unklarer Ursache bei Kindern.
AAV2 wurde in 96 Prozent der Proben von 37 betroffenen britischen Kindern beider Studien entdeckt. Während die Gründe für den Zeitpunkt des Ausbruchs unklar bleiben, schlugen beide Forscherteams vor, dass eine Zunahme von Adenovirus-Fällen nach Aufhebung der Coronavirus-Lockdowns ein Faktor sein könnte. Beide Studien kamen auch zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang mit COVID-19 sehr unwahrscheinlich ist, da der Anstieg der Fälle nicht auf COVID-19-Spitzen folgte, kein Hinweis auf Sars-COV-2 in der Leber gefunden wurde und ein ähnlicher Anteil von Kindern Antikörper wie hatte unter der breiten Bevölkerung.
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