TEM statt TCM: Erkältungen vorbeugen auf europäisch
Die meisten Menschen haben schon einmal von TCM oder Ayurveda gehört, dem alten Heilwissen Chinas und Indiens. Doch kennen Sie auch TEM? Die drei Buchstaben stehen für die Traditionelle Europäische Medizin.
Das alte, heimische Heilwissen ist etwas in Vergessenheit geraten, blüht jetzt aber – aufgrund neuer Publikationen und dem größer werdenden Wunsch der Menschen, ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen – wieder auf.
Einfluss der Jahreszeiten
Von der TEM lässt sich so einiges für das Vorbeugen von Erkältungskrankheiten lernen.
Denn in der europäischen Heilkunst spielt der Einfluss der Jahreszeiten auf den Menschen eine große Rolle. Das ist bei Ayurveda und in der TCM nicht so, weil es in China und Südostasien unsere Jahreszeiten in der Form nicht gibt.
"Die TEM bietet ein alltagstaugliches Gesundheitswissen. Sie zielt von ihrer Grundphilosophie her nicht auf einzelne Organe oder Symptome ab, sondern versucht, den gesamten Menschen in seinem Umfeld im Blick zu haben. Ziel ist es, die körpereigenen Abwehrkräfte zu stärken", sagt Allgemeinmedizinerin Regina Webersberger, die TEM als perfekte Ergänzung zur klassischen Schulmedizin sieht und ein Buch darüber geschrieben hat.
Dass große wissenschaftliche Analysen über TEM-Anwendungen fehlen, ist wenig verwunderlich: Traditionelle Hausmittel sind nur selten Gegenstand von gut geplanten und damit teuren Studien. "Wir können vieles nur über die Selbsterfahrung vermitteln", sagt Webersberger, die in einem Kurhaus mit Schwerpunkt auf TEM arbeitet.
Immunsystem stärken
Vor allem im Winter sollte das Immunsystem auf Hochtouren laufen, um vor grippalen Infekten zu schützen. Denn Viren sind Überlebenskünstler – das kommt ihnen in der kalten Jahreszeit zugute. In den Schleimhäuten der Atemwege befinden sich die Haupteintrittsstellen für die Krankheitserreger. Die haben in den kalten Monaten, wo noch dazu selten gelüftet wird und die Heizungsluft austrocknet, leichtes Spiel.
Wie lässt sich also die Abwehr stärken? Webersberger: „Durch wärmende Brustwickel lassen sich Lunge und Bronchien stärken, weil die Durchblutung gefördert wird. Die ist für den ganzen Körper wichtig, damit die Kälte nicht eindringen kann.“
Wasseranwendungen
Der Organismus ist von Haus aus nicht perfekt gegen Kälte geschützt. Das versucht der Körper auszugleichen, indem sich die Gefäße zusammenziehen und die Durchblutung in den Händen, Beinen sowie den Atemwegen gedrosselt wird. Diese als Schutz gedachten Maßnahmen machen das Immunsystem allerdings anfälliger für Eindringlinge von außen. Erst recht, wenn es zum Beispiel durch Stress oder Schlafmangel ohnehin schon geschwächt ist. „Diese Temperaturregulation und somit die Widerstandsfähigkeit lässt sich durch Wasseranwendungen trainieren. Die kann jeder Mensch ganz einfach zu Hause machen.“
Wechselbäder fördern die Durchblutung und stärken das Immunsystem. Dazu einfach die Füße drei Minuten lang in einem Kübel mit warmen Wasser, dann 30 Sekunden lang im kalten Wasser baden. Das funktioniert auch in der Dusche bei wenig Wasserdruck: in Richtung der Knie kurz kalt abduschen. Wiederholen Sie die Anwendung mindestens einmal. Wie oft Sie diese Übung ausführen, hängt von der persönlichen Gesamtverfassung ab – dreimal in der Woche zwei Wiederholungen ist ein guter Richtwert. „Menschen, bei denen die Regulationsfähigkeiten nicht mehr so gut ausgeprägt sind, die zum Beispiel besonders schwere
Herzerkrankungen haben, sollten vorsichtig sein. Es empfiehlt sich ein Besuch beim mit Kneipp ausgebildeten Arzt“, sagt Kneipp-Medizinerin Regina Webersberger. Wichtig: nachher die Füße warmhalten. Und: „Mit der Zeit gewöhnt man sich – unser Temperatursystem ist trainierbar.“
Von innen wärmend sind außerdem Tees. „Holunderblüte und Lindenblüte sind zu empfehlen. Und natürlich der Klassiker: Ingwer.“ Wem schnell kalt wird, der soll auch beim Essen eher auf wärmende Gerichte und Gewürze, wie zum Beispiel Suppen oder Porridge, setzen als auf Salate und Rohkost.
Wer dem Immunsystem zusätzlich unter die Arme greifen möchte, kann folgende sechs gesundheitsrelevanten Faktoren nach TEM besonders beachten:
Essen und Trinken
Ein Sprichwort sagt: Man ist, was man isst. Dieser Satz ist wörtlich zu nehmen. Eine ausgewogene Ernährung versorgt den Organismus ausreichend mit Vitaminen. "Ein Bluttest zeigt mögliche Mängel auf, die man mit Präparaten aus der Apotheke ausgleichen kann", fügt Susanne Ergott-Badawi von der Österreichischen Apothekerkammer, hinzu. "Ich nehme im Winter zum Beispiel Zink und Vitamin D ein. Ein Mangel sollte jedenfalls nur gezielt ausgeglichen werden."
Dass viel Trinken dem Körper guttut, muss nicht weiter erklärt werden. Ergott-Badawi: "Das Befeuchten der Schleimhäute erschwert es Krankheitserregern außerdem, sich festzusetzen."
Stoffwechsel
Der Körper entgiftet sich eigentlich selbst. Diese Reinigungsprozesse lassen sich unterstützen. TEM-Expertin Webersberger: "Birke, Brennnessel und Löwenzahn regen die Stoffwechselorgane an. Auch die Sauna hilft beim Entgiften." Wer erkältet ist, sollte den Saunagang jedoch meiden, der belastet den Kreislauf unnötig.
Wach- und Schlafrhythmus
Wie wichtig ausreichend Schlaf ist, hat die Wissenschaft mittlerweile hinreichend gezeigt. Im Schlaf regeneriert sich der Körper auf allen Ebenen. Ein leistungsfähiges Immunsystem, der Hormonhaushalt, die Stimmung – sie allen hängen davon ab.
Bewegung und Ruhe
Der menschliche Körper ist evolutionsbiologisch auf Aktivität ausgerichtet. Bewegung hat eine umfassend gesundheitsfördernde Wirkung. Ähnlich verhält es sich mit Entspannungstechniken.
Atem und Luft
„Durch die Herausforderungen des Klimaschutzes ist heute den meisten Menschen klar, dass Gesundbleiben mit der Atemluft und einem schadstoffarmen Ambiente zu tun hat“, so Webersberger. Tiefer Atem ist entscheidend für die Gesundheit der Lunge sowie für die Sauerstoffversorgung des ganzen Körpers. Bewegung im Freien hat einen nachgewiesenen positiven Effekt auf die Abwehrkräfte.
Gedanken und Haltung
Die seelischen Funktionen des Menschen laufen nicht getrennt von seinen körperlichen Funktionen ab, sondern sie sind mit ihnen verschränkt.
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